Der falsche Mörder
bereit.
Die Videoliste hat nur geringen Auskunftswert. Neben vielen Nummern stehen nur Jahreszahlen. Manchmal auch noch Tag und Monat dazu. Aber keine weiteren Stichworte.
Matti reichen diese Angaben zweifellos, da er seine Sammlung mit Sicherheit in- und auswendig kennt. Aber mir sagen sie so gut wie gar nichts.
Deshalb muss ich nach dem Trial-and-Error-System vorgehen. Ich spule schnell ein Video nach dem anderen durch. Überspringe lange Abschnitte.
Manchmal gehe ich aber auch langsamer vor. Vor allem, wenn Sjöfn zu sehen ist. Oder Audur. Es überrascht mich, wie gut ihr so eine schwarze Sado-Maso-Kostümierung steht.
Aber die Zeit vergeht viel zu schnell.
Wenn ich so weitermache, bin ich heute Nacht noch hier.
Und das kommt nicht in Frage. Matti kann ja jederzeit aufwachen.
Ich entschließe mich deshalb, ein paar Aufnahmen aus den letzten Monaten anzusehen. Bevor ich aufhöre.
Spule schnell noch mehr Proben der Selbstständigen Theatergemeinschaft durch. Und noch mehr bizarren Geschlechtsverkehr á la Matti und Konsorten.
Schließlich habe ich endgültig die Nase voll.
Das letzte Video, das ich mir ansehen möchte, ist mit einem kompletten Datum versehen. Die Aufnahme ist knapp zwei Monate alt.
Ich bin richtig geschockt.
Aber wer zum Henker ist das denn?
Ich drücke schnell auf den Pausenknopf. Friere das Gesicht auf dem Bildschirm ein.
Oder besser gesagt, das Bild mit der Verpackung, die das Gesicht bedeckt.
Es ist eine dicke Schlupfmütze.
Dunkle Augen gucken finster durch zwei kleine Löcher. Durch einen schmalen Schlitz der Mütze kann man Lippen glänzen sehen.
Der Maskenmann auf dem Bildschirm hat einen dunkelblauen Overall, Handschuhe und helle Sportschuhe an.
Wenn es denn ein Mann ist.
Ich lasse den Film wieder weiterlaufen.
Derjenige, der die Kamera hält, folgt dem Mützenmann in eine aufgeräumte, saubere Küche. Der Vermummte öffnet den Kühlschrank. Holt eine Zwei-Liter-Milchpackung heraus. Spritzt die Vollmilch über die Kücheneinrichtung und die Wände. Als die Packung leer ist, schmeißt er sie auf den Boden und nimmt eine neue. Schüttet den Inhalt über dem Tisch und dem Fußboden aus.
Kurz darauf packt sich der Vermummte ein paar Joghurt- und Skyrbecher {} auf den Arm. Nimmt sie mit ins Wohnzimmer. Stellt die Becher auf einem kleinen Tisch ab. Leert sie dann über den Möbeln aus. Beschmiert das Sofa. Und die Sessel.
Den letzten Plastikbecher wirft er mit voller Kraft auf ein Gemälde, das an einer Wand hängt. Der Becher platzt beim Aufprall auf. Der Inhalt spritzt in alle Richtungen.
Der Vermummte fährt mit dem Zerstören der Möbel fort. Er holt sich ein scharfes Messer aus der Küche und zerfetzt damit die Polsterbezüge von der Sitzgarnitur. Einige Kissen werden auf gleiche Weise traktiert. Bilder an der Wand ebenfalls.
Als der Kameramann ins Bad geht, sieht man ihn eine Weile im Spiegel.
Er ist auch vermummt. Unkenntlich gemacht.
Zum Schluss geht er mit der Kamera ins Schlafzimmer. Hier liegt ein älterer Herr nackt im Bett. An Händen und Füßen sorgfältig gefesselt. Mit einem braunen Klebeband vor dem Mund.
Er ist bei vollem Bewusstsein. Seine Panik lässt sich nicht verbergen, als er den Kameramann mit flehendem Blick anschaut.
Ich stoppe das Video. Spule zurück. Und dann wieder vor.
Das ist nicht gestellt.
Klare Sache.
Der Vandalismus ist ebenfalls echt. Und die Angst in den Augen des Opfers auch.
Also ist das noch eine Aufnahme von einem widerlichen Verbrechen.
Ein Verbrechen, das bestimmt von Matti angezettelt wurde. Der wie bei einer Theateraufführung den Regisseur gespielt und gefilmt hat.
Das ist die einzige Erklärung für dieses Video.
Verdammte Unverfrorenheit!
Ich stehe auf. Bin fest entschlossen, sie an mich zu nehmen. Auch das Video mit der Vergewaltigung.
In meinem Glas ist immer noch ein ordentlicher Schluck Jackie übrig. Zum Glück. Und ungefähr ein Drittel in der Flasche.
Ich kann einen Doppelten gut gebrauchen, bevor ich mir ein Taxi rufe.
Mein geliebtes Lebenselixier putzt mir gerade den Rachen, als ich ein Geräusch von der Wendeltreppe höre.
Wer zum Teufel …?
Ich sehe die Beine.
Matti scheint dann wohl zu sich gekommen zu sein. Er ist auf dem Weg hinunter zu mir.
Er bleibt am unteren Ende der Treppe stehen. Mit wütendem Gesichtsausdruck.
Hat das Eiffelturm-Imitat in der geballten Faust. Und richtet das spitze Ende auf mich.
»Paris sehen und sterben.«
Sagt Mama.
28. KAPITEL
O der war es Rom?
Egal.
Ich
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