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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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Großvater Elders hatte sie ihm alle erzählt, als er noch ein Junge gewesen war. Von großen Helden handelten sie, von Weissagungen und Drachen, vom Retter der Welt und vom Beherrscher der Meere. Allerdings waren die Helden dieser Geschichten tatsächliche Helden und keine Bauern - so wie er. Aleps Blick kehrte zurück. Er betrachtete den Golem und sagte dann: „Ich werde darüber nachdenken. Du wirst deine Antwort bekommen. In drei Tagen. Von heute an.“
    Knoll nickte und hob seine rechte Hand.
     
    „Eure Antwort wurde vernommen.
    Ich will am Tage wiederkommen.“
     
    „Nein, warte.“ Zu spät. Der Golem hatte sich umgedreht, ging kurz in die Knie, nahm eine handvoll feuchte Erde und schmierte sie sich ins Gesicht. Dann stapfte er unbeirrbar und mit leicht schwankendem Gang, aber völlig geräuschlos, Richtung Osten davon. Alep schloss die Läden und legte sich wieder ins Bett. Doch er fand keinen Schlaf. Also stand er wieder auf. Zu viele Fragen quälten ihn, deren Tragweite er noch immer nicht abschätzen konnte und - was noch schlimmer war - auf die er keine Antwort fand. Irgendwann, der Morgen dämmerte bereits, legte er sich auf sein Bett, die Hände im Nacken und mit offenen Augen. Mit seinen Gedanken bei Knoll, Pretorius und der Prophezeiung schlief er dann doch endlich ein.
    Alep erwachte aus einem unruhigen Schlaf. Das Bett seines Bruders war leer. Bak war schon aufgestanden und hatte ihn, wer weiß warum, weiterschlafen lassen.
    Tief in Gedanken versunken stand er auf und zog sich an. Als er das Hemd zugeknöpft hatte, stellte er fest, dass er den untersten Knopf ausgelassen hatte und wieder von vorn beginnen musste. Dann begab er sich auf die Suche nach seinen Stiefeln. Er fand sie schließlich in der Schublade der Kommode. Bak! dachte Alep, aber der sonst gewöhnliche Ärger über die Streiche seines Bruders stellte sich nicht ein.
    Er trat ans offene Fenster und sah hinaus in den anbrechenden Morgen. Zu seiner Linken, im Norden, gleich hinter dem Elderschen Haus, das direkt an den fast senkrecht aufsteigenden Fels gebaut war, erhoben sich die Steinholzberge. Dahinter lagen die Ländereien von Duckmoor und Velotas.
    Alep sah die alte Eiche drüben bei der Scheune stehen, die schon vor ihm da gewesen war und in der er sich als Junge immer vor dem Zorn seines Vaters versteckt hatte. Großvater Elders hatte die Eiche gepflanzt, sein Sohn Velde, Aleps Vater, hatte die Scheune gebaut. Darin lebte jetzt der nachtkranke Hahn der Familie, der immer zur falschen Zeit krähte, aber seinem Vater so überaus wertvoll war.
    Alep beugte sich vor. Durch den Gemüsegarten seiner Mutter zogen sich die Fußspuren des Golems bis vor sein Fenster. Direkt unter dem Fenster war die Erde platt getreten. Und dort, wo einige Zweige der Rosenhecke abgeknickt herunterhingen, hatte der Golem gelegen, nachdem er sich den Kopf angeschlagen hatte.
    Von Neugier getrieben schwang Alep sich über die Fensterbank und landete sanft in Mutters Gemüsegarten. Er nahm Knolls Spur auf und folgte ihr einige Schritte. Dann ließ er sich auf ein Knie nieder und betrachtete die Abdrücke. Die Füße des Golem waren lang und schmal. Er sah einen runden Abdruck - die Ferse, mutmaßte Alep und etwa drei Handbreit darüber vier kleinere Abdrücke, über denen sich vier Punkte befanden - vier Zehen und jede mit einer gebogenen Kralle versehen. Alles in allem ziemlich große Füße für ein so kleines Wesen. Er folgte mit dem Blick der Spur des Golems. Sie verlief fast gerade an der alten Eiche und der Scheune vorbei nach Südosten. Er konnte die Kiefernwälder auf den flacheren Bergrücken der Steinholzberge von seinem Standort aus erkennen. Dort also steckt er, dachte Alep. Gut zu wissen. Dort oben gab es windgeschützte Lichtungen und sogar einige Höhlen, in denen man es einige Tage aushalten konnte. Nicht so groß wie die Sandhöhlen auf der anderen Seite der Bergkette, aber ausreichend für ein paar Nächte. Er stieg durch das Fenster zurück in sein Zimmer und machte sich auf den Weg in die Küche.
     
    Alle waren schon auf, als er die Küche betrat. An der Kopfseite, mit dem Rücken zu ihm, saß Velde Elders, Aleps Vater. Zu seiner Linken, gleich bei der Tür, die hinaus ins Tal ging, saß Bak, der vergnügt grinste. Gegenüber von Bak war der Platz von Mutter Elders. Sie stand vor dem großen Küchenofen und gab gerade frische Butter in eine große, gusseiserne Pfanne. Rechts vom Ofen befand sich der Spülstein mit Handpumpe. Das

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