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Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man

Titel: Der faule Henker - Deaver, J: Faule Henker - The Vanished Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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»Aber ich bin absolut sicher.«
    »Wie hast du davon erfahren?«
    »Durch meinen sechsten Sinn. Ein Vöglein hat’s mir gezwitschert. Keine Ahnung. Sachs ist ein Star. Wenn so etwas passiert, spricht es sich schnell herum.«
    »Was ist mit ihrer hohen Punktzahl?«
    »
Trotz
ihrer hohen Punktzahl.«
    Rhyme fuhr ins Arbeitszimmer. Der Detective, der heute ganz besonders zerknittert aussah, folgte ihm.
    Wie sich herausstellte, war des Rätsels Lösung typisch für Sachs. Sie hatte jemanden aufgefordert, einen abgesperrten Tatort zu verlassen. Als der Mann sich weigerte, ließ sie ihm Handschellen anlegen.
    »Leider war dieser Kerl Victor Ramos.«
    »Der Kongressabgeordnete.« Lincoln Rhyme interessierte sich kaum für die Lokalpolitik, aber Ramos kannte er: Der Mann war ein opportunistischer Parteipolitiker, der sich erst kürzlich wieder auf seine Latino-Wählerschaft in Spanish Harlem besonnen hatte, weil das gut ins politisch korrekte Klima passte und der Wahlbezirk groß genug war, um ihm einen Posten in der Staatshauptstadt Albany oder gar in Washington zu verschaffen.
    »Kann man sie denn so einfach durchfallen lassen?«
    »O Mann, Linc, die können mit ihr machen, was sie wollen. Man munkelt sogar von einer Suspendierung.«
    »Sie kann dagegen angehen. Sie
wird
dagegen angehen.«
    »Und du weißt, was aus Streifenbeamten wird, die sich mit den hohen Tieren anlegen. Auch falls Amelia gewinnen sollte, wird man sie vermutlich nach East New York versetzen. Oder noch schlimmer – man versetzt sie an einen
Schreibtisch
in East New York.«
    »Scheiße«, fluchte der Kriminalist.
    Sellitto ging im Zimmer umher, stieg über Kabel hinweg und musterte die Wandtafeln mit den zahlreichen Einträgen. Dann ließ er sich auf einen Stuhl fallen, der unter dem hohen Gewicht ächzte. Geistesabwesend knetete der Detective die Speckrolle, die um seine Taille verlief. Dieser letzte Fall hatte seiner Diät ernsthaft geschadet. »Es gibt eine Möglichkeit«, sagte er leise und klang dabei ein wenig verschwörerisch.
    »Ja?«
    »Ich kenne da jemanden, und zwar den Kerl, der im Achtzehnten Revier aufgeräumt hat.«
    »Wo vor ein paar Jahren immer wieder Crack und Heroin aus dem Asservatenschrank verschwunden ist?«
    »Genau. Er hat überall im Big Building gute Beziehungen. Der Polizeichef hört ihm zu, und
er
wird
mir
zuhören. Er schuldet mir was.« Dann deutete er mit ausholender Geste auf die Tafeln. »Und außerdem – Scheiße, sieh dir doch an, was wir gerade geschafft haben! Wir haben einen verdammt cleveren Killer erwischt. Lass mich meinen Bekannten anrufen. Ziehen wir doch auch ein paar Fäden im Hintergrund.«
    Auch Rhymes Blick wanderte über die Tafeln, die Geräte, die Tische und Bücher – alles hier diente dem Zweck, die Spuren zu analysieren, die Sachs in den wenigen Jahren ihrer Zusammenarbeit geschickt und energisch den verschiedensten Tatorten abgetrotzt hatte. »Ich weiß nicht«, sagte er.
    »Wo liegt das Problem?«
    »Falls sie auf diese Weise zum Sergeant befördert würde… na ja, dann wäre nicht
sie
es, die dieses Ziel erreicht hätte.«
    »Du weißt, was diese Beförderung ihr bedeutet, Linc«, erwiderte der Detective.
    Ja, das wusste er.
    »Hör mal, wir spielen doch lediglich nach Ramos’ Regeln. Wenn er einen Gang zurückschaltet, werden wir das auch tun. Wir sorgen einfach für etwas mehr Ausgewogenheit.« Sellitto gefiel der Vergleich. »Amelia wird es nie erfahren«, fügte er hinzu. »Ich bitte meinen Verbindungsmann, die Sache streng vertraulich zu behandeln.«
    Du weißt, was diese Beförderung ihr bedeutet…
    »Also, was meinst du?«, fragte der Detective.
    Rhyme reagierte nicht sofort, sondern suchte die Antwort bei den stummen forensischen Apparaten um ihn herum und dann bei den hellgrünen Frühlingstrieben der Baumwipfel im Central Park.
    Die Kratzer auf der Vertäfelung waren wegpoliert und alle Spuren des Brandes aus dem Schlafzimmer »fortgezaubert« worden, wie Thom sich ausgedrückt hatte – eigentlich recht geistreich, dachte der Kriminalist. Es roch weiterhin durchdringend nach Rauch, aber das erinnerte Lincoln Rhyme an guten Scotch und stellte daher nicht das geringste Problem dar.
    Nun war es Mitternacht, der Raum dunkel. Rhyme lag in seinem Flexicair Bett und starrte zum Fenster hinaus. Draußen landete einer der Falken, eines von Gottes elegantesten Geschöpfen, flatternd auf dem Sims. Je nach Lichteinfall und Wachsamkeit der Vögel schienen ihre Körper zu schrumpfen oder zu

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