Der feine Unterschied
und ihm den Weg abschneide.
Die Trainer stellen mich zuerst als Achter auf, dann als Rechtsaußen und schließlich als rechten Verteidiger.
Das Training wird zum Motor meines Alltags. Zuerst drei, dann vier, dann fünf Mal die Woche quer durch die Stadt fahren, trainieren, zurückfahren. Meine Freunde aus Gern gehen am Nachmittag schwimmen, ich gehe trainieren. Wir lernen Mädchen kennen. Die Freunde gehen am Samstag in die Disco, ich gehe schlafen: wir spielen ja am nächsten Tag.
Es sind die Jahre, wo viele Jungs, die gut Fußball spielen, beschließen, mit dem Fußball aufzuhören. Das heißt, sie beschließen es gar nicht. Aber sie bleiben zuerst einmal, dann öfter dem Training fern, rufen den Trainer an und sagen, dass sie erkältet sind, um mit den Mädels ausgehen zu können, und irgendwann sind sie so weit von der Seele des Spiels entfernt, dass sie nicht mehr zurückfinden.
Ich kann diese Unsicherheit verstehen. Ich möchte auch gern zum Schwimmen gehen. Aber ich will auch am Fußball dranbleiben. Wenn ich heimlich überlege, ob ich einmal das Training schwänzen soll, muss ich nur bei meinem Ehrgeiz nachfragen. Bleib dran, sagt der Ehrgeiz, wenigstens dieses Jahr, wenigstens, bis du weißt, dass du von der U14 in die U15 mitgenommen wirst.
Den Rest erledigt der Fußball selbst. Sobald ich auf dem
Platz stehe, sobald der Trainer uns in zwei Mannschaften aufteilt und in ein Spiel schickt, sieben gegen sieben oder elf gegen elf, ist auch der Spaß wieder da, der Spaß am Spiel, am Trick, am Gefühl, wie herrlich es ist, den richtigen Pass zu spielen und der Stürmer tunnelt den gegnerischen Torwart. Fußball ist so ein Vergnügen.
Ich glaube, Ehrgeiz allein genügt nicht, um Fußballprofi zu werden. Disziplin allein genügt auch nicht. Es braucht diesen Spaß am Spiel, dieses erfüllende Gefühl, sobald du auf dem Platz stehst, das Nicht-mehr-an-die-Freunde-Denken, die jetzt beim Schwimmen sind, der Ball, du, das Tor, deine Welt.
Ich spiele jetzt in der U17 des FC Bayern. Ich brenne für die Mannschaft. Als wir das Finale um die Deutsche Meisterschaft in Berlin gegen Hertha BSC 0:1 verlieren, sitze ich in der Kabine und heule vor Zorn, und es ist mir nicht einmal peinlich. Neben mir sitzen ein paar andere, denen es genauso geht. Selbst in diesen bitteren Momenten merke ich, wie großartig es ist, Teil einer Mannschaft zu sein.
Wir teilen alles. Die Niederlage, den Zorn über die Niederlage, die Entschlossenheit im Training, den Ehrgeiz im nächsten Spiel, das erste Tor, den Sieg, den Jubel, die Party in der Kabine und später am Abend. Du bist nie allein. Du teilst mit allen Kameraden das gemeinsame Ziel. Du musst dich nicht mehr fragen, warum du dir das alles antust, das viele Training, die knappe Freizeit.
Meine Eltern kommen zu jedem Spiel. Sie sehen uns oft gewinnen. Meine Mutter ist genauso Fan der Mannschaft wie mein Vater, aber obwohl beide durchaus etwas vom Fußball verstehen, halten sie sich mit Kommentaren zum Spiel zurück. Sie loben mich, ja, aber sie bilden sich nie ein, mir erklären zu müssen, was ich besser machen könnte.
Das finde ich großartig. So bleibt uns der Fußball ein gemeinsamer Schatz, der nie zum Schauplatz von Konflikten wird.
Als ich mit 17 Jahren in die U19 aufrücke, verdiene ich wie alle anderen 400 Mark im Monat, Aufwandsentschädigung und Fahrgeld. In der U17 waren es 100 Mark gewesen, in der U18 200 Mark. Neben der Chance, für die A-Jugend zu spielen, geht auch schon ein Fenster in die Welt des Erwachsenenfußballs auf. Ich könnte auch für die Amateure des FC Bayern eingesetzt werden, die damals in der Regionalliga spielen, der dritten Liga des deutschen Fußballs. Darüber gibt es nur noch die Zweite Bundesliga und die Bundesliga.
Mein Trainer in der U19 heißt Roman Grill. Er hat selbst viele Jahre für die Amateure des FC Bayern gespielt und eine klare Vorstellung davon, was auf dem Platz zu passieren hat. Er kommt vom Schliersee. Sein Bayrisch ist so klar und lupenrein, dass es irgendwann zum Weltkulturerbe der UNESCO erklärt werden wird. Roman hat, was ein guter Trainer haben muss: Autorität. Wenn wir darüber reden, was ich als rechter Verteidiger oder im defensiven Mittelfeld für Aufgaben übernehme, merke ich, wie klar seine Vorstellungen sind.
Wir sind erfolgreich. Mit Roman an der Seitenlinie schaffen wir es 2001 ins Finale der deutschen U19-Meisterschaft. Unser Gegner ist Bayer Leverkusen, bestimmt die beste Jugendmannschaft dieses Jahres.
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