Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
Vom Netzwerk:
ein bisschen durcheinander, ja.«
    Es entstand eine Pause.
    Ihre Stimme hatte einen warmen Unterton, als sie sagte: »Ich hab mir Sorgen um Sie gemacht.«
    Trojan stieg vom Rad und schob es unter ein Vordach.
    »Wirklich?«

    Wieder entstand eine Pause.
    »Wo sind Sie? Störe ich Sie gerade?«
    »Nein, nein, nicht im Geringsten. Ich bin auf dem Heimweg. Es regnet, aber ich mag es. Hören Sie mal.«
    Er streckte kurz das Telefon in das Rauschen hinein. »So klingt der Mai.«
    Sie lachte. »Hört sich schön an.«
    Ist das ein privates Gespräch?, fragte er sich. Hoffentlich, immerhin ruft sie von ihrem Handy an.
    Doch dann sagte sie: »Wir haben noch keinen Termin für diese Woche ausgemacht, nach Ihrem überstürzten Abschied am Freitagabend.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Was halten Sie von übermorgen, Donnerstag?«
    »Übermorgen, ja.«
    »Wieder um acht?« Sie lachte. »Ich behalte mir die Abendstunden für Sie vor.«
    »Okay, Donnerstag um acht.«
    Er blieb noch eine Weile unter dem Vordach stehen, dann speicherte er die Mobilnummer, schwang sich auf sein Rad und fuhr weiter.
    Na schön, dachte er, es war ein berufliches Gespräch, aber ich hatte beinahe das Gefühl, als hätte sie mit mir geflirtet.
    Und schon meldete sich wieder dieses Wirbeln in seiner Brust.
    Nur kurze Zeit später brummte erneut sein Handy. Vielleicht war ihr noch etwas eingefallen.
    Ohne anzuhalten, fischte er es hervor.
    Es war Landsberg.

    Er sagte ihm bloß ein paar knappe Sätze, aber das reichte aus, um Trojan frösteln zu lassen.
    Er wiederholte die Adresse und die Hausnummer.
    Pflügerstraße, das war nicht allzu weit von seiner Wohnung entfernt.
     
    Semmler hockte neben der Leiche im Treppenhaus.
    »Drei Stiche. Einer davon ging direkt ins Herz.«
    »Wie lang war die Klinge«, fragte Trojan, »kannst du das schon abschätzen?«
    »Könnten dreißig Zentimeter sein oder mehr. Weiteres kann ich dir erst morgen sagen.«
    »Also gibt es Übereinstimmungen?«
    Semmler schaute zu ihm hoch.
    »Wie gesagt, lass mir Zeit bis morgen.«
    Trojan nickte.
    Der Mann lag auf den Treppenstufen. Seine Brust war blutüberströmt. Wo einmal seine Augen gewesen waren, klafften zwei schwarze Höhlen. Blut war an die Wand gespritzt.
    Eine verängstigte alte Frau steckte den Kopf durch ihre Wohnungstür.
    »Treten Sie zurück«, sagte Trojan.
    Die Tür wurde von innen zugezogen. Er vernahm ein leises Jammern dahinter.
    »Wo ist Gerber?«
    Semmler zeigte nach oben.
    Trojan stieg die Stufen hinauf. Schon von weitem hörte er das knatternd fächernde Geräusch.
    Auf dem Treppenabsatz vor dem Dachboden versuchten
Krach und Gerber den Vogel einzufangen, der verzweifelt umherflatterte, immer wieder gegen Wand und Fensterscheibe prallte.
    Er war klein, das Gefieder auf seiner Brust rot, und der Kopf war schwarz. Es war unverkennbar ein Dompfaff. Trojan hatte sich Fotos von dieser Art angeschaut.
    Gerber blickte ihn an. »Kann das ein Zufall sein, Nils, was meinst du?«
    Trojan schwieg. Er duckte sich, als der Vogel direkt über ihn hinwegsauste, es war ihm unangenehm.
    Der Dompfaff stieß einen Schrei aus.
    Ihm lief ein Schauer über den Rücken.
    Krach sagte: »Meine Eltern hatten mal einen im Garten. Sind eigentlich ganz schöne Viecher. Aber in diesem Zusammenhang –« Er brach ab.
    Trojan roch eine schwache Alkoholfahne. Er musterte ihn. Albert Krach, ihr Tatortmann, war nun schon seit Jahren verwitwet. Er war hohlwangig, wirkte wie angekränkelt von all den blutigen Schauplätzen und den schrecklichen Dingen, die er zu Gesicht bekam.
    »Wo sind die anderen?«, fragte Trojan.
    »Stefanie, Dennis und Max befragen die Hausbewohner. « Gerber seufzte. »Ich musste mit der Ehefrau des Toten sprechen. Sie hat nichts mitbekommen, saß friedlich vorm Fernseher, während ihr Mann abgestochen wurde. Er wollte zu einem Fest mit Freunden.«
    »Wer hat ihn gefunden?«
    »Ein Nachbar aus dem vierten Stock.«
    Sie gingen zusammen hinunter.
    Die alte Frau hatte ihre Wohnungstür wieder geöffnet.
Die Leiche lag nur etwa zwei Meter von ihr entfernt. Sie konnte sich einfach nicht beruhigen.
    »Jesses, Maria und Josef«, stöhnte sie in einem fort und schlug die Hände über den Kopf.
    »Haben Sie denn nichts gehört?«, fragte Trojan.
    Die Alte starrte ihn an.
    »Direkt vor Ihrer Tür, das müssen Sie doch mitbekommen haben!«
    »Sie ist schwerhörig«, sagte Gerber. »Und etwas wirr im Kopf«, fügte er leise hinzu.
    »Wer wohnt da drüben?«, fragte Trojan und deutete auf die

Weitere Kostenlose Bücher