Der Feigling im Dunkeln (German Edition)
bis zur Stadt
schleppen, um dort als politische Gefangene wenigstens eine gute
Behandlung zu erwarten.
Doch
Ermond, so erschöpft er auch war, wollte niemanden opfern um
seine Haut zu retten.
Erstrecht
nicht, wenn dies bedeutete seinem Vater als Kriegsgefangener erneut
Schande zu bereiten.
Nein,
sie schleppten sich weiter.
Wenige
Stunden später waren sie noch drei.
Ermond,
sein General und ein Soldat, dessen Namen sie nicht kannten.
Ohne
ihren Führer krochen sie einfach weiter in die Richtung, die sie
als Osten vermuteten.
An
einem Punkt, den Ermond schon seit Tagen jede Sekunde erwartet hatte,
ging es nicht mehr.
Die
grellende Sonne donnerte unerbittlich auf ihn nieder und auf einmal
stellte er fest, dass er für nichts in der Welt die Kraft
aufbringen konnte seinen Fuß zu heben und einen weiteren
Schritt zu tun.
Mit
einem kaum hörbaren Seufzen sackte er zusammen und glitt zu
Boden.
Dann
wurde es endlich dunkel um ihn herum.
Als
Ermond Frostblatt spürte, wie seine Wange den heißen,
feinkörnigen Wüstensand berührte war er sich sicher,
dass dies sein Ende sei.
Doch
dann spürte er wie in Trance, wie sein Körper hochgehoben
und über ein wackelndes Objekt gelegt wurde.
Etwas
in ihm schien zu wissen, dass es wohl das Hinterteil eines Pferdes
war.
Von
dem Schaukeln und der leichten Brise ließ er sich von seiner
Ohnmacht in einen gewöhnlichen Schlaf gleiten.
Als
er wieder aufwachte bewegte er sich nicht mehr. Es war kühl und
er lag auf dem Rücken, ein feuchtes Tuch lag auf seiner Stirn
und er hörte Stimmen mit einem merkwürdigen Akzent.
Dem,
was er verschwommen erkennen konnte nach zu schließen befand er
sich in einem kreisrunden Zelt aus dünnem, weißen Stoff.
Langsam
versuchte er sich aufzusetzen, zu dem Ergebnis, dass die Welt sich zu
drehen begann und ihm drohte schon wieder schwarz vor Augen zu
werden.
Plötzlich
erschien das Gesicht einer Frau in seinem Blickfeld. Er hatte noch
nie einen der Wüstenbewohner zu Gesicht bekommen, doch den
Erzählungen nach zu urteilen gehörte diese Schönheit
mit den scharfen Zügen und stechenden Augen zu ihnen.
Ihre
Haare waren nur fingerlang und größtenteils von einem
dunkelgrünen Schleier bedeckt.
"Shh,
still..."
Ihre
Stimme klang nach Rauch und fließendem Wasser.
"Hier,
trink etwas."
Gierig
ließ er sich den kühlen Wein von ihr einflößen.
Dann
stand sie auf und wies die beiden Wachen, die bislang regungslos an
dem Ausgang gestanden hatten, an, ihm aufzuhelfen.
Das
Aufhelfen stellte sich als hoch und nach draußen zerren heraus.
Dort angekommen erblickte er zwei weitere Zelt und in deren Mitte ein
kleines Lagerfeuer.
Es
war Nacht geworden und der Wind wehte noch immer in überraschender
Stärker über die sandigen Weiten.
Am
Feuer angekommen setzte mal ihn auf den Boden und machte
unmissverständlich klar, dass er dort bleiben sollte.
Selbst
wenn er in dieser Situation das Verlangen nach einer einsamen Flucht
verspürt hätte, sein Körper hätte ihn vermutlich
nach wenigen Schritten im Stich gelassen.
Die
mysteriöse Frau setzte sich ihm gegenüber und musterte ihn
eindringlich.
"Ich
heiße Noel Opan und diene Zir Cyron als Generälin der
Wüstenpatrouille."
Noel
hob eine elegante Augenbraue und sah ihn auffordernd an.
Der
Gefangene schüttelte den Kopf und sah ins Feuer, es machte ja
doch keinen Sinn.
"Ermond
Frostblatt, Sohn des General Frostblatt. Vom Frostblattberg im
Frostblatt, Außenland."
Man
hätte sich für das eroberte Gebiet auch einen eigenen Namen
überlegen können, dachte er, es klang doch irgendwie ein
wenig lächerlich.
Die
Dame legte den Kopf zur Seite und sah ihn eindringlich an.
Möglicherweise
war ihr Blick auch vollkommen neutral, bei diesen Augen war das
schwer zu sagen.
"Ihr
werdet morgen vor Zir Cyron gebracht, dann werdet ihr erfahren, was
mit euch geschehen soll. Bringt ihn zurück und lasst ihn nicht
unbeobachtet."
Mit
diesen Worten wandte sie sich wieder dem Feuer zu und ließ ihn
abführen.
Herrlich.
Sie würden ihn gefangen halten und sein Vater würde ihn
freikaufen müssen.
Eine
weitere Enttäuschung, ein weiterer Schandfleck.
Er
war schon immer ein Lebemann gewesen und es hatte ihn nie gekümmert,
was andere darüber sagen mögen. Doch jetzt, in diesem
fremden Land mit einem Auftrag, bei dem er versagt hatte, dachte er
das erste mal, dass sein Tod ehrenhafter wäre als alle anderen
Möglichkeiten, die ihm jetzt noch zur Verfügung standen.
Er
fühlte sich
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