Der Feuerthron
unbeschadet erreichen würden.
Ein Schatten fiel auf ihn. Als Hemor sich umdrehte, sah er einezierliche Gestalt in einem weiten, blauen Federmantel vor sich. Ein Schleier bedeckte das Gesicht der Frau, aber das Tuch konnte das grelle, blaue Licht nicht verbergen, das aus den Augen der Hexe schlug. Sie hieß Mirzah und war eine von Torrix’ besten Schülerinnen. In den Augen vieler Höflinge und auch der magisch Begabten wäre sie eine bessere Wahl für den Posten der Zweiten Hexe gewesen. Nun begleitete sie die Truppen auf ihrer gefährlichen Reise und bot ihnen damit einen gewissen magischen Schutz.
Prüfend blickte sie über die Schiffe und sah dann Hemor an. »So in Gedanken, großer Feldherr?«
Sie nahm den Höfling nicht ganz ernst, denn sie wusste ebenso wie die Offiziere des Heeres, dass die militärischen Erfahrungen des Geheimen Rates sehr gering waren. Der ilyndhirische Großadmiral behauptete sogar, Hemor sei militärisch gesehen ein Schwachkopf, der höchstens Spielzeugschiffchen und Holzsoldaten in der Sandkiste herumgeschoben hätte. Nichtsdestotrotz war der Geheime Staatsrat der Vertreter der Königin. Daher wagte niemand, ihn offen zu kritisieren. Die beiden Großadmiräle hatten sich stattdessen an Mirzah gewandt und von ihr eine Taktik erarbeiten lassen, wie man gegen die Schwarzen Galeeren vorgehen sollte. Die Hexe war sicher, dass die Flotte bald auf gurrländische Schiffe stoßen würde. Schon seit dem Morgengrauen spürte sie etwas Schwarzes im Südosten, das stetig näher kam.
Hemor versuchte seinen trockenen Mund mit der Zunge zu befeuchten und ließ die Reling los. »Ich habe Angst. Wenn ich einen Fehler mache, werden Tausende sterben!«
Mirzah hätte ihm sagen können, dass die Großadmiräle und auch die kommandierenden Offiziere Hemors Anweisungen wohlweislich übergingen und nach eigenem Gutdünken handelten. Daher konnte er gar keinen Fehler machen. Sie verstand ihn jedoch. Krieg war ein schmutziges Geschäft, und dieser wurde besonders erbarmungslos geführt.
Ein magischer Hauch ließ die Hexe aufschrecken, und sie blickteüber das Deck nach vorne. Die See war noch frei, doch sie fühlte, dass sich die Schwarzen Galeeren jenseits des Horizonts zum Angriff bereit machten. Nun wurde es Zeit zu handeln.
»Im Namen Ihrer Majestät muss ich Euch jetzt auffordern, das Flaggschiff zu verlassen und Euch an Bord eines der kleineren Schiffe zu begeben«, erklärte sie Hemor.
Er starrte Mirzah überrascht an. »Aber wieso?«
»Weil ich es befehle!« Sie winkte einige Matrosen heran und wies sie an, ein Beiboot für Hemor fertig zu machen.
Der Großadmiral und der Kapitän des Schiffes hatten Mirzahs Worte mitbekommen und eilten auf sie zu. »Was ist los?«, fragten sie wie aus einem Mund.
»Wir werden angegriffen. Ich spüre, wie die Schwarzen Galeeren sich nähern. Aus diesem Grund werden der Geheime Staatsrat und Ihr, Großadmiral, gemäß den Anweisungen der Königin auf ein anderes Schiff überwechseln.«
»Aber das geht doch nicht! Ich bin der oberste Kommandant der Flotte!« Der in einer prunkvollen Uniform steckende Großadmiral starrte die Hexe beleidigt an, wirkte gleichzeitig jedoch zutiefst verunsichert. Man hatte ihn in friedlicheren Zeiten auf diesen Posten gesetzt, weil er ein enger Verwandter der Königin war. Dabei war er für dieses Amt noch weniger geeignet als Hemor für seine Aufgabe als Koordinator. Nichtsdestotrotz waren die beiden Männer für die Moral des Königreiches unentbehrlich und durften daher nicht in Gefahr geraten.
Mirzah sah die drei Männer vor sich hoheitsvoll an. »Im Namen Ihrer Majestät Ilna V. übernehme ich den Oberbefehl über dieses Schiff und die Flotte! Kapitän, lasst das vereinbarte Signal aufziehen!«
Während der Kapitän, der sich des Ernstes der Lage bewusst war, salutierte und losstiefelte, um den Befehl der Hexe zu befolgen, protestierten Hemor und der Großadmiral. Mirzah ließ sich jedoch auf keine Diskussion ein. Ein Zauber verschloss die Münder der beidenMänner, und ein weiterer brachte sie dazu, den Matrosen, die sie auf ein anderes Schiff schaffen sollten, widerstandslos zu folgen.
Die Hexe musterte das nächstgelegene Boot und nickte zufrieden. Es handelte sich nur um ein altes Fischerboot, das die Kennung von Ilynrah am Bug trug, aber gerade deswegen war es geeignet, die beiden Würdenträger an Bord zu nehmen. Die Gurrländer würden sich zuerst den größeren Schiffen zuwenden, von denen eine Gefahr für sie
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