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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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von Key West aus losging. Auf einem Boot mit dem Namen Estrella. Da habt ihr euch unter anderem über den Selbstgebrannten unterhalten, den er dir in den Sechzigern am Búrfells-Kraftwerk besorgt hat.«
    Adalgrímur schaut mich schweigend an.
    »Wenn es später notwendig werden sollte, wäre es sicher möglich, Zeugen von dieser Angelfahrt zu finden«, füge ich hinzu. »Es waren bestimmt weitere Passagiere an Bord.«
    Er schüttelt müde den Kopf.
    »Obwohl ich auf einer solchen Angeltour war und einen Mann getroffen habe, der isländisch gesprochen hat, ist es völlig ausgeschlossen, dass es Geirfinnur Einarsson war«, antwortet er. »Du bist zum Glück völlig auf dem Holzweg, was diesen Fall angeht.«
    »Ich habe jedenfalls bisher nichts behauptet. Ich möchte nämlich noch auf weitere Beweise warten.«
    Er hievt sich schwerfällig vom Stuhl. Beginnt, mit schweren Schritten auf und ab zu gehen.
    »Es ist mir völlig unverständlich, was dich in diesem hanebüchenen Fall antreibt«, sagt er. »Du musst dir doch im Klaren darüber sein, welchen Schaden alleine diese Diskussion anrichten kann, und ebenso, dass dieser Fehler nicht mehr gutzumachen ist, wenn die Wahrheit am Ende ans Licht kommt.«
    »Ich glaube einfach nicht, dass du immer noch den Standpunkt des Systems vertrittst, das dir Freiheit und Ehre geraubt hat!«
    »Es ist mein Lebenswerk, die höchsten Institutionen von Land und Volk gegen anarchistische Kräfte zu schützen, und daran wird sich auch nichts ändern, noch nicht mal mein schreckliches Missgeschick jetzt.«
    »Aber was, wenn Geirfinnur nie umgebracht wurde?«
    »Wenn! Wenn! Ich habe dir eben gesagt, dass Überlegungen dieser Art völlig an den Haaren herbeigezogen und höchst gefährlich sind.«
    »Aber wenn sie trotzdem richtig sind?«
    Er bleibt direkt vor mir stehen. Seine Augen sind geschwollen.
    »Wer hat denn etwas davon, wenn ständig in diesen alten Polizeiakten herumgewühlt wird?«, antwortet er.
    »Unser Rechtssystem hat einen drückenden Albtraum vom ganzen Volk genommen, indem dieser Fall seinerzeit abgeschlossen wurde. Es ist im höchsten Grade unverantwortlich, jetzt, Jahrzehnte später, zu versuchen, dem überstandenen Albtraum, der Gott sei Dank längst vorbei ist, neues Leben einzuhauchen.«
    »Was ist mit dem Recht derer, die für einen Mord an einem Mann verurteilt wurden, der noch lebt?«
    Adalgrímur seufzt.
    »Kommt das nicht aufs Gleiche raus?«, fragt er matt.
    »Aufs Gleiche raus?«, wiederhole ich.
    »Dann haben sie eben einen anderen Mord und andere Verbrechen begangen.«
    Für einen Moment bin ich wirklich sprachlos.
    Starre Adalgrímur schweigend an. Versuche, irgendeinen Sinn in seiner Bemerkung zu sehen. Und mir darüber klar zu werden, ob es wirklich möglich ist, dass ein Richter am Obersten Gericht von Island so denken kann.
    »Ich habe keine Lust, unter den jetzigen Umständen weiter darüber zu sprechen«, fügt er hinzu und setzt sich wieder auf den Stuhl am Tisch.
    Natürlich nicht.
    Ich lasse ihn bestimmen, wo’s langgeht.
    Der Mord am Obersten Gericht ist einer Lösung noch nicht näher als am letzten Sonntag, als ich Adalgrímur getroffen habe.
    Oder doch?
    Matti ist zu seinen Tätigkeiten am Tag, als Sjöfn ermordet wurde, verhört worden, und hat den Goldjungs ein Alibi vorgelegt, von dem ich weiß, dass es falsch ist.
    Das bedeutet, dass sich die Schlinge um seinen Hals weiter zuzieht.
    Auf dem Weg zurück über die Hellisheidi versuche ich Adalgrímur damit zu entschuldigen, dass er ein gebrochener Mann ist. Nicht weiß, was er sagt.
    Aber höre damit schnell auf.
    Natürlich ist es nur die alte Überheblichkeit der Macht: Das Volk bin ich.
    Ich bin mir ziemlich sicher, dass Adalgrímur mir unter anderen Umständen nicht ein einziges Wort über seine Bekanntschaft mit Geirfinnur gesagt hätte. Hätte es völlig abgelehnt, mit mir über die Sache zu reden. Hätte sich wahrscheinlich hinter der kupfergrünen Wehrmauer der Staatsgewalt versteckt. Und das System zu seinem Schutz eingespannt. Genauso wie die Goldjungs.
    Mein Silberpfeil prescht die steilen Hänge der Kambar hoch, als mein Handy klingelt.
    Harpa ist am Telefon, aufgebracht und atemlos. Ich verstehe nur vereinzelte Worte.
    »Halt mal die Luft an!«, schnauze ich sie an.
    Sie hört auf zu reden.
    »Das ist schon besser. Wo bist du?«
    »In Mattis Sommerhaus.«
    »Und was zum Teufel ist passiert?«
    »Ich glaube, er ist tot.«
    Tot?
    Ich bin richtig geschockt. Drossele das Tempo. Halte das

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