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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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Weisheit.«
    Sagt Mama.

18. KAPITEL
    Dienstag
     
    I ch nähere mich wieder dem Haus der Selbstständigen Theatergemeinschaft.
    Die Wut treibt mich an.
    Nicht diese aufbrausende, rasende Wut, die plötzlich ausbricht und den Verstand ausschaltet.
    Nein, überhaupt nicht.
    Meine Wut ist eiskalt und ruhig.
    Sie hat auch ein klares Ziel.
    Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Nach der Manier vom alten Jahve.
    Auge um Auge. Zahn um Zahn.
    Zuerst will ich Matti einen Schrecken einjagen. Ihn wissen lassen, dass er wegen der Ereignisse des Wochenendes zur Zielscheibe geworden ist.
    Lasse dann die Ungewissheit ein paar Tage an seiner Seele nagen.
    Der Saal liegt im Halbdunkel. Aber ein Scheinwerfer ist auf die Bühne gerichtet, wo Matti mit Dísa, Baldur und anderen Schauspielern, die ich noch nie gesehen habe, Szenen aus Othello probt.
    Er selber hat die Rolle des Lügners, des verräterischen Jago.
    Steht ihm gut.
    »… dann gibt es andre, die, ausstaffiert mit Blick und Form der Demut, ein Herz bewahren, das nur sich bedenkt; die nur Scheindienste liefern ihren Obern. Ich bin nicht, was ich bin«, sagt Matti in der Rolle des Verräters und grinst hinterhältig.
    Ich warte eine Weile hinten im dunklen Saal und höre den Schauspielern zu, die weitere Abschnitte aus Othello deklamieren. Bis Jago sagt: »Zwei Dinge sind zu tun. Nun helfe mir der Trug! So muss es gehen: fort Lauheit und Verzug!«
    Der Trug.
    Dieses Wort passt wohl noch zu anderen als zu Jago dem Verschlagenen.
    Matti verheddert sich im Text, als er mich entdeckt, die ich plötzlich direkt vor ihm stehe. Er versucht, seine Fahrigkeit mit Lächeln und Gestikulieren zu überspielen.
    »Wir machen eine Pause«, sagt er und scheucht die Schauspieler weg. »In einer halben Stunde geht’s weiter.«
    Sie verschwinden einer nach dem anderen aus dem Saal.
    Außer Dísa. Sie setzt sich an den Rand der Bühne und starrt mich an. In ihrer Miene spiegelt sich eine unsympathische Mischung aus Überheblichkeit und Ironie.
    »Vielen Dank für die Leihgabe«, sage ich und werfe Matti das Taschentuch zu. Das Taschentuch aus dem Keller.
    Er schafft nicht, es aufzufangen.
    Guckt zu Dísa.
    Sie springt auf, holt das Taschentuch und reicht es ihm.
    Matti löst den Knoten, den ich gebunden habe.
    Findet den Schlüssel zur Kellertür.
    »Wahrlich, in dem Gewebe steckt Magie«, sagt er breit lächelnd, »genauso wie in dem, das Desdemonas Schicksal besiegelte. Schon wieder ein Beispiel, wie viel das Schauspiel und das Leben gemeinsam haben. Sie sind eins.«
    »Wenn da Magie drinsteckt, wird sie sich in Zukunft gegen ihren Eigentümer wenden«, antworte ich kalt.
    »Habe ich dir nicht neulich erst dieses alte Rosentaschentuch geschenkt, Liebes?«, fragt Matti Dísa.
    »Oh, das Taschentuch«, sagt sie gekünstelt. »Ein wahres Unglück, dass ich es verlor.«
    »Seht, die neue Desdemona, wie schüchtern sie ist, von Geist so still und sanft, dass jede Regung errötend schweigt!«, fährt Matti fort und schickt Dísa einen Fingerkuss.
    »Bekommt ihr eigentlich nie genug von dieser Schauspielerei?«, frage ich verächtlich.
    »Du bist zu spät dran, um die Rolle zu bekommen«, sagt Matti und dreht den Schlüssel zur Kellertür zwischen seinen Fingern hin und her. »Dísa hat die Rolle der Desdemona von Sjöfn übernommen.«
    »Und wahrscheinlich auch eine wesentlich persönlichere Rolle im Leben des Regisseurs, denke ich.«
    Matti hebt den Schlüssel hoch in die Luft.
    »Ein Schlüssel zur Lösung des Rätsels – Sein oder nicht Sein!«, sagt er mit philosophischer Miene. »Oder nur ein ASSA-Schlüsselbart aus dem Einkaufszentrum?«
    Dísa lacht. Guckt mich mit arrogantem Blick an. Wie eine anmaßende Königin, die glaubt, unantastbar zu sein.
    Ich beschließe, sie keines Blickes zu würdigen. Konzentriere mich stattdessen auf Matti. Warte darauf, dass das Lächeln verschwindet.
    »Du hast den Fehdehandschuh geworfen«, sage ich ruhig. »Ich nehme die Herausforderung natürlich an. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich nie aufgebe, bevor ich gesiegt habe. Nie.«
    »Wie dramatisch«, sagt Dísa lachend.
    »Ja, wirklich, wie eine Wagner’sche Walküre«, antwortet Matti ohne zu lächeln. »Aber was heißt schon Sieg?«
    »Ein Mann in deiner Position sollte sich lieber fragen: Was heißt Niederlage?«
    »Sieg oder Niederlage«, sagt er und tritt näher an die Bühnenkante heran, »ist das nicht meistens eine Frage der Interpretation?«
    »Es könnte auch die Frage sein, ob man ins

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