Der Federmann
viel Zeit verloren.
Als er einen Kollegen aus einer anderen Mordkommission
am Apparat hatte, sagte er: »Trojan hier. Ich brauche einen Eintrag aus dem Melderegister. Jana Michels, vermutlich in Schöneberg, Geburtsjahr weiß ich nicht, irgendwann in den Siebzigern wahrscheinlich. Und bitte schnell, es ist äußerst dringend.«
Sein Golf stand an der Ecke Ohlauer Straße. Er sprang hinein, ließ den Motor an und fuhr los.
Er raste in Richtung Schöneberg.
Er war bereits auf der Monumentenbrücke, als der Kollege zurückrief.
»Ich hab hier den Eintrag einer Jana Michels, 1973 geboren, Akazienstraße 41, dritter Stock rechts.«
Trojan bedankte sich, legte auf und beschleunigte.
Er überlegte fieberhaft. Es war ungefähr Viertel nach sieben, als er das letzte Mal mit ihr telefoniert hatte. Sie hatte gesagt, sie sei auf dem Weg zu einer Patientin. Um 20 Uhr 27 traf der merkwürdige Anruf auf der Mailbox ein. Konnte sie zu diesem Zeitpunkt bereits wieder zu Hause gewesen sein, oder hatte sie aus der Wohnung der Patientin angerufen?
Er stieß die Luft aus.
Da er ja von ihrer Patientin weder Namen noch Adresse hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als zunächst in ihrer Wohnung nachzuschauen.
Vielleicht schlief sie ja tief und fest, vielleicht war ja alles gut.
Doch sein Instinkt sagte ihm, dass das nicht der Fall war.
Sein Herz hämmerte.
Er hielt vor dem Haus Nummer 41 in der Akazienstraße. Nur ein einziges Fenster war noch erleuchtet, ganz oben
links. Er sprang aus dem Wagen, spurtete zur Haustür und rüttelte daran. Sie war verschlossen. Er drückte auf sämtliche Klingelknöpfe und wartete ungeduldig. Nichts geschah. Er rüttelte wieder an der Tür und trat dagegen.
Da schnarrte die Sprechanlage, und eine verschlafene Stimme fragte: »Wer ist da?«
»Kriminalpolizei, bitte machen Sie auf.«
Der Summer ertönte, Trojan stieß die Tür auf und rannte die Treppen hinauf.
Im dritten Stockwerk fand er ihren Namen auf dem Klingelschild.
Er läutete, gleichzeitig begann er auf die Tür einzutreten. Es war eine alte Kassettentür. Da niemand öffnete, trat er weiter auf die Kassette unterhalb des Schlosses ein.
In seinem Rücken erschien ein Nachbar und drohte mit der Polizei.
Trojan hielt ihm seinen Ausweis hin, während er unablässig die Tür mit Fußtritten bearbeitete.
»Wann haben Sie Frau Michels das letzte Mal gesehen? «, fragte er den Nachbarn.
»Warum? Was geht hier vor?«
»Antworten Sie!«
»Ich weiß es nicht, gestern vielleicht.«
»Wann genau?«
Doch Trojan erhielt keine Antwort.
Endlich gab die Holzkassette mit einem Krachen nach.
»Treten Sie zurück«, rief er dem Nachbarn zu, »verschwinden Sie!« Er griff durch das Loch hindurch, fingerte nach der Klinke und öffnete.
Er zückte seine Waffe und ging in die Wohnung hinein.
Alles war dunkel.
Er knipste im Flur das Licht an. Es waren drei Zimmer, Küche und Bad.
Er schlich durch die Räume, machte überall Licht.
Doch Jana war nicht da.
Er schaute auf ihr großes schönes Bett. Die Decke, die darüber ausgebreitet lag, war von einem erdigen Rot, ganz so, wie er es sich einmal ausgemalt hatte.
Aber für Träumereien blieb ihm jetzt keine Zeit.
Auf dem Schreibtisch in ihrem Arbeitszimmer stand kein Computer.
Demnach hatte sie ihren Laptop im Büro gelassen.
Er musste unbedingt an die Patientenakten heran.
Er schob die Waffe ins Holster und stürmte an dem völlig verdutzten Nachbarn vorbei hinaus ins Treppenhaus. »Kümmern Sie sich um die Wohnungstür«, rief er ihm noch zu, und dann war er schon unten, sprang ins Auto und fuhr in die Crellestraße.
Nur wenige Minuten später war er dort. Er stemmte sich gegen die Haustür, sie gab nach einigen Versuchen nach. Er stürmte hinauf in die zweite Etage, wo die Praxis lag. Auch hier warf er sich gegen die Tür. Sie wirkte um einiges stabiler, ein heftiger Schmerz fuhr in seine Schulter.
Er rannte ein drittes und ein viertes Mal dagegen an, als er Schritte von oben vernahm. Das Türblatt begann bereits zu splittern, als jemand über ihm auf dem Treppenabsatz rief:
»Was soll das? Hören Sie auf damit!«
»Kriminalpolizei«, murmelte Trojan, nahm Anlauf und wuchtete wieder seinen Körper gegen die Tür.
Der andere kam eilig die letzten Treppenstufen hinunter. »Warten Sie doch, ich habe einen Schlüssel.«
Trojan hielt inne und sah den anderen überrascht an.
Er war groß und hager, sein Haar war aschblond. Er war mit einer Art Hausmantel bekleidet. Seine Schultern
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