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Der falsche Zeuge

Der falsche Zeuge

Titel: Der falsche Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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was Geldgeschäfte angeht. Er tut so. als ob er dir einen großen Gefallen tun würde, während er dich ausraubt.
    Seine Stimme klingt immer seidenweich und einschmeichelnd. Aber diese falsche Freundlichkeit zeigt bei mir überhaupt keine Wirkung. Ich kenne ihn viel zu gut, um seinen Süßholzraspeleien auf den Leim zu gehen.
    »Wenn du noch heute vor Bankschluss eine Million auf die Schuld einzahlst, bin ich einverstanden, von der Versteigerung abzusehen«, beantworte ich seine Bitte um eine neue Fristverlängerung. »Sonst nicht.«
    Der schleimige Einar versucht, die Rate zu senken. Aber er kommt nicht weit.
    »Mir ist völlig egal, ob du das Angebot annimmst oder nicht«, falle ich ihm ins Wort. »Ich bin wie immer auf meinen Vorteil bedacht, und so wie die Lage aussieht, bekomme ich bestimmt mehr ab, wenn das Auto versteigert wird.«
    »Wollen wir uns dieses Mal nicht lieber in der Mitte treffen, liebste Stella, und dafür bezahlen wir nächstes Mal mehr?«, fragt er. »Das hätte doch später auch Vorteile für dich.«
    »Hör auf, deine und meine Zeit mit sinnlosem Geschwafel zu verschwenden. Du hast bis vier Uhr Zeit, diese lächerliche Million aufzutreiben.«
    Da wird ihm schließlich klar, dass ich mich nicht umstimmen lasse.
    Mittags ruft Siggi Palli an.
    Die Stimme ist rauer als in der Erinnerung. Hat sich aber sonst nicht viel geändert. Ich höre heraus, dass es ihm unangenehm ist, sich wegen einer solchen Angelegenheit an mich zu wenden.
    Er entschuldigt sich am laufenden Band. Behauptet aber erkannt zu haben, dass Drífa Recht hat. Er bräuchte die Hilfe eines guten Rechtsanwaltes. Und ich sei doch berühmt für meinen Erfolg mit Kriminalfällen.
    Ich bestelle sie beide um drei Uhr zu mir. Aber er kommt alleine. Das Haar ist verschwunden. Ich hatte in meiner Unbedarftheit Spaß daran, mit seiner dunklen Mähne zu spielen.
    Im Nachhinein betrachtet.
    Er hat auch kräftig zugenommen. Vor allem im Gesicht. Aber ist gut gebräunt. Als ob er regelmäßig auf die Sonnenbank ginge. Oder in wärmere Gefilde fahren würde.
    »Was ist passiert?«, frage ich und betrachte die glänzende Glatze.
    Siggi Palli lacht verlegen.
    »Weißt du noch, wie es meinem Vater ergangen ist?«, fragt er und streicht sich mit der Handfläche über seinen kahlen Schädel. »Er sah aus wie die Mönche früher, mit einem Haarkranz um den Hinterkopf. Ich fand es viel besser, gleich das ganze Haar abzurasieren.«
    Er läuft mit einem Sakko herum, als wäre er ein Aktienmakler. Oder ein Politiker auf dem Weg in die Live-Sendung.
    Vor unserem Treffen habe ich mich über seinen Werdegang erkundigt. Früher wollte er nach dem Abitur Medizin studieren, aber daraus wurde nichts. Er hat zweimal versucht, zum Studium zugelassen zu werden, ist aber beide Male durch den Medizinertest gefallen. Dann hat er sich in Betriebswirtschaft eingeschrieben. Und mischte sofort in der Studentenpolitik an der Uni mit. Nach dem Studienabschluss bekam er in der Partei kein Bein auf den Boden. Bis er Angantýr kennen lernte, der damals noch ein einfacher Abgeordneter der Regierungspartei war.
    Danach begann sich das Glücksrad zu seinen Gunsten zu drehen. Und als Angantýr schließlich einen Ministersessel bekam, machte er Siggi Palli zu seinem persönlichen Sekretär im Ministerium.
    »Du siehst gut aus«, sagt er.
    »Wo ist Drífa?«
    »Wir waren uns einig darüber, dass ich dich erst einmal alleine treffen sollte.«
    »Warum?«
    »Ich hielt es für besser.«
    Ich schaue ihm direkt in die Augen. Warte auf nähere Erklärungen.
    »Sie kennt nicht alle Details in dieser Sache«, fügt er nach einer Weile peinlicher Stille hinzu, »und ich hoffe, dass wir das weiter so halten können.«
    »Du hast ihr also nicht die ganze Wahrheit gesagt?«
    »Wenn es uns gelingt, den Fall aus der Welt zu schaffen, ohne dass er an die Öffentlichkeit gerät, müssen wir sie doch nicht noch mehr belasten, oder?«
    »Mir berichtest du jedenfalls den kompletten Sachverhalt, und zwar ohne etwas wegzulassen. Ansonsten hast du hier nichts verloren.«
    »Ich verstehe.«
    »Erzähl mir zuerst etwas über Maria.«
    »Sie ist in vielerlei Hinsicht ein intelligentes Mädchen«, antwortet er, »aber auch verträumt und befindet sich oft in ihrer eigenen romantischen Traumwelt. Ihr fällt es zum Beispiel leicht, irgendwelche Geschichten zu erfinden, in denen Leute vorkommen können, mit denen sie regelmäßig zu tun hat, aber auch bekannte Persönlichkeiten, die sie nie getroffen hat.

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