Der falsche Mörder
oder Raggi umgehend zu sprechen. Sofort.
Es wird behauptet, dass sie zu einer Besprechung in der Stadt seien.
Ich pfeife drauf.
Zumal diese klassische Entschuldigung der Amtsschimmel meistens Schwachsinn ist.
Bearbeite die Empfangsdamen so lange, bis ich Raggi ans Telefon bekomme.
Er ist stinksauer. Wütend darüber, gestört worden zu sein.
Und nimmt meine Anfrage ungehalten auf.
»Ich verstehe nicht, was du meinst«, sagt er barsch.
»Ach nein? Wie könnt ihr es wagen, vor uns geheim zu halten, dass ihr die Tatwaffe, die im Ferienhaus versteckt wurde, gefunden habt?«, antworte ich im gleichen Ton.
»Die Tatwaffe?«
Raggi gibt klein bei.
»Mit wem hast du gesprochen?«, fragt er.
»Wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, werde ich jetzt sofort beim Richter vorsprechen und verlangen, dass mein Klient diese Informationen umgehend erhält und anschließend aus der Untersuchungshaft entlassen wird.«
»Ich habe dazu nichts zu sagen.«
»Ist das deine letzte Antwort?«
»Mach, was du für richtig hältst, aber lass mich bloß in Ruhe.«
»Ich bringe euch dann später eine Kopie der Klage vorbei.«
Raggi seufzt intensiv, bevor er das Gespräch beendet.
Verdammte Frechheit!
Aber ich muss natürlich zu meiner Drohung stehen.
Fahre deshalb direkt nach Hause ins Büro, schreibe eine Eingabe, in der verlangt wird, dass Adalgrímur Sunndal umgehend alle Informationen darüber bekommt, wo, wann und wie die Tatwaffe gefunden wurde und wem diese und andere Informationen bereits vorliegen.
Reiche das Schriftstück beim Bezirksgericht kurz vor Toresschluss ein.
Schicke eine Kopie zur Kripo-Festung.
Bezweifele, dass es den gewünschten Erfolg hat.
Aber die Klage sollte trotzdem den Druck auf die Goldjungs erhöhen. Und hoffentlich wird dadurch beschleunigt, dass sie ihre neuesten Karten aufdecken.
Als Nächstes rufe ich Harpa an. Sie ist immer noch im Theater.
»Die Polizei war den ganzen Tag hier«, sagt sie. »Sie haben Audur und Dísa und viele andere hier den ganzen Tag verhört und alle möglichen Sachen mitgenommen. Ganze Kisten voll.«
»Haben sie etwas Genaueres über die Todesursache gesagt?«
»Audur hat von einem gehört, dass Matti eine tödliche Mischung von Tabletten und Alkohol geschluckt hat, aber dass sie noch nicht genau wüssten, ob es ein Unfall oder etwas anderes ist.«
»Hast du dich entschieden, ob du eine Aussage machen möchtest?«, frage ich.
»Ist das denn jetzt noch nötig?«
»Natürlich. Es hat sich ja nichts geändert.«
»Nein, aber ich dachte, dass die größte Gefahr jetzt vorbei sei, ich meine, weil es doch so mit Matti gekommen ist.«
»Ganz im Gegenteil«, antworte ich. »Jetzt ist es noch viel wahrscheinlicher, dass die Goldjungs etwas finden, was sie auf die richtige Spur bringt. Du weißt natürlich, dass Matti Videos davon hat?«
»Ja.«
»Früher oder später bekommen sie die Kassetten. Wenn sie die Filme sehen, wird es ein Leichtes für sie sein, die Spur bis zum Ende zu verfolgen. Und wer weiß, welche Informationen Matti in seinem Laptop gespeichert hat?«
»Daran habe ich nicht gedacht.«
»Es ist am besten, wenn du die Sache so schnell wie möglich hinter dich bringst.«
Sie schweigt eine gute Weile am Telefon.
»Wie geht es dir sonst?«, frage ich schließlich.
»Audur tut es wahnsinnig leid, dass sie mich zu Matti geschickt hat, und passt deshalb auf mich auf, als wäre ich ein Kind«, antwortet sie. »Auch Dísa ist ungewöhnlich nett zu mir.«
Das war ja klar.
In den Abendnachrichten wird berichtet, dass die Ermittlungen zum Gerücht über Geirfinnur Einarsson in vollem Gange seien. Die Goldjungs sind heute Morgen in die USA geflogen, um die Mitarbeiter der isländischen Botschaft in Washington zu befragen.
Ich arbeite noch bis spätabends in meinem Büro. Muss mich ganz dringend um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Die hatten in den letzten Tagen das Nachsehen.
Was auch immer passiert, darf ich nicht das vernachlässigen, was am wichtigsten ist: Geld fürs Stella-Sparschwein zu kassieren.
Irgendwann muss ich mir meine Flasche aus dem Schrank holen. Mich am lieblichen Wasser des Lebens erfrischen.
Jackie hilft mir. Überzeugt mich beinahe davon, dass es mir eigentlich unglaublich gut geht.
»Das Leben macht man sich immer nur selbst zur Hölle.«
Sagt Mama.
41. KAPITEL
Dienstag
D ieGoldjungs wollen verhandeln.
Es ist ihnen überhaupt nicht recht, dass meine Klage im Bezirksgericht behandelt werden soll. Haben wahrscheinlich
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