Der falsche Mörder
Gefängnis wandert oder nicht.«
»Ins Gefängnis?«
»Ja, wer weiß, vielleicht wird eine Haftstrafe hinter Gittern und Stacheldraht deine nächste Übung im Theater des Lebens?«
»Für was?«
»Das wird sich noch herausstellen«, antworte ich und lächele kalt. »Alles hat seine Zeit.«
»Warum gehst du eigentlich auf Matti los?«, fragt Dísa frech. »Er hat dir doch nichts getan.«
»Nicht?«
»Es ist doch nicht seine Schuld, wenn du wie ein blindes Katzenjunges in die dunkle Nacht tappst«, fährt sie fort.
»Willst du dir vielleicht die Ehre daran zuschreiben?«
»Ich habe keine Angst vor dir«, sagt Dísa, »obwohl du dich wohl für heiliger als uns alle hältst.«
»A propos Heiligkeit, euer Wortwechsel erinnert mich an den Schwiegersohn«, mischt Matti sich ein. »Der Held der Scheinheiligkeit.«
»Was für ein Schwiegersohn?«
»Glaubst du etwa, dass Adalgrímur der Einzige dieser Vorzeigefamilie war, der in Sjöfns Schlafzimmer verkehren durfte?«
»Meinst du Pfarrer Gudleifur?«
»Auch Pfarrer spüren das Gelüst des Bluts und die Nachgiebigkeit des Willens«, antwortet Matti. Sein Gesichtsausdruck wird plötzlich ernst. »Aber du bist auf dem Holzweg, Stella. Ich habe nichts gegen dich unternommen.«
»Nicht?«
»Nein«, antwortet er und springt von der Bühne, »ganz im Gegenteil: Ich habe großes Interesse daran, dich viel näher kennen zu lernen.«
»Bist du ganz sicher?«
»Ja«, sagt er und ergreift meine Hände. »Du bist unwiderstehlich.«
Ich werfe Dísa einen schnellen Blick zu, die immer noch auf der Bühne steht. Genieße es, ihre beleidigte Miene zu sehen, bevor ich mich wieder Matti zuwende.
»Ich kann das Gleiche von dir nicht behaupten«, sage ich.
»Das kommt nur davon, weil du mich nicht gut genug kennst«, antwortet er einschmeichelnd. »Wir müssen uns besser kennen lernen. Viel besser.«
»Ist das der Trug?«, frage ich und reiße mich los.
»Aha! Du hast also auch die Worte des Meisters vernommen.« Matti lächelt. »Ich kann dir versichern, dass ihnen immer ein tieferer Sinn zu Grunde liegt. Soll ich dich nicht in diese wunderschöne Welt der Weisheit einführen?«
»Wie meinst du das?«
»Ich lade dich hier und jetzt am Freitag zu einem Abendessen auf meinem Landsitz ein«, sagt er feierlich. »Da werde ich versuchen, dir die ganze Wahrheit zu erschließen.«
Ich sehe, dass Dísa vor Wut rot anläuft. Sie ist im Begriff, etwas zu sagen. Aber lässt es bleiben, als Matti ihr einen schnellen Blick auf die Bühne zuwirft.
Diese unerwartete Einladung passt Dísa ganz und gar nicht.
Was natürlich Grund genug ist, sie anzunehmen.
19. KAPITEL
M áki lässt mir keine Ruhe.
Er will sich einschleimen, keine Frage. Gibt vor, mir einen Gefallen zu tun. Mir Neuigkeiten zu überbringen.
»Da ist irgendwas Merkwürdiges mit dem Steinbjörn im Gange«, sagt er. »Jedes Mal, wenn ich frage, welches Verhältnis er zu Sjöfn hatte, machen die bei der Polizei einen Rückzieher.«
Sein eigentliches Anliegen ist ein ganz anderes. Er versucht, im alten, trüben Wasser des Geirfinnsfalles nach einer neuen Schlagzeile zu fischen.
»Du kannst mir doch wenigstens sagen, für wen du an diesem Fall arbeitest, oder?«
»Lieber Máki, nur wegen deines Gesülzes über deine ganzen damaligen Super-Scoops habe ich dir ein paar einfache Fragen über Geirfinn gestellt. Aber dass ich an diesem Fall arbeite, entspringt deiner eigenen Fantasie.«
»Sei doch nicht so fies zu mir!«
Er bequatscht mich scheinbar endlos weiter. Behauptet, dass er schon alle angerufen hat, die bisher an der Wiederaufnahme des Geirfinnsfalles gearbeitet haben, aber niemand von ihnen scheint zu wissen, warum ich mich in den Fall eingeklinkt habe.
»Die einfachste Erklärung, dass ich nämlich gar nichts unternommen habe, ist dir natürlich nicht eingefallen.«
»Natürlich nicht.«
Ich habe die Nase voll von diesem Gelaber.
»Lass mich in Ruhe«, sage ich. »Du solltest lieber denen in Washington aufs Dach steigen.«
»Wem in Washington?«
»Na, denen in der Botschaft.«
»Wieso das denn?«
»Wer weiß, vielleicht haben die ja mit einem gewissen Geirfinnur gesprochen.«
Máki jubiliert am Telefon.
Scheiße!
Habe ich zu viel gesagt?
Ich versuche sofort, mich so gut wie möglich abzusichern.
»Wenn du meinen Namen in dem Zusammenhang irgendjemandem gegenüber erwähnst, lass ich dich kastrieren!«, sage ich nachdrücklich.
Máki lacht.
Bei den Radiosendern kommen Polizeinachrichten immer noch
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