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Der falsche Zeuge

Der falsche Zeuge

Titel: Der falsche Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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mit Maria besprechen, falls sie es nicht schon getan haben«, erkläre ich ihm den weiteren Verlauf. »Ihre Eltern wissen alles, was dort gesagt wird. Und sie sind doch mit Drífas Eltern befreundet, nicht wahr?«
    »Daran habe ich nicht gedacht«, sagt er.
    »Nein, du scheinst sowieso nicht besonders viel nachgedacht zu haben.«
    Als er gegangen ist, rufe ich sofort Drífa an.
    »Ich übernehme diesen Fall.«
    »Gott sei Dank.«
    »Ich schätze unser Gespräch so ein, dass Sigurdur Pálmar mir die Wahrheit gesagt hat. Jedenfalls weitestgehend. Ich habe ihm empfohlen, dir alles zu sagen, was er mir auch gesagt hat. Dann sollte dich später nichts mehr überraschen.«
    »Also gibt es doch etwas, was er mir nicht gesagt hat?«
    »Er sagte, dass du nicht alle Details kennen würdest.«
    »Details?«, wiederholt sie.
    »Ich zitiere wörtlich.«
    Drífa stöhnt. Und bedankt sich noch einmal bei mir für die Hilfe.
    Ich schäme mich überhaupt nicht. Sie hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu wissen.
    »Glück ist, seinem Nächsten die Bürde zu erleichtern.«
    Sagt Mama.

6
    Raggi ist zur Zeit sehr von sich begeistert. Fast schon selbstverliebt.
    Er glaubt doch tatsächlich, dass in den letzten zwei Wochen sechs Kilo Speck von seiner Wampe verschwunden sind. Das ist sogar ein wenig mehr, als er sich zu Beginn der neuen Schlankheitskur erhofft hat.
    Raggi verkündet, dass es sein Ziel sei, zwei Kilo pro Woche abzunehmen. Das macht fünfundzwanzig Kilo in drei Monaten. Dann sei er ein neuer Mensch.
    Ich sehe keinen Unterschied. Aber ich versichere ihm trotzdem meine Unterstützung und wünsche ihm mit einem schrägen Lächeln gleichzeitig Beileid.
    Der Kerl kämpft schon lange gegen seinen Bauch an. Er hat bereits seinen heiligen Krieg geführt, als ich ihn kennen lernte, kurz nachdem ich aus der Uni entlassen wurde. Und führt ihn immer noch.
    Aber der Erfolg war immer nur kurzfristig. Seine Fettmassen auf dem gewölbten Bauch und anderswo am dicken Körper scheinen dem Naturgesetz von Ebbe und Flut zu folgen: Der Speck kommt immer wieder.
    Manchmal ist die Abmagerungskur Raggi aufs Gemüt geschlagen. Hat ihn in einen ständig mies gelaunten Bürohengst verwandelt, der wegen jeder Kleinigkeit aggressiv wird.
    Diesmal nicht. Noch nicht.
    »Schlimme Sache mit diesem Mädchen«, sagt Raggi, als ich in seinem Büro vorbeigucke, das sich im neuen Prunk-und-Protz-Bau des Polizeipräsidenten befindet. Dort ist er der ansprechbarste aller Hauptkommissare. »Mir wurde gesagt, dass die Ärzte der Meinung sind, dass ihre Überlebenschancen immer geringer werden.«
    »Weißt du, wer sie ist?«
    Raggi wendet sich seinem Computer auf dem Schreibtisch zu. Ruft eine Datei auf und lässt sie auf dem Bildschirm erscheinen.
    »Sie heißt Ruta, ist dreizehn Jahre alt und kam erst vor einer Woche mit einem Touristenvisum aus Lettland hier an«, antwortet er. »Ihre Schwester Ludmilla wohnt hier und ist für sie verantwortlich.«
    »Ist der Schwester schon Bescheid gesagt worden?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ludmilla ist vor zehn Tagen ins Ausland geflogen. Niemand scheint genau zu wissen, wo sie sich aufhält. Aber wir haben erfahren, dass sie für morgen einen Rückflug nach Island gebucht hat.«
    »Sie war also schon im Ausland, als Ruta herkam?«
    »Nach diesen Informationen schon.«
    »Was ist mit dem Mieter? Diesem Sergei?«
    Raggi fährt sich mit seinen fetten Fingern über die wenigen Haare, die sich tapfer an der arg gelichteten Kopfhaut festklammern, und liest weiter vom Bildschirm ab.
    »Sergei kam vor einigen Wochen nach Island, und soweit wir wissen, ist er Geschäftsführer des neu gegründeten Importunternehmens Lettis GmbH. Er ist leider auch Anfang der Woche ins Ausland gereist, wird aber in ein paar Tagen wieder zurückerwartet.«
    »Welche Beziehung hat er zu den Schwestern?«
    »Das klärt sich leider erst, wenn wir beide verhören können. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass Sergei das Mädchen am Flughafen in Keflavík abgeholt hat. Ich kann mir vorstellen, dass er auf das Mädchen hat aufpassen sollen, solange Ludmilla verreist war.«
    »Aber dann ist er selber verreist und hat sie alleine zurückgelassen?«
    »Leider nicht ganz alleine«, sagt Raggi und wirft mir einen schnellen Blick zu. »Wie kamst du auf den Verdacht, dass sie missbraucht wurde?«
    »Wurde sie vergewaltigt?«
    »Es ist jedenfalls sicher, dass jemand mit dem Mädchen Geschlechtsverkehr hatte«, antwortet er. »Wir haben das Beweismaterial bereits zur

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