Der Feind im Innern: Psychotherapie mit Täterintrojekten. Wie finden wir den Weg aus Ohnmacht und Gewalt? (German Edition)
binden soll. Und sagt sich: „Ich sorge für Abwehr. Und wenn die anderen da irgendwas machen, was nicht in das passt, was ich aufgenommen und gelernt habe, dann versuche ich auf meine Weise für Ordnung zu sorgen.“ Beschützt der auch manchmal?
Kl: Nein.
Th: Nein. Weil er eher so ist, dass er zwingt, dass man was ganz Bestimmtes macht und anderes nicht macht?
Kl: Ja.
Th: Hm. O.k. Und er sorgt aber dabei auf seine Weise für eine Art von Ordnung. Was ist das für eine Ordnung, die er herstellt? Dass man nicht reden darf? Oder dass man funktionieren kann im Alltag bei der Arbeit?
Kl: Dass man funktioniert wie immer.
Th: Dass man funktioniert.
Kl: Also nicht, dass ich meiner Arbeit nachgehen kann oder so was, sondern dass die Verhältnisse so bleiben, wie sie sind.
Th: Aha, er übernimmt diese Aufgabe, dass die Verhältnisse so bleiben, wie sie sind. Was ist ihm da wichtig? Was für Verhältnisse sollen so bleiben? – Nur so viel sagen, wie es in Ordnung ist, denn er merkt, dass wir zuhören und dass wir ganz sorgfältig sind und respektvoll, auch mit ihm, genau wie mit allen anderen ...
Kl: (nickt)
Th: Hm, ja, was ist ihm wichtig? Warum müssen die Verhältnisse so bleiben, wie sie sind in seiner Wahrnehmung?
Kl: Warum?
Th: Was ist so wichtig, dass es so bleiben soll? Lieber soll es so bleiben, sonst ...? Würde sonst das Chaos ausbrechen?
Kl: Sonst würde es dann richtig schlimm irgendwann.
Th: Sonst würde es vielleicht irgendwann richtig schlimm.
Kl: Also, das ...
Th: Hm?
Kl: Die Verhältnisse sind so wie links auf dem grünen Bild.
Th: Ach so. Das sind ja die Bremer Stadtmusikanten, sozusagen anders rum. Und ähm ... (deutet auf den Esel) ist er das? Ist das ein Symbol für den, den ihr den Bastard nennt?
Kl: Es könnte ein Symbol sein, also dann beherrscht er das so ... Es ist alles noch keine Ordnung da jetzt.
Th: Ach, so ist das.
Kl: Es ist halt so: Wer am lautesten schreit, wird zuerst bedient.
Th: Ach so. Und der kleine arme Hahn da unten, der muss das alles tragen, oder?
Kl: Der hat halt in der Position eh keine Stimme mehr.
Th: Gell, ooh. Und das, das wäre gut, wenn es so würde (zeigt auf rechten Bildteil) ?
Kl: Also, es ist so, dass ich das jetzt während des Aufenthaltes für mich so akzeptieren konnte, dass es so ist [wie im linken Bildteil].
Th: Ist gar nicht so leicht, oder?
Kl: Dass es bewohnt ist.
Th: Dass es innen bewohnt ist.
Kl: Und wohl auch so bleiben wird.
Th: Mhm. Und je besser man sich verständigt, desto weniger Stress kommt auf.
Kl: Ja, genau
Th: Hmhm.
Kl: Ich finde das ... Also, man kriegt hier [in der Klinik] ganz stark vermittelt, dass das gar nicht mehr so doof sein muss.
Th: Hm.
Kl: Also, ich muss mich dafür nicht ... nicht nur schämen.
Th: Eben. Ja. Also, ich finde, Scham muss nicht noch mehr dazukommen.
Kl: Ja.
Th: Eher noch was anderes, gell? Also kann man sagen, eine der wichtigsten Sachen ist, von da nach da zu kommen (zeigt auf das Bild: vom linken Teil zum rechten).
Kl: Nach da, das ist irgendwie ...
Th: Nach da, das würde aber heißen, dass hm, dass der innere Er, sag ich jetzt mal, auch ein Wichtiger bleibt, vom Ganzen? Das habt ihr in dieses Bild hineingepackt. Der hat sogar die Leadgitarre. Interessant.
Kl: Naja.
Th: Ja also, was auch immer euer Unbewusstes da sagt. Es ist ja immer noch so viel, was da mitmalt, gell? Aber vielleicht ist das was für den inneren Er, dass es vielleicht gar nicht so sein muss: Du oder ich? Weil ... es gehört alles zu diesem großen Ganzen. Früher waren das mal zwei Leute. Ihr und der Bruder. Früher war das mal so. Dieses Pistolen-Bild bringt so eine Art Hin und Her zum Ausdruck, wie so ein Duell, oder?
Kl: Naja also, ... Er [der Bruder] ist ja, es gibt ihn ja heute noch, ja, er existiert ja noch ...
Th: Hm.
Kl: Und ich bin im letzten Jahr grad erst dabei, so diese Entfernung [die äußere Distanz zu ihm] auch wirklich zu halten.
Th: Hm.
Kl: Aber die ... das meinte ich, dass das Verhältnis gleich bleibt ... die Befehle ...
Th: Aus dem Innern?
Kl: ... zu kommen auf Knopfdruck oder auf Anruf ...
Th: ... zu kommen.
Kl: ... die sind nach wie vor da.
Th: Die sind auch innerlich?
Kl: Nee, von außen.
Th: Von außen, ah: zu kommen.
Kl: Zu kommen.
Th: Also der [Bruder], der erreicht euch noch per Telefon oder ...?
Kl: Ja.
Th: Der ruft auch an?
Kl: Ja.
Th: Na, dann ist es ja auch schwer, sich dagegen zu wehren. Wird mal Zeit für eine neue Handynummer, oder?
Kl: Ja, das werd’
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