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Der Federmann

Der Federmann

Titel: Der Federmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bentow
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Trojans Gesichtsfeld.
    »Lass sie fallen«, zischte Brotter.
    Er versuchte es wieder, aber in diesem Moment verstärkte Brotter den Druck. Trojan spürte die Ohnmacht nahen.
    »Fallen lassen.«
    Die Waffe glitt aus seiner geöffneten Hand, er stieß sie mit dem Fuß weg.
    Brotter lockerte ein wenig den Griff.
    »Gut so, Kommissar.«
    Er japste.
    Blitzschnell kam der Schmerz zurück, seine Augen traten vor.
    »Hab ich dir nicht längst angekündigt, dass du sterben wirst, Trojan?«
    Der Draht schnitt sich tief in seine Haut.
    »Hast du meine Warnung etwa vergessen?«
    Trojan versuchte die Hände zwischen Schlinge und Hals zu bekommen.
    Aber es war zu spät. Er spürte, wie seine Beine nachgaben. Alles wurde schwarz um ihn herum.
    Den ersten Schuss vernahm er noch wie aus weiter Ferne. Dann kam der zweite. Etwas fiel von der Decke herab.
    Der dritte krachte, und Trojan konnte endlich wieder Luft in seine Lunge saugen.
    Er drehte sich um.
    Jana stand da, die Waffe in der Hand.

    Sie zitterte.
    Dann blickte er hoch. Brotter war weg.
    Er nahm ihr die Waffe aus der Hand, schob sie sich ins Holster, klammerte sich mit seiner Linken an den Rand der Luke und versuchte sich einhändig hochzuziehen. Unter größter Anstrengung hangelte er sich ein wenig in die Höhe und winkelte die Beine an. Da fanden seine Füße mit einem Mal Halt auf Janas Schultern, die gebückt direkt unter ihm stand. Sie fasste mit den Händen nach und stemmte ihn hoch.
    So kletterte er hinaus. Das Dach erstreckte sich vor ihm. Er bemühte sich, nicht hinunter zu schauen, und doch registrierte er die Spree weit unter sich, die Dächer der umliegenden Gebäude und den Uferweg in der Tiefe.
    Brotter hastete etwa zehn Meter von ihm entfernt über einen Gittersteg auf der löchrigen Dachpappe. Sein Mantel wehte im Wind.
    Trojan zückte die Waffe, zielte, drückte ab.
    Brotter wirbelte herum.
    Er würde ihn bis an den Rand treiben. Er lief ihm nach.
    Als er den meterbreiten Schornstein erreicht hatte, sah er Brotters Kopf hinter den Ziegeln auftauchen.
    Wieder musste Trojan mit der linken Hand schießen.
    Er zögerte kurz. Drei Schüsse hatte er unten abgegeben, drei hatte Jana abgefeuert. Ein Schuss hatte auf dem Dach sein Ziel verfehlt. Das Magazin hatte acht Schüsse. Er wusste nicht, ob er mit links treffen würde.
    Brotter rief ihm etwas zu.
    »Kommissar«, verstand er.
    Und wieder: »Kommissar«, wie ein Hall.

    Trojan setzte noch einen Schritt vor, und dann drückte er endlich ab.
    Seine letzte Kugel pfiff am Schornstein vorbei.
    Er sah ihn nicht mehr.
    Und er ging noch zwei weitere Schritte vor.
    Er drückte sich an die Schornsteinwand, dann machte er einen Satz nach vorn.
    Brotter sprang von oben auf ihn herab, das Dach war an dieser Stelle abschüssig, und sie rollten beide bis zum Rand.
    Trojans Hand tastete nach der Dachkante.
    Brotter hockte auf ihm.
    »Genießen Sie die Aussicht, Kommissar«, sagte er.
    Er stieß die Hand gegen sein Kinn, und Trojan musste den Kopf zur Seite wenden.
    Sein Blick fiel in die Tiefe. Panik schoss durch seinen Körper.
    Er sah die Riesenskulptur in der Ferne und die Menschen am Beckenrand des Badeschiffs, winzig wie Spielzeugfiguren. Schon griff der Sog nach ihm, der Schwindel ließ seine Augen flackern.
    »Haben Sie Angst, Trojan?«, fragte Brotter leise.
    Trojan keuchte.
    »Ich verstehe Sie doch, Kommissar. Schließlich bin ich Therapeut.«
    Sein Herz hämmerte.
    Dann dachte er an Janas Worte.
    Er versuchte seine Angst nicht mehr zu unterdrücken. Er ließ sie zu.
    Mit aller Gewalt bäumte er sich auf und rollte sich gleichzeitig zur Seite, zum Abgrund hin.

    Für einen Moment glaubte er zu fallen, doch dann hatte seine linke Hand Brotters Kehle gepackt, und mit der rechten klammerte er sich an der Dachkante fest.
    Der Schmerz in seinem gebrochenen Arm raubte ihm den Atem.
    Er ließ von seiner Kehle ab und holte zum Schlag aus.
    Er traf Brotters Schläfe.
    Er schlug noch einmal zu.
    Da spürte er, wie der andere losließ.
    Sein Mantel schien in der Abendsonne aufzuglühen.
    Brotter packte ihn am Kragen und wollte ihn mit in die Tiefe hinabziehen.
    Trojan schlug seine Hand weg und versetzte ihm einen letzten Tritt.
    Für einen Moment war es, als hinge Brotter in der Luft.
    Dann stürzte er mit einem Aufschrei hinab.
    Trojan sah ihm nach, kämpfte gegen den Schwindel an.
    Er flatterte in seinem Mantel wie ein großer Vogel der Spree entgegen.
    Trojan wälzte sich auf den Rücken.
    Der Himmel über ihm

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