Der Feuerthron
sich zu einer luftigen Kugel vereinigt und umschlossen so ihre Behausung. Im Vorbeigehen pflückte sie ein paar der Früchte und fütterte damit ihr Salasa, das es sich auf ihrer Schulter bequem gemacht hatte. Das Schmatzen des Tierchens entlockte ihr ein Lächeln, denn es drückte Freude und Zuneigung aus. Mit einem Mal aber fiepte das Salasa empört und starrte nach vorne.
Da Hekerenandil gelernt hatte, den Reaktionen des Tieres zu vertrauen, begann sie zu laufen. Nach kurzer Zeit erreichte sie das Ufer einer fast kreisrunden, sandigen Bucht, die zum Meer hin von bizarren Felsen eingerahmt wurde. Nur eine Stelle von vielleicht zwanzig Schrittlängen Breite war zum Meer hin offen, und dort segelte soeben das Boot ihrer Tochter herein. Sofort nahm die Runi eine starke blaue und eine schwächere schwarze Präsenz wahr, die sich neben ihrer Tochter auf dem Boot befanden, dazu zwei fast unmagische Wesen, die Hekerenandil als Menschen einstufte. Dann gab es da noch ein normales Tier und ein Salasa, dessen magische Farbe zu ihrem Erstaunen nicht weiß war, sondern ein recht kräftiges Blau.
Ihr Gefühl hatte sie also nicht getrogen. Es gab Schwierigkeiten. Hekerenandil tadelte ihre Tochter in Gedanken, ohne ihren Ärger jedoch auszusenden. Es war streng verboten, Fremde nach Runia zu bringen, und sie konnte sich daher nur vorstellen, dass das Mädchen Schiffbrüchige aufgefischt und es nicht übers Herz gebracht hatte, sie ihrem Schicksal zu überlassen.
Regungslos wie eine Statue wartete sie, bis das Boot mit einer eleganten Schleife angelegt hatte und ihre Tochter von Bord ging. In dem Augenblick, in dem Hekendialondilan das Ufer betrat, zuckten ihre Ohren beinahe schmerzhaft, so stark waren die Empfindungen, die zu ihr herüberströmten. Ihre Tochter wirkte erschöpft und so schwach wie nach einer schweren Verletzung. Hatte das Mädchen in seinem jugendlichen Leichtsinn zu viel riskiert undwar von den Fremden krank aufgefunden worden? Sie ertastete Spuren blauer Heilmagie an ihr, die von dem Mädchen mit Hexenblut stammte, welches Hekendialondilan nun stützte.
Wie es aussah, musste sie der Fremden dankbar sein für die Hilfe, die sie ihrer Tochter geleistet hatte, und daher entbot sie dem Menschenmädchen einen lautlosen, aber freundlichen Gruß.
Die blaue Hexe schüttelte irritiert den Kopf, deutete dann aber eine Verbeugung an und begann zu sprechen. Es war für Hekerenandil ungewohnt, Laute zu hören, die nicht die Natur hervorgebracht hatte, sondern ein anderes intelligentes Wesen. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie selbst zuletzt mit dem Mund gesprochen hatte. Es musste zu einer Zeit gewesen sein, in der Hekendialondilan noch ein winziges Bündel Leben gewesen war und sie sich mit ihr zusammen eingesponnen hatte, um ihre Tochter auf ihr Leben als Runi vorzubereiten. Es dauerte einige Augenblicke, bis sie sich daran erinnerte, dass Menschen nicht die Gabe des lautlosen Gesprächs besaßen und sich auch deren Magier und Hexen durch Laute miteinander verständigten.
Dennoch sah sie keinen Grund, von ihren eigenen Gewohnheiten Abstand zu nehmen. Sie nickte den drei Menschen kurz zu, dem schwarzen Jungen etwas knapper als den beiden anderen, und fasste dann Hekendialondilans Hände.
»Was ist geschehen?«, fragte sie und erhielt Bilder zur Antwort, die sie zornig auffahren ließen.
Sie hatte sich schon mehrmals mit Sianderilneh gestritten und auch Königin Menanderah Vorhaltungen gemacht, weil die beiden den von Gurrland bedrängten Menschen keine Hilfe zukommen lassen wollten. Leider dachten nur wenige so wie sie, denn der größte Teil des Volkes war mit Menanderahs Entscheidungen einverstanden. Hekerenandil kannte zwar die Gründe dafür, teilte sie aber nicht. Doch selbst ihre Opposition zur Königin und deren Getreuen durfte ihre Tochter nicht dazu bringen, gegen das Gesetz zu handeln.
»Es war unbedacht von dir, diese Insel aufzusuchen und Sianderilnehs Spuren zu folgen. Sie wird behaupten, du hättest es auf meine Anweisung hin getan, und damit meinen Einfluss im Rat noch mehr mindern«, schalt sie ihre Tochter, allerdings so, dass das blaue Hexenmädchen nichts davon mitbekommen konnte.
»Sianderilneh hat gegen das Gesetz verstoßen. Ich wollte dir den Beweis bringen, damit du ihn gegen sie verwenden kannst«, verteidigte Hekendialondilan sich verärgert, weil sie Verständnis anstatt eines Tadels erwartet hatte.
»Das mag sein! Aber du hättest zurückkommen und es mir berichten müssen,
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