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Der Feind in deiner Nähe

Titel: Der Feind in deiner Nähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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mir hinuntergefallen war. »Ich glaube, wir müssen jetzt wieder zurück ins Büro.«
    »War ein anderer Mann im Spiel?« Das klang eher wie eine Feststellung als eine Frage.
    »Was?«
    »Gestern Nacht.«
    »Na ja, irgendwie schon«, murmelte ich. Dann hob ich den Kopf und sah Meg trotzig in die Augen.
    »Aha. Irgendwie. Willst du damit sagen, dass du Sex mit einem anderen Mann hattest?«
    »Es hatte nichts zu bedeuten.«
    »Wie kann das nichts zu bedeuten haben?«

    »Ich war betrunken und völlig überdreht. Ich hatte Sex mit einem Fremden. Ende der Geschichte.«
    »Oder Anfang der Geschichte. Holly, hörst du eigentlich, was du da sagst?«
    O ja, ich hörte es. Meine Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen, und ich hörte aufmerksam zu, versuchte krampfhaft, den Sinn der Worte zu verstehen.
    »Was ist mit Charlie?« Sie fragte das ganz leise, und ihre Stimme klang dabei beängstigend ernst.
    »Charlie ist Charlie«, antwortete ich dümmlich.
    »Wirst du es ihm sagen?«
    »Wozu? Damit er sich auch beschissen fühlt? Es ist passiert, und es ist vorbei, und es wird nicht wieder passieren.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich – ich werde nicht zulassen, dass es noch einmal passiert.
    Es war …«, ich suchte in meinem vernebelten Gehirn nach dem richtigen Wort, »… eine Verirrung.«
    Meg starrte mich lange an. Mein Herz raste, aber ich zwang mich, ihr in die Augen zu sehen. Ich wollte auf keinen Fall den Blick senken oder abwenden, aber am Ende musste ich es doch tun, weil sie so ernst und vernünftig dreinschaute, als würde sie gerade eine Entscheidung fällen. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass ich ihr Leid tat. Das konnte ich nicht ertragen.
    Meg hatte mir Charlie damals vorgestellt. Sie hatte ihn kennen gelernt, weil er mit ihrem Cousin Luke auf die Kunstschule gegangen war. Sie lud mich ein, mit ihnen ins Kino zu gehen.
    Ich kann mich noch genau an den Film erinnern, Lost in Translation. Ich weiß auch noch, wie das Wetter war, ein warmer Herbstwind wirbelte trockenes Laub um uns herum auf, während wir zu viert die Straße entlanggingen. Und ich weiß, was ich an dem Tag anhatte: eine Jeans, die an den Knien zerrissen war, Leinenstiefel und meine älteste Lederjacke. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es ein besonderer Tag werden würde. Meg und Luke traten völlig in den Hintergrund, ich registrierte nur noch Charlie: jede seiner Gesten, jedes Wort, das er sagte, jeden verstohlenen Blick in meine Richtung. Und ich spürte mit jenem wunderbaren, unvergleichlichen Gefühl des Schauderns, dass es ihm mit mir genauso ging. In der Bar war es, als würden elektrische Stromschläge durch meinen Körper zucken, als sich unsere Hände wie zufällig berührten. Im Kino saß Meg zwischen uns, die einen schlimmen Schnupfen hatte.
    Ob ich damals so etwas dachte wie: Meg mag ihn auch, also lass die Finger von ihm? Ja, aber gleichzeitig dachte ich: Jetzt schaut er gerade wieder her, ich kann seinen Blick richtig spüren. Ich dachte: Es wird etwas passieren.
    Nach dem Film fragten uns Luke und Charlie, ob wir Lust hätten, in dem Restaurant gleich gegenüber eine Kleinigkeit mit ihnen zu essen. Aber Meg sagte, sie müsse nach Hause ins Bett, und ich schloss mich ihr an. Wir nahmen uns zusammen ein Taxi. Während der Fahrt herrschte zwischen uns betretenes Schweigen, wir sahen uns kein einziges Mal an, aber als wir schließlich vor Megs Wohnung ankamen, legte sie mir eine Hand aufs Knie und sagte: »Ist schon gut, Holly. Er steht auf dich, nicht auf mich.« Ich murmelte etwas Unpassendes, woraufhin sie – und das ist typisch für Megs Großzügigkeit –
    hinzufügte: »Selbst wenn er nicht auf dich stehen würde, heißt das nicht, dass ich seine Traumfrau wäre. Du nimmst ihn mir also nicht weg oder so.« Dann küsste sie mich auf die Wange und stieg aus.
    Was ich wohl getan hätte, wenn sie das nicht gesagt hätte? Ich rede mir gerne ein, dass ich gar nichts getan hätte, aber wer weiß? Jedenfalls wartete ich, bis sie in ihrer Wohnung verschwunden war, dann bat ich den Taxifahrer umzudrehen und mich wieder zu unserem Ausgangspunkt zurückzufahren.
    Charlie und Luke waren noch beim Essen, als ich eintraf. Ich setzte mich zu ihnen, trank Rotwein aus ihren Gläsern, aß ihnen die Pommes weg und versuchte dabei nicht an Meg zu denken.
    Nachdem ich auch noch einen Löffel von Charlies Zitronensor-bet probiert hatte, legte ich meine Hand auf seinen Oberschenkel, woraufhin er sein Bein über das meine schob.
    Wir

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