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Der Feuerthron

Der Feuerthron

Titel: Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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anstatt selbst die Regeln unserer Gemeinschaft zu brechen.« Hekerenandil musterte die kleine Gruppe, die ihre Tochter mitgebracht hatte, und seufzte. Es gab immer Schwierigkeiten, wenn ein Runi sich mit den Mitgliedern anderer Völker einließ. Der tiefe Riss, welcher ihr Volk spaltete, war aus einer solchen Situation entstanden.
    »Ich werde eure Ankunft melden müssen, doch vorerst seid ihr meine Gäste!« Dies war in Hekerenandils Augen ein guter Kompromiss.
    Sie wusste nicht, ob sie etwas für die Fremden bewirken konnte oder ob die Königin sie erneut in eine Zauberstarre versetzen lassen würde. Doch sie musste Sianderilneh Paroli bieten. Den Schutzzauber Runias so zu verändern, dass er auch vor einer Runi nicht haltmachte, war eine ungeheuerliche Tat, wie sie noch nie zuvor begangen worden war.

10
    Mera spürte, dass si e Hekendialondilans Mutter nicht willkommen waren. Aber es gab im Moment keine andere Möglichkeit, als auf die Hilfe dieser Frau zu hoffen. Sie trat auf die Dame zu, die sie um mehr als die doppelte Haupteslänge überragte, dabei aber dünner war als sie selbst, und verneigte sich tief.
    »Verzeiht, Herrin, dass wir Euch stören, doch wir sind auf der Suche nach meiner Großmutter. Sie ist eine blaue Hexe und heißt Merala.« Noch während sie es sagte, stellte Mera fest, dass sie den Faden wieder spürte, der von Timpo ausging. Er wies nicht mehr nach Süden, sondern eher nach Westen und schien weitaus kräftiger zu sein als sonst. Das konnte nur eines bedeuten: Ihre Großmutter hielt sich nicht allzu weit entfernt auf.
    Hekerenandil hatte diese zusätzliche Verwicklung befürchtet, seit sie das Blau des Mädchens gespürt hatte. Auch bei dieser Angelegenheit hatte Sianderilneh vollendete Tatsachen geschaffen und den Magier samt der Hexe entführt, ohne vorher den Großen Rat um Erlaubnis gefragt zu haben. Die Cousine der Königin, aber auch Menanderah selbst hatten so getan, als wäre diese Tat die einzige Möglichkeit, das Schreckliche, unter dem ihr ganzes Volk litt, vor den Menschen geheim zu halten. Offensichtlich aber hatte Sianderilneh die Menschen unterschätzt oder vorschnell und wenig umsichtig gehandelt. Sonst wäre es den vieren, die nach menschlichen Verhältnissen noch Kinder waren, nicht gelungen, der Spur der Entführten mit Hilfe ihres Salasas bis hierher zu folgen. Vermutlich würden auch noch andere kommen, und wenn Sianderilneh auch diese verschwinden ließ, würden die Runi noch mehr Schande auf sich laden, und früher oder später würde die Kunde ihres Versagens in alle Länder gehen. Mit dieser bitteren Erkenntnis wandte sich die Runi an Mera.
    »Sianderilneh hat falsch gehandelt. Das werde ich im GroßenRat zur Sprache bringen. Meine Tochter wird mich dorthin begleiten. Ihr anderen bleibt in meinem Heim und ruht euch aus!«
    Mera gab die Worte, die nur sie allein empfing, an ihre Freunde weiter und sah diese aufatmen. Dennoch wagte Girdhan es nicht, die von weißer Götterfarbe erfüllte Frau anzusehen. Careela empfand jedoch keine Dankbarkeit, denn sie vermochte es kaum zu überwinden, dass auch diese Dämonin einer so unbedeutenden Person wie Mera ihre Aufmerksamkeit schenkte und sie selbst völlig missachtete. Mit trotziger Miene schritt sie auf Hekerenandil zu und neigte ganz knapp den Kopf.
    »Ich bin Careela, Prinzessin von Ardhenu und die einzige Schwester von Ardheela, der regierenden Fürstin meines Volkes!«
    Wenn sie gehofft hatte, damit die Achtung der Runierin zu erringen, sah sie sich getäuscht. Hekerenandil wandte sich Mera zu und fragte auf ihre unhörbare Weise: »Wer ist das denn? Sie tut gerade so, als wäre sie eine Tochter der Linirias höchstpersönlich!«
    Mera stellte fest, dass Hekendialondilans Mutter einen gewissen Sinn für Humor zu besitzen schien, und musste sich das Lachen verkneifen. Linirias war die Göttin der violetten Farbe und damit die oberste Gottheit der Ardhuvölker. Auch wenn diese Leute ein wenig eigenartig waren, so behauptete doch niemand von ihnen, von der Göttin selbst abzustammen. In ihrem eigenen Volk sah die Sache anders aus. Königin Ilna behauptete von sich, über viele Generationen eine Nachfahrin der großen Ilyna zu sein, ohne daraus jedoch den Anspruch auf göttliche Ehren abzuleiten.
    Da Mera ihre Gedanken nicht verbergen konnte, bekam Hekerenandil ihre Überlegungen mit und lächelte. In den Adern der jungen Hexe floss wahrscheinlich mehr vom Blute der Blauen Göttin als im gesamten Adel ihres

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