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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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sie sich, hatte Sianderilneh sich durch ihre Handlung verdächtig gemacht.
    Dieser Gedanke gab den Ausschlag. Auch die Cousine der Königin hatte nicht das Recht, etwas vor dem Volk zu verbergen, und daher war es ihre Pflicht aufzudecken, was hier geschehen war. Kurz blitzte die Überlegung in ihr auf, dass sie sich damit die Feindschaft dieser mächtigen Frau zuziehen würde. Doch was konnte Sianderilneh ihr schon antun, außer sie zu tadeln? Natürlich konnte sie andere dazu bringen, sie nicht mehr zu beachten, so dass sie in die Einsamkeit gestoßen wurde. Aber solange die Runi, die auf der Seite ihrer Mutter standen, sie als Teil der Gemeinschaft ansahen und Gedanken mit ihr austauschten, störte sie die Missachtung derjenigen nicht, die falsch handelten. Sie schob die Frage, welcheKonsequenzen sie zu fürchten hatte, schnell beiseite und begann, die Hügel abzusuchen, um die Spuren des Zaubers zu finden, den Sianderilneh und ihre Gefährten gewoben haben mussten.
    Hekendialondilans Sinne führten sie zu einer sanft aufsteigenden Hügelflanke, die noch von ziemlich starker Magie umgeben war. Als sie den Ort näher untersuchte, entdeckte sie winzige Spuren von Blau, das aus dem Innern des Hügels herausdrangen. Hatte Sianderilneh die Fremden dort eingesperrt? Sie tastete die Stelle gründlich ab. Die Abschirmmagie war sehr stark und hätte jeden, der ohne Verdacht hierhergekommen wäre, dazu gebracht, sich nicht um diesen Hügel zu kümmern. Auch Hekendialondilan schwankte, ob sie weitermachen oder aufgeben und ihre Mutter informieren sollte. Diese würde ihr jedoch raten, die Dinge auf sich beruhen zu lassen oder sich an die Königin wenden. Aber bei Menanderah und ihren Beratern war sie schon in der Vergangenheit nicht sonderlich beliebt gewesen, weil sie es gewagt hatte, trotz ihrer Jugend eine eigene Meinung zu haben.
    »Ich brauche einen Beweis!«, sagte Hekendialondilan laut zu sich selbst und setzte sich mit überkreuzten Beinen vor den Hügel. Sie würde all ihre Kraft und viel Zeit brauchen, um die Zauber, die Sianderilneh hier gewoben hatte, aufzutrennen. Doch ob sie dies in einer Stunde, an einem Tag, in einem Monat oder gar in einem Jahr schaffte, spielte bei ihrem Volk keine Rolle.
5
    H emor, Geheimer Staatsrat und Berater Ihrer Majestät, Königin Ilnas V., hatte sich schon wohler in seiner Haut gefühlt. Die Finger um die Reling gekrallt, stand er am Heck der »Ilna II.«, des neuen Flaggschiffes der ilyndhirischen Flotte, und starrte aufdie von Masten und Segeln übersäte See. Die »Ilna II.« führte fast zwei hundert Schiffe an. Doch bei den meisten handelte es sich um Fischerboote und kleine Handelsschaluppen, die bis an den Rand mit Soldaten und Ausrüstung beladen waren. Dazwischen segelte die »Wardania«, das Flaggschiff der wardanischen Kriegsflotte. Obwohl das Herzogtum Wardania seit vielen Generationen zum Reich der Nördlichen Inseln gehörte, beharrten die Bewohner auf ihrer Eigenständigkeit und sahen sich nur in Personalunion mit dem Reich Ilyndhir verbunden. Daher besaßen sie eine eigene Flotte, ihre eigene Armee und ihren ganz eigenen Stolz.
    Das Blau ihrer Segel war heller als das der ilyndhirischen Schiffe, und ihre Flaggen trugen andere Symbole. Da die Wardanier auch nicht bereit waren, sich unter das Kommando eines ilyndhirischen Admirals zu stellen, musste Hemor als Vertreter der Königin das Amt eines Koordinators der Streitkräfte des Vereinigten Königreiches ausüben. Im Grunde hieß das, den Puffer zwischen dem königlich ilyndhirischen und dem wardanischen Großadmiral zu spielen. In dieser Rolle hatte er dafür zu sorgen, dass die beiden Herren ihre jeweiligen Befehle absprachen und die Zusammenarbeit nicht aus persönlicher Abneigung hintertrieben.
    Hemor fragte sich, wie es erst auf Gelonda zugehen würde, wenn er sich mit den Feldmarschällen der beiden blauen Heere auseinandersetzen und ihr Vorgehen mit den einheimischen Streitkräften koordinieren sollte. Dabei mussten sie einem Heer und einer Flotte entgegentreten, die scheinbar von einem einzigen Willen angetrieben wurden. In Augenblicken wie diesem bedauerte er es, dass die Königin sich zu einem Bündnis mit den Mittleren Inseln hatte hinreißen lassen. Die Verantwortung für die vielen Schiffe und die darauf eingepferchten Soldaten ließ ihn nachts nicht mehr schlafen. Immer wieder sah er in seinen Albträumen die Schwarzen Galeeren auftauchen, und er war überzeugt, dass die eigenen Schiffe Gelonda nicht

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