Der falsche Mörder
ist.
Aber: nichts.
Schließlich setze ich mich wieder auf den Boden. An die Stahltür. Halte die Lampe mit beiden Händen fest. Und mache mir Vorwürfe.
Warum bin ich immer so verdammt voreilig?
Natürlich hatte ich keine Beweise, dass der Umschlag wirklich von Audur war. Das war nur ein dummer Wunsch.
Ich hätte wenigstens so schlau sein sollen, grundlegende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Hätte etwas zwischen Tür und Rahmen legen sollen, bevor ich angefangen habe, im Kram zu wühlen. Und daran denken sollen, das Handy mitzunehmen. Dann könnte ich jetzt Hilfe rufen.
Ich Idiotin!
Versuche dann, die Sache logisch zu durchdenken. Besonnen.
Wenn also der unschuldige Brief mit dem Grundriss und dem Schlüssel wirklich nicht von Audur war, vom wem dann?
Vielleicht von Matti? Oder seiner durchgeknallten Amazone Dísa?
Matti wusste, dass ich begonnen hatte, in seinen und Sjöfns Geheimnissen herumzuschnüffeln. Versuchte er mich zu erschrecken, um mich von tiefer gehenden Nachforschungen abzuhalten? Um mir zu zeigen, was für ein gefährlicher Gegner er ist?
Vielleicht.
Aber natürlich konnte es auch ein kranker Witz von seiner Seite sein. Eines dieser Happenings, die er das »Theater des Lebens« nennt.
Es gibt natürlich auch eine andere und weitaus bedenklichere Möglichkeit.
Dass mich jemand derartig hasst, um mich in dieser mächtigen Gruft lebendig zu begraben.
Nee. Glaube ich nicht.
Ich stehe auf. Beginne wieder, die Lampe gegen die Stahltür zu donnern. Immer wieder.
Plötzlich wird alles um mich herum schwarz wie die finsterste Nacht.
Zuerst stehe ich regungslos in der Dunkelheit. Wie gelähmt. Warte an der Tür darauf, dass das Licht wieder angeht.
Aber das geschieht nicht.
Da beginne ich, mit der rechten Hand die Wand abzutasten. Suche den Schalter an der Wand neben der Tür.
Finde ihn recht schnell.
Drücke den Schalter hoch und runter. Immer wieder.
Kein Licht.
Ich presse meinen Rücken an die Stahltür. Lasse mich nach unten sinken, bis ich auf dem Boden sitze.
Lege dann die Lampe neben mich. Ziehe die Beine an. Umschlinge mit beiden Armen meine Knie. Starre in die Dunkelheit.
Verdammter Widerling!
Eine tiefschwarze Dunkelheit umgibt mich. Kommt aus allen Richtungen auf mich zu. Wie ein lebendiges Ungeheuer.
Ich schließe die Augen. Lege meine Stirn auf die Knie.
Kämpfe mit allen meinen seelischen Kräften darum, nicht den Verstand zu verlieren.
Darf dieser grauenhaften Dunkelheit nicht erlauben, die alten Schlangengruben zu öffnen. Die widerlichen Erinnerungen, die ich die ganzen Jahre in die tiefsten Verliese meines Gedächtnisses eingesperrt habe.
Ich darf vor dieser schrecklichen Dunkelheit keine Angst haben.
Nie wieder.
Plötzlich nehme ich die Stille wahr.
Hebe den Kopf. Lausche.
Das tiefe, elektrische Surren ist verstummt.
Es gibt nur eine Erklärung für diese unheimliche Stille. Dieser Scheißkerl hat auch die Belüftung ausgeschaltet. Die Maschine, die frische Luft zu mir in die Abstellkammer blasen soll.
Wie lange reicht wohl der Sauerstoff in diesem Raum?
Schwärzeste Dunkelheit.
Todesstille.
Genauso wie im Keller des alten Sommerhotels. Als Papa wütend war und mich in der lebendigen Dunkelheit eingesperrt hat.
Das schwarze Grauen kommt aus allen Richtungen auf mich zu.
Ich presse meinen Kopf zwischen die Knie. Schaukele mich vor und zurück.
Versuche, so gut ich kann, den Zugang zum Gehirn abzuschotten wie mit einer dicken Burgmauer in den Märchen.
Ab ins Verlies und hinter Gitter!
Aber auf die Dauer taugt das nicht. Die Ungeheuer brechen eins nach dem anderen durch die Mauern, bis mich die Bewusstlosigkeit gnädig in ihren Treibsand zieht.
17. KAPITEL
Montag
P lötzlich bin ich hellwach.
Aber total durcheinander.
Habe nicht die geringste Ahnung, wo ich mich befinde.
Oder warum ich auf einem harten Steinfußboden zwischen allem möglichen hässlichen Krempel liege.
Bäng!
Plötzlich fällt mir alles wieder ein.
Der Furcht erregende Albtraum nimmt aufs Neue mit Gewalt mein Denken ein. In Sekundenschnelle.
Ruhig, Stella!
Ich kämpfe damit, die Furcht in meine Gewalt zu bringen, die mich in ihren unheilvollen Griff bekommen will.
Es klappt besser, als ich erkenne, dass die Lichter unter der weiß gestrichenen Decke wieder leuchten.
Und als ich das leise Surren der Belüftungsanlage bemerke.
Also hat er den Strom wieder eingeschaltet. Während ich bewusstlos war. Oder geschlafen habe. Oder wie auch immer ich diese instinktive
Weitere Kostenlose Bücher