Der Fall von Thormain
stieß ein Brandeisen in die Glut des Kohlenbeckens, dass diese aufspritzte. »Wir werden schon dafür sorgen, dass uns nicht langweilig wird«, sagte er durch den Sprechschlitz seiner fratzenhaft bemalten Maske.
»Aber Argur hat geboten, dass wir uns nicht an den Gefangenen vergreifen dürfen«, sagte ein anderer Folterknecht.
»Daran werde ich mich halten«, sagte Gaymon lachend und schürte mit dem Brandeisen in der Glut. »Ich werde keinen der Gefangenen berühren, wenn ich ihnen einheize. Und Argur wird es mir nachträglich danken, wenn ich sie zum Sprechen bringe.«
»Das nützt uns jetzt nichts mehr«, wagte ein Gehilfe einzuwenden und bekam gleich darauf Gaymons Faust zu spüren.
O'Marn hing noch immer mit dem Kopf nach unten an Ketten von der Decke, Nyala lag auf dem Streckbett. Nottrs Beine steckten in einer Zwinge, und Sadagars Hals wurde von einem Würgeeisen umspannt.
Der Steinmann, der ohnmächtig geworden war, als er hörte, dass er geschultert werden sollte, kam gerade wieder zu sich. Er richtete sich auf, wurde jedoch vom Gewicht des Würgeeisens wieder zurückgeworfen. Erst beim zweiten Versuch gelang es ihm, sich aufzusetzen. Er blickte verwirrt um sich und atmete auf, als er feststellte, dass er sich noch nicht unter dem Schultergalgen befand.
»Hast du noch gesunde Beine, Nottr?« erkundigte sich der Steinmann bei dem Lorvaner.
»Ich fürchte, nicht mehr lange«, sagte Nottr. »Der Knochenbrecher wird seinem Namen alle Ehre machen. Aber ich weiß jetzt, wie er ihn bekommen hat. Er kann nur Wehrlosen, Frauen und Greisen die Knochen brechen.«
»Mit dir nehme ich es auch im Zweikampf jederzeit auf«, sagte Gaymon grollend. »Wenn du dich beim Nöffen-Wirt nicht besoffen hättest, hätte ich dich längst in Stücke gerissen. Und dir wäre wenigstens die Folter erspart geblieben.«
»Dhalin hat mich mit seinem Wein vergiftet«, sagte Nottr. »Und das war deine Rettung.«
Gaymon spannte sich an und blickte zu Nottr. Er sah ihn lange an.
»Seid friedlich«, versuchte Sadagar zu vermitteln. »Ich wüsste einen Weg, um uns gütlich mit Gaymon zu einigen. Ich bin sicher, dass er viel umgänglicher wäre, wenn er Haare hätte. Ich könnte mit Hilfe des Kleinen Nadomir dafür sorgen, dass du deine Haarpracht zurückbekommst, Gaymon.«
»Und ich kann dafür sorgen, dass du deine verlierst«, versetzte der Kerkermeister, ohne Nottr aus den Augen zu lassen. An diesen richtete er auch seine nächsten Worte. Er sagte nachdenklich: »Du glaubst wirklich, du räudiger Barbar, dass du es mit mir aufnehmen könntest?«
»Ohne diese Zwinge und mit freien Händen jederzeit«, sagte Nottr. »Ich werde dir den Hals umdrehen, dass du dein schmutziges Hinterteil betrachten kannst.«
Gaymon schleuderte mit einem wütenden Aufschrei das Brandeisen von sich und traf damit fast einen Gehilfen.
»Gaymon, lass das!« rief ein anderer Folterknecht. »Du weißt, was Argur befohlen hat!«
»Zum Taitan mit ihm!« schrie der Kerkermeister. Er erreichte mit einigen großen Schritten Nottr und blickte hasserfüllt auf ihn hinab. »Wir kommen nicht drum herum. Das muss geregelt werden.«
»Es wird mir ein Vergnügen sein«, sagte Nottr spöttisch, »dich wie einen räudigen Hund durch den Kerker zu jagen.«
Aus dem Hintergrund meldete sich wieder einer der Gehilfen, um Gaymon zur Vernunft zu bringen. Aber der Kerkermeister ließ ihn nicht aussprechen.
»Verschwindet!« brüllte er. »Alle! Ihr stört mich. Haut ab, oder ich.«
Die Folterknechte setzten sich eilig in Bewegung. Sie flohen die Treppe hinauf und aus dem Kerker. Ihre Schritte verhallten, die schwere Tür fiel hinter ihnen zu.
»So, Barbar, jetzt sind wir unter uns«, sagte Gaymon und beugte sich zu der Beinzwinge hinunter. Gemächlich öffnete er den Verschluss. Als Nottrs Beine frei waren, ergriff er seine Arme und durchschnitt die Handfesseln.
Kaum war Nottr frei, als Gaymon auch mit der anderen Hand zugriff, Nottr packte und ihn durch den Kerker schleuderte. Nottr fiel gegen das Kohlenbecken und riss es um. Die Glut spritzte nur so davon. Zum Glück wurde Coerl O'Marn von keinem der glühenden Kohlenstücke getroffen.
»Wollen wir nicht doch lieber zu einer gütlichen Einigung kommen?« meldete sich Sadagar.
Gaymon stieß einen Wutschrei aus, packte den Steinmann an seinem Halseisen und schleuderte ihn gegen die Wand.
»He, Gaymon, hier bin ich!« rief Nottr, ergriff eine von der Decke hängende Kette und schwang sich daran in Richtung des
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