Der falsche Mörder
nehme mein Glas wieder an mich. Erfrische mich ein wenig am lieblichen Feuerwasser aus Tennessee.
Aaah!
Was jetzt?
Ist es nicht sinnvoll, die Gelegenheit zu nutzen? So zu tun, als ob Stella alleine auf der großen, weiten Welt sei?
Na klar!
Ich erforsche das Ferienhaus.
Gucke zuerst in die Schränke im Wohnzimmer.
Gehe dann in den Gang hinter der Küche.
Dort gibt es drei Türen.
Die erste führt zu einem Schlafzimmer.
Dort steht ein ordentlich gemachtes, breites Doppelbett, mit hellblauer Tagesdecke. Es gibt auch Nachttische mit kleinen Lampen. Und ein Buch. »Sein eigener Herr« von Laxness. Einen Kleiderschrank, der mit ganz normaler Garderobe gefüllt ist. Und einen Toilettentisch mit dem üblichen Zeug.
Nichts, das einen überraschen könnte.
Im nächsten Zimmer ist auch ein Schlafplatz. Nur viel kleiner. Hier liegen auch Decke und Kopfkissen auf dem Bett. Aber der Kleiderschrank ist leer.
Die dritte Tür ist abgeschlossen.
Okay, Matti Schätzchen, wo sind die Schlüssel?
Ich gehe wieder ins Wohnzimmer zurück.
Durchsuche seinen feinen Anzug, ohne dass er etwas davon merkt.
Keine Schlüssel.
Suche weiter. Finde einen kleinen Schlüsselschrank in der Küche an der Wand. Zwei Bünde hängen dort nebeneinander. An beiden der gleiche Schlüsselsatz. Der Kerl hat ein doppeltes System.
Ich nehme den einen Bund heraus.
Schenke mir noch mal nach. Nehme das Glas mit mir zurück.
Mein treuer Freund und so.
Einer der Schlüssel passt zum verschlossenen Zimmer. Ich stecke den Schlüsselbund in die Tasche und öffne die Tür.
Es ist ein Arbeitszimmer. Ein großer, alter Eichentisch steht unter dem Fenster.
Ein heller, flauschiger Teppich liegt über einem Drittel des Parkettbodens.
Regale bedecken fast vollständig zwei Wände.
Direkt gegenüber der Tür hängt ein buntes Plakat. Ein Werbeposter der Selbstständigen Theatergemeinschaft.
Auf dem Schreibtisch herrscht völlige Unordnung.
Zeitungen und Bücher. Mappen mit Manuskripten. Briefe und Rechnungen. Zwischen all diesen Papierstapeln liegt alles Mögliche herum.
Manches ist für die tägliche Büroarbeit: Stifte, Aschenbecher, Kaffeetasse, Schere, Klebeband.
Aber es gibt auch ein paar Souvenirs. Unter anderem eine versilberte Skulptur aus Paris. Der wunderbare Eiffelturm.
Die Regale sind aufgeräumter.
Hier stehen Bücher, Akten und Pappschachteln aufgereiht nebeneinander.
Ich setze mich auf den alten, braunen Holzstuhl am Schreibtisch. In die Armlehnen sind Verzierungen eingeschnitzt. Und er steht auf Rollen.
Ein Drucker befindet sich auf dem Fußboden. Aber ein Computer ist nirgends zu sehen.
Vielleicht benutzt er nur den Laptop, den ich im Theater gesehen habe?
Das Zimmer scheint keine Geheimnisse zu bergen.
Trotzdem gucke ich in die Schubladen. Zur Sicherheit.
Aber auch in einige Pappkisten im Regal.
Ich finde nichts, das sich möglicherweise mit Sjöfn oder Adalgrímur in Verbindung bringen ließe.
Schließlich setze ich mich wieder auf den alten Stuhl. Gebe Jackie wieder die Gelegenheit, durch meine Adern zu rauschen. Denke nach.
Am besten rufe ich mir ein Taxi. Fahre nach Hause.
Ich stelle das Glas auf dem Tisch ab. Bin mit den Gedanken ganz woanders, als ich in den Taschen meiner Lederjacke nach dem Handy suche.
Peng!
Das Whiskeyglas ist auf den Boden gefallen. Der Alkohol verteilt sich schnell über dem Parkett. Erreicht den flauschigen Teppich. Und rinnt darunter.
Ich Trampel!
Der scharfe Whiskeygeruch hier drin wird mich verraten. Wenn Matti wieder zum Leben erwacht.
Es sei denn, ich wische alles schnell auf.
Ich haste zurück ins Wohnzimmer, wo der Kerl immer noch auf dem Sofa schläft.
Grabsche den ganzen Serviettenstapel vom Esstisch. Eile ins Arbeitszimmer, um mein Malheur zu beseitigen.
Hebe den Flusenlappen auf. Rubbele vorsichtig die Antirutschunterlage ab.
Mache mich dann über das Parkett her. Die Servietten saugen sich mit dem Alkohol voll, der durch den Teppich gesickert ist. Eine nach der anderen.
Plötzlich stocke ich mitten in der Bewegung.
Was ist das denn?
Eine Tür?
Als ich den Teppich weiter zur Seite schiebe, entdecke ich eine große Bodenklappe.
Sie ist ungefähr einen halben Meter breit. Aber bestimmt doppelt so lang.
Die Klappe wurde in das Parkett eingelassen. Wie eine Tür in den Rahmen.
Und an ihrem einen Ende ist ein Griff.
Ich zögere keinen Augenblick. Das ist eine Einladung, die man nicht ablehnen kann.
Die Klappe hat Scharniere. Unter ihr befindet sich eine
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