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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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war, dass es meine Sólveig in, ähem, helle Aufregung versetzen würde«, sagt er.
    »Hast also nur an den Familienfrieden gedacht?«, frage ich höhnisch.
    »Ja, denn die Familie ist in meinen Augen das Wichtigste. Als mir vor ungefähr zwei Wochen von Adalgrímurs Misstritt berichtet wurde, habe ich schnell festgestellt, dass die Beziehung der beiden bereits viel Gerede und Empörung in der Stadt ausgelöst hatte. Sogar gute Bekannte von uns hatten begonnen, peinliche, ähem, Possenstücke durchzukauen. Deshalb beschloss ich, die Sache mit Adalgrímur direkt zu besprechen.«
    »Wann?«
    »Exakt eine Woche vor diesem schrecklichen Geschehen, denn an diesem Samstag kam er wie immer zu uns in den Osten.«
    »Und?«
    »Unangenehmerweise bestand er darauf, dass mich sein, ähem, Privatleben überhaupt nichts anginge. Mir war augenblicklich klar, dass Adalgrímur überhaupt nicht daran dachte, seine Treffen mit diesem Mädchen einzustellen.«
    »Und dann?«
    »Ich hielt die ganze Sache für ein sehr ernstes Problem der ganzen Familie und wollte einen letzten Versuch starten, es zu lösen, bevor alles den Bach herunterginge. Deshalb habe ich das Mädchen angerufen und mein, ähem, Kommen angekündigt.«
    Ich warte ungeduldig darauf, dass Pfarrer Gudleifur zum Kern der Sache vorstößt.
    »Als ich eintraf, war sie gerade dabei, in diesem heruntergekommenen Theater zu arbeiten. Sie bat mich, ihr auf ihr Zimmer im ersten Stock zu folgen. Nun, um es kurz zu machen, lachte sie mir einfach nur direkt ins Gesicht, als ich ihr mein Anliegen vortrug.«
    »Und das war?«
    »Ich habe das Mädchen eindringlich gebeten, Rücksicht auf die Interessen der Familie zu nehmen und Adalgrímur in Ruhe zu lassen. Sie begann lauthals zu lachen. Sagte, dass ich so schrecklich altmodisch denken würde. Dann hielt sie mir eine Rede dahin gehend, dass sie Adalgrímur liebte und er auch in sie verliebt sei. Damit sei die Sache von ihrer Seite her ausdiskutiert.«
    »Wie hast du reagiert?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, war ich völlig ratlos«, antwortet Pfarrer Gudleifur. »Ich erkannte, dass meine einfachen Worte keinen Einfluss auf diese, ähem, verstockte Isebel hatten, und ging, ohne mich zu verabschieden.«
    »Und du hattest keinen sonstigen Verkehr mit Sjöfn, weder vorher noch danach?«
    »Nein.«
    Der Gottesmann begegnet ohne zu zögern meinem Blick. Er sagt mir wahrscheinlich die Wahrheit.
    »Weiß Sólveig von deinem christlichen Einmischungsversuch?«
    Er schüttelt den Kopf.
    »Findest du nicht, dass du ihr das alles selber berichten solltest, bevor sie davon als saftigen Klatsch aus dritter Hand erfährt?«
    Pfarrer Gudleifur nickt.
    Als er gegangen war, überdenke ich seinen Bericht.
    Wäre es möglich, dass Sjöfn sich in Adalgrímur verliebt hatte?
    Damit könnte man die Theorie der Goldjungs, dass sie nämlich den Richter am obersten Gericht erpressen wollte und er sie deshalb ermordet hat, ins Gegenteil verkehren.
    Sie hätte den Pfarrer natürlich belügen können. Versuchen können, ihre Taten vor den Augen des Gottesmannes zu rechtfertigen.
    Aber auch Sigurlína hatte das Gefühl, dass Sjöfn sich verändert hatte. Vielleicht hat sie zum ersten Mal daran gedacht, ein Kind zu bekommen.
    »Die Liebe interessiert sich nicht für Vorschriften.«
    Sagt Mama.

20. KAPITEL
    Mittwoch
     
    A lle lassen Papa im Stich!«
    Eine aufgebrachte Sólveig ist am Telefon. Ihre Stimme zittert vor Gefühlswallungen. Sie ist enttäuscht. Und wütend.
    »Die Ministerin hatte noch nicht einmal den Mut, es mir selber zu sagen«, fährt sie fort, »sondern hat irgendeinen Angestellten aus dem Ministerium vorgeschickt, um mich anzurufen.«
    »Wie lautete die Botschaft genau?«
    »Er sagte mir geradeheraus, dass die Ministerin beschlossen hätte, Papa aus dem Amt des Richters am Obersten Gericht zu entheben und es heute im Laufe des Tages öffentlich bekannt zu geben.«
    »Ist es eine Suspendierung auf Zeit?«
    »Ich kann mich nicht erinnern, ob er das gesondert erwähnt hat, ich war einfach so wütend. Stell dir mal diese Undankbarkeit und Hinterhältigkeit vor, Papa so in den Rücken zu fallen, nach all dem, was er für die Partei getan hat«, fährt sie fort. »Ich habe vorhin schon versucht, den Premierminister anzurufen, aber wurde nicht zu ihm durchgestellt. Ich habe es im Gefühl, dass sie uns alle auf Eis legen wollen.«
    Sie lässt sich noch eine Weile über das Thema aus.
    Als sie sich langsam beruhigt, rede ich ihr Mut zu, nicht aufzugeben.

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