Der Federmann
ansehen, was er tat.
Er ging zurück zu dem Bett.
Er beugte sich über Franka, und das Messer stach auf sie ein.
Und sie sah, wie er ihrer Patientin die Schenkel öffnete und sich auf sie warf.
Sie hörte das Blut in ihren Ohren tosen.
Ich muss aufstehen, dachte sie.
Sie dachte an Trojan. Er sollte bei ihr sein.
Mit einem Mal begannen ihre Lider zu flackern, und der Schwindel wurde stärker.
Da war ein Sog. Vor ihren Augen drehten sich kleine schwarze Kreise, sie wurden schneller, immer schneller.
Sie fiel vornüber in das Zentrum der Kreise.
Tiefer und tiefer.
VIERUNDZWANZIG
E s war 22 Uhr 30, als Trojan nach Hause kam. Er zog sich sofort aus und ging unter die Dusche. Er ließ lange das heiße Wasser auf sich herabprasseln. Dann trocknete er sich ab, schlüpfte in seinen Bademantel und nahm sich ein Bier aus dem Kühlschrank.
Erschöpft sank er im Wohnzimmer aufs Sofa, griff nach der Fernbedienung, legte sie aber gleich wieder weg, selbst zum Fernsehen war er zu müde. Er trank das Bier in kleinen Schlucken, irgendwann spürte er, wie sein Kinn auf die Brust sank. Er stellte die Bierflasche neben sich auf dem Boden ab und rollte sich zusammen. Kurz darauf war er schon eingeschlafen.
Er erwachte von einem lauten Wummern. Er reckte den Kopf hoch und lauschte. Es kam aus der Wohnung unter ihm. Doro, dachte er, sie hat ihre Anlage aufgedreht. Er hörte ihr Lachen, eine männliche Stimme rief etwas. Dann wurde die Musik noch lauter.
Er wälzte sich auf die Seite und schob sich den Kragen seines Bademantels übers Ohr. Aber er konnte nicht mehr einschlafen. Er stieß einen Zornesruf aus, schwang sich auf und ging barfuß in den dritten Stock hinunter.
Er drückte auf den Klingelknopf. Ihm war, als würde die Musik für einen Moment leiser gedreht werden, aber
es öffnete niemand. Er klingelte ein zweites und ein drittes Mal, dann vernahm er ein Kichern aus der Wohnung. Das war unverkennbar Doro. Die Bässe wurden noch etwas leiser.
Trojan ging wieder hinauf. Er zog den Bademantel aus und legte sich ins Bett, verkroch sich unter der Decke und drückte sich das Kissen aufs Ohr.
Aber es half nichts, er konnte nicht wieder einschlafen. Er sah wieder die Mordopfer vor sich, er hörte Landsbergs Stimme und das aufgeregte Gemurmel in der Sitzung, er dachte an Jana und ihr Gespräch auf dem Handy.
Er wälzte sich hin und her. Die Musik von unten war noch immer deutlich zu hören. Schließlich stand er auf und schnappte sich das Telefon. Diesmal wollte er anrufen, er suchte Doros Nummer im Verzeichnis, als er plötzlich innehielt.
Hatte er sein Handy nach der Sitzung eigentlich wieder eingeschaltet? Er musste doch während der Ermittlungen Tag und Nacht erreichbar sein.
Seufzend ging er in den Flur zum Garderobenhaken und nahm es aus der Jackentasche. Es war tatsächlich ausgeschaltet. Er gab die PIN ein, holte sich die Bierflasche aus dem Wohnzimmer und trank den Rest aus.
Da hörte er schon den Signalton, er sah auf das Display: eine neue Nachricht.
Sie kam von Jana.
Er hörte die Mailbox ab.
Es waren nur zwei Worte, die sie ausrief: »Ein Vogel!« Dann brach die Verbindung ab.
Ihm trat der Schweiß auf die Stirn. Ihre Stimme klang
panisch und schrill. Er hörte die Nachricht ein zweites Mal ab.
»Ein Vogel!« Dann knackte es, und die Verbindung war unterbrochen.
Er wählte sofort ihre Nummer, aber es sprang nur ihre Mailbox an.
Er ließ sich mit der Telefonauskunft verbinden und bat um ihre Festnetznummer. Es war ein Eintrag ohne Adresse. Er wurde zu dem Anschluss durchgestellt, aber auch hier meldete sich bloß der Anrufbeantworter.
Er hinterließ eine kurze Nachricht.
Er wählte noch einmal ihre Handynummer und hinterließ auch auf der Mailbox eine Nachricht.
Er verspürte eine eigenartige Beklemmung. Sein Herz pochte.
»Ein Vogel!« Was hatte das zu bedeuten? Was wollte sie ihm damit sagen?
Es gab keine andere Erklärung: Sie war in Gefahr.
Er zog sich an, steckte seine Waffe ein, griff sich den Autoschlüssel und seine Jacke und stürmte aus der Wohnung.
Die wummernden Bässe hinter Doros Tür interessierten ihn nicht mehr.
Unten auf der Straße überlegte er kurz, wo er seinen Golf geparkt hatte. Er rannte zur Reichenberger Straße und rief gleichzeitig auf dem Handy das Kommissariat an. Keiner aus seinem Team war mehr da, natürlich nicht, schließlich mussten sie alle irgendwann einmal schlafen.
Es war bereits halb eins. Die Nachricht von Jana war um 20 Uhr 27 eingetroffen. Er hatte
Weitere Kostenlose Bücher