Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Geschichte gehört hast“, bemerkte Alep trocken. „Jahrhundertelang ...“
„Käse!“, rief Kwin dazwischen. „Wir hatten doch noch Käse.“ Suchend sah er sich um.
“Wigget hat ihn gefressen“, sagte Alep.
„Verspeist! Nicht gefressen“, erklärte Wigget beleidigt. „Tiere fressen. Drachen speisen. Wir haben Lebensart und gutes Benehmen. Sehr gutes Benehmen sogar. Allerdings besitzen wir eine angeborene Abneigung gegen menschliche Tischsitten und den Gebrauch von Besteck.“
Kwins Augenbrauen zogen sich zusammen. „Du hast den Käse genommen? Ich wusste doch, dass wir keine Freunde sein können.“ Enttäuscht nahm er sich ein weiteres Stück Brot.
„Wo war ich?“, fragte Alep und betrachtete seinen Freund verwundert. „Ah, ja. Viele Jahre ruhte die Prophezeiung in der Bibliothek von Hornburg, bis ein junger Magier sie entdeckte. Er war kaum in der Lage, die verblichenen Schriftzeichen zu lesen. Also kopierte er die Weissagung.
„Gut!“, sagte Kwin. „Ist noch mehr von dem Braten da?“
Alep reichte ihm irritiert das schmal gewordene Paket und fuhr fort: „Hör zu! Jetzt kommt der interessanteste Teil der Geschichte. ...“
„War der nicht schon vorhin?“
„Es ist alles interessant. Jetzt geht es um die drei Zeichen, die gegeben werden. Knoll hat sie mir genannt. Es beginnt damit, dass das Ei des schwarzen Drachen zur Sommersonnenwende zerbricht. Aber das macht keinen Sinn. Der letzte Drache starb vor eintausend Jahren. Was sagst du jetzt?“ Alep wartete erwartungsvoll.
Kwin überlegte kurz. „Wigget lebt noch!“ Dann kramte er im Proviantbeutel nach mehr Brot und Fleisch. Er fand einen Apfel und biss kurzerhand hinein.
Alep betrachtete Wigget. Der kleine Körper des Drachen war dunkel, aber nicht schwarz. Lediglich seine Flügel hatten die schwarze Färbung der ehemaligen Schuppen beibehalten. „Was bist du?“, fragte Alep unumwunden.
Wigget bog seinen langen Hals nach hinten und schaute über seinen Rücken hinweg bis zur Schwanzspitze. Prüfend ließ er sie auf und niederzucken. Dann sah er Alep an. „Alles spricht dafür, dass ich ein Drache bin. Innen wie außen.“
„Ein schwarzer Drache?“
„Nein! Ein kleiner Drache mit schwarzen Flügeln.“
„Dann stimmt es also wirklich, es gibt keine schwarzen Drachen mehr?“
„Der letzte meiner Sippe starb vor Jahrhunderten. Die Eier eines Drachen überdauern gleichwohl die Zeit. Und sie zerbrechen auch nicht von allein. Das geht nur mit viel Kraft. Wenn Ihr mich fragt, dann hat da einer Hand angelegt.“
„Wer würde so etwas tun? Und warum?“
„Ich habe keine Ahnung!“, erwiderte Wigget. „Wollt Ihr sonst noch etwas wissen, wenn nicht, fange ich mir eine Maus. Der Käse war nicht genug.“
„Maus?“, fragte Kwin, der den leeren Proviantbeutel zum wiederholten Male ergebnislos schüttelte. „Du hast eine? Wo? Wir könnten sie überm Feuer rösten, weißt du?“
Alep betrachtete seinen Freund, dessen Augen sich behutsam schlossen. Ganz langsam sank Kwin zur Seite, den Beutel noch immer in der Hand haltend.
„Ist sein Geist verwirrt?“, fragte Wigget.
„Ich weiß es nicht!“ erwiderte Alep besorgt. „Er ist schon eine ganze Weile so seltsam. Solange er genug zu essen hatte, war er ganz verträglich.“
Dann hörten beide Kwins tiefe Atemzüge und entspannten sich. Alep legte ihn gerade hin und deckte ihn zu.
„Wird er wieder essen wollen, wenn er aufwacht?“, fragte Wigget neugierig. „Es ist nämlich nichts mehr da und ich möchte mir nicht gleich wieder Gedanken um meine Gesundheit machen müssen.“
„Ich weiß es nicht. Anscheinend ist dieses magische Baumfällen schwerer, als man meint. Nur für den Fall – kannst du ein paar Kaninchen fangen?“
„Früher konnte ich Pferde fangen! Aber das ist lange her. Ich bin nicht sicher.“
Als hätte Twist die Worte verstanden, sprang er mit einem Knurren auf, das Alep noch nie zuvor gehört hatte, und verschwand im Wald. Verwundert sahen Alep und Wigget hinter ihm her. „Ich denke, damit ist Eure Frage beantwortet“, erklärte der Drache, bog seinen langen Hals zur Seite und putzte seine Flügel.
Am Nachmittag erwachte Kwin. Über dem Feuer drehten sich drei Kaninchen, die Twist Stunden zuvor nacheinander gebracht hatte. Ihr köstlicher Duft zog über die kleine Lichtung. Aber Kwin wollte nichts essen. „Wasser“, verlangte er mit schmerzender Kehle. Mühsam setzte er sich auf und tastete nach dem Wasserschlauch. Er trank in tiefen Zügen.
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