Der falsche Mörder
Auto am Straßenrand an.
»Wie, tot?«, frage ich wie ein Schwachkopf.
»Er liegt einfach da und antwortet mir nicht, und als ich seine Hand berührt habe, habe ich gemerkt, dass sie eiskalt ist.«
»Okay, Harpa, bleib ruhig!«
Mir ist schnell klar, was zu tun ist.
»Du musst sofort den Notruf anrufen und einen Krankenwagen kommen lassen. Bist du dazu in der Lage?«
»Ja, schon …«
»Du musst auch an Ort und Stelle bleiben und die Sanitäter in Empfang nehmen.«
»Kannst du nicht herkommen und mir helfen?«, bittet sie mich.
»Ich brauche noch mindestens eine halbe Stunde bis in die Stadt«, antworte ich. »Du darfst es aber auf keinen Fall vor dir herschieben, den Notruf anzurufen. Ruf dort sofort an.«
»Ja, ist gut, aber beeil dich.«
Ich lege das Handy neben mir ab. Fahre wieder auf die Straße. Gebe richtig Gas. Brause Richtung Stadt.
Verdammter Mist!
Die Nachricht von Mattis Tod beunruhigt mich.
Der Mann, von dem ich überzeugt bin, dass er den Mord im Obersten Gericht begangen hat, ist plötzlich von der Bühne abgetreten.
Und das noch, bevor die Goldjungs den Mumm hatten, ihn mal anständig zu seinen Verbrechen zu verhören.
Das sind schreckliche Neuigkeiten. Für meinen Klienten.
Ein toter Mann gesteht keinen Mord.
39. KAPITEL
V or dem Sommerhaus ist wenig Platz. Die Ambulanz ist noch da. Auch zwei Polizeiwagen. Mattis Auto. Und Harpas Motorrad.
Sie kommt in Begleitung zweier Goldjungs aus dem Haus. Zur gleichen Zeit, als ich mit meinem Silberpfeil vorfahre.
Sie ruft mir zu. Ist sehr erleichtert, mich zu sehen.
Die Goldjungs hingegen werden stinksauer. Diese Herzchen.
Sie wollen mit Harpa auf die Wache fahren. Um sie eine Aussage machen zu lassen.
Und es gefällt ihnen gar nicht, dass ich mitkomme.
Ich weise sie darauf hin, dass ich Harpas Anwältin sei. Sie kapiert den Hinweis. Verlangt, dass ich bei der Protokollaufnahme dabei bin.
»Warum soll denn deine Anwältin anwesend sein?«, fragt der eine Goldjunge. »Hast du da drinnen etwas verbrochen?«
»Nein, aber ich will es eben«, antwortet Harpa.
»Ihr wollt doch wohl nicht ihr Recht anzweifeln, die Hilfe ihres Anwaltes beim Protokollieren in Anspruch zu nehmen?«, frage ich schroff.
Sie geben auf. Ganz gegen ihren Willen.
Der eine setzt sich neben Harpa auf die Rückbank des Polizeiautos.
»Du weißt ja den Weg«, sagt der andere säuerlich zu mir und setzt sich hinter das Lenkrad.
Das Verhör dauert lange. Obwohl Harpas Aussage an und für sich kurz und einfach ist.
Sie kam um die Mittagszeit ins Theater. Traf dort auf Audur, die ihr sagte, dass eine Besprechung mit allen Mitarbeitern der Theatergemeinschaft für zwei Uhr anberaumt sei, in der über den weiteren Betrieb des Theaters in den nächsten Monaten gesprochen würde.
Audur machte sich Sorgen, als Matti nicht ans Telefon ging. Er würde in der Besprechung eine Schlüsselrolle spielen, und deshalb wäre es wichtig, dass er käme. Sie hielt es für am wahrscheinlichsten, dass er in der Nacht einen über den Durst getrunken hätte, und bat Harpa deshalb, zum Ferienhaus zu fahren und ihn zu wecken.
Harpa sah sofort die typischen Merkmale einer Party im Wohnzimmer, darunter Gläser und Flaschen auf dem Couchtisch.
Aber Matti antwortete nicht auf ihr Rufen.
Er war auch nicht in seinem Schlafzimmer. Oder in seinem Arbeitszimmer.
Aber der Keller war offen. Und da unten fand sie Matti.
Er lag auf dem Sofa. Steif und kalt.
Sie sagt, dass sie völlig durchgedreht sei. Das Erste, was ihr einfiel, war, mich anzurufen. Dann hat sie sich beim Notruf gemeldet. Auf meinen Rat. Ein wenig später hat sie auch Audur angerufen, um ihr zu berichten, was passiert war.
Als das Verhör schon ziemlich lange dauert, zieht der eine Goldjunge Zettel aus einer Plastiktüte.
»Kennst du Marteinns Schrift?«, fragt er.
»Ich habe ihn schon mal bei den Proben schreiben sehen«, antwortet Harpa.
Der Goldjunge reicht ihr eine durchsichtige Klarsichthülle. Darin befindet sich ein weißes DIN-A4-Blatt mit irgendwelchem Gekritzel drauf.
»Findest du es wahrscheinlich, dass der Verstorbene das geschrieben hat?«, fragt er.
Harpa nimmt das Dokument entgegen.
Ich lehne mich zu ihr hinüber. Ich betrachte die Schrift.
Auf dem oberen Teil des Blattes wurde handschriftlich mit großen Buchstaben geschrieben: Es ist Albernheit zu leben, wenn das Leben eine Qual wird, und wir haben die Vorschrift zu sterben, wenn der Tod unser Arzt ist.
Ganz unten steht in der gleichen Schrift:
Denn wie
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