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Der Feigling im Dunkeln (German Edition)

Der Feigling im Dunkeln (German Edition)

Titel: Der Feigling im Dunkeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Remy Unmensch
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die schwarzen Ruinen erzählten.

    Ihre
Welt hatte Fische und Krebse und die gelblichen Schwämme, die am
Ufer zuhauf wuchsen. Auf der anderen Seite des Dorfes erstreckten
sich Felder von Weißgras so weit das Auge reichte. Die langen,
blassgelben Halme ließen sich zu Kleidung und allen möglichen
Gebrauchsgegenständen verarbeiten und aus den kleinen, schwarzen
Kügelchen machten ihre Leute das beste Brot, das sie je zu Essen
bekommen würde.
    Die
Hütten aus Lehm standen hier weit auseinander, zusammen gehalten
wurden sie nur durch den großzügigen Dorfplatz in ihrer
Mitte, auf dem Feste gefeiert und Handel getrieben wurde. Kaum ein
anderes Dorf würde es wagen, so viel Angriffsfläche zu
bieten. Doch Wilde, Hunger, Krankheit, all das spielte an diesem Ort
keine Rolle. Man war froh, seine eigene kleine Welt zu haben und der
dunkle Schatten Sauerfurts bestätigte einem jeden Tag wieder die
eigene Bescheidenheit.

    Es
war erst der Tod ihrer Mutter, der Jaris Welt entscheidend verändern
sollte.
    Das
Fieber hatte sie geholt, nachdem sie sich das Bein gebrochen hatte.
Für Jaris war eine Welt zusammengebrochen. Die ersten Stunden
war sie wie betäubt gewesen. Durch einen dichten Schleier vor
ihren Augen sah sie ihre Freunde, ihre Bekannten herumirren, sich um
sie sorgen, doch sie spürte nichts.
    Sie
sah die Leute vom Orden ankommen, die gerade in der Nähe waren.
In ihrem Kopf sah sie sich als kleines Kind, als sie das erste mal
Ordensbrüder gesehen hatte. Die Männer mit den
schrecklichen Brandmalen auf der Kehle hatten vom Feuer gesprochen
und die Rache der Götter über den Dorfplatz geschrien,
während ein kaum fünfjähriges Mädchen sich hinter
seiner Mutter versteckte, deren Hand fest umklammert. Damals waren
sie ihr wie fremde Dämonen vorgekommen, die aus einer anderen
Welt in ihre eindrangen, um ihr Angst zu machen.
    Als
sie sie jetzt sah, wie sie die Beisetzung ihrer Mutter vorbereiteten,
musste sie sich davon abhalten, sie nicht zu verscheuchen. Auf einmal
war es deren Schuld. Die waren gekommen, um ihr ihre Mutter zu
nehmen. Sie floh, zog sich zurück und wartete. Die Gedanken
drehten sich um immer die gleichen Dinge, immer und immer wieder. Sie
ist nicht weg, sie wird wieder kommen. Als es so weit war, kamen einige ihrer Freunde und geleiteten sie
sanft auf den Dorfplatz, wo ein blasser Körper inmitten von
gespaltenen und getrockneten Dornenranken lag und darauf wartete zu
den Göttern geschickt zu werden.
    Die
Worte der Männer drangen nur leise zu ihr durch, was sie
erreichte waren die Bilder. Die Dornen wurden in Flammen gesteckt,
das ganze Dorf muss sein Feuerholz für die nächsten Wochen
zusammen getragen haben, um diese Beisetzung zu ermöglichen,
dachte Jaris und erschrak ein wenig. Das gehörte nicht hier her.
    Sie
riss sich zusammen und starrte in die Flammen, die langsam an dem
leblosen Körper leckten. Haare fingen Feuer, waren innerhalb von
Sekunden verglüht und hinterließen ein dumpfes Gefühl
von Ernüchterung.
    Jaris
sah zu, wie verirrte Funken an der fahlen Haut ihrer Mutter
knabberten. Sie beobachtete fasziniert, wie das Fleisch von dem
tanzenden Rot und Orange gefressen wurde, bis das was übrig war,
an einen verkohlten Baumstamm erinnerte, der leise singend in einem
Bett glimmender Dornen lag.
    Sie
spürte keinen Frieden bei dem Anblick, noch verstörte er
sie. Als alles vorbei war drehte sie sich wortlos um und ging.
    In
dieser Nacht sprach das Feuer zu ihr.

    Es
war in den Körper ihrer Mutter gefahren und sprach nun durch das
verkohlte Gesicht inmitten flammender Dornen, die ihr von draußen
in den Traum gefolgt waren.
    Eine
tiefe Furcht hatte Besitz von ihr begriffen und eine eiskalte Hand
versuchte sie an den Gedärmen ins Nichts zu zerren, doch ihre
Mutter umhüllte sie mit dem warmen Schein des Feuers und die
Flammen leckten alle Angst und Zweifel von ihrem Geist. So von Ruhe
und Klarheit erfüllt lauschte Jaris den Worten, die der Mund
ihrer Mutter lautlos formte und unter dem Knistern der Dornen hörte
sie das leise wispern: " Ich
bin deine Zukunft, ich bin dein Schicksal, der Weg des Feuers! Geh,
Jaris, geh mit ihnen. Geh mit dem Feuer. "

    Sie
erwachte mit einem Brennen in den geröteten Augen und Heiserkeit
in der Stimme, doch ihre Sicht auf die Welt war noch nie so klar,
ihre Stimme noch nie so sicher gewesen, wie an diesem Tag. Die
Ordensleute waren über Nacht geblieben. Als Jaris ihre Hütte
verließ sah sie sie zum Gebet am Dornenhaufen stehen, der nun
schwarz

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