Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der fiese Fall des Hannibal

Der fiese Fall des Hannibal

Titel: Der fiese Fall des Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tonollo
Vom Netzwerk:
stockte sie und Pit ergänzte ungeduldig: »… und dein Vater …« »Richtig!«, bestätigte Polly. »Und mein Vater!« Sie machte eine kurze Pause. »So!«, sagte sie schließlich. »Damit wäre dann ja alles geklärt!«
    Pit traute seinen Ohren kaum. »Polly! Was ist mit den Zwillingen, deiner Mutter und deinem Vater?«
    »Na ja …« Polly schaute verlegen auf ihre Füße, die einen Kreis nach dem anderen in den staubigen Boden malten. »Und … Gunther, der Gärtner … und Karla, die Köchin … und Bruno, der Butler … sogar Hannibal, unser Mini-Yorkshire-Terrier … Sie alle sind …«
    Pits Augen wurden größer. »Ja …?«
    »Sie alle sind … anders!«
    »Ach …«, erwiderte Pit, »… und was genau bedeutet das?« Polly schluckte. »Also … zum Beispiel … finden sie alles schön, was wir hässlich finden!«
    Pits Blick schweifte über die Disteln und das Dornengestrüpp vor dem schwarz angestrichenen Haus, dessen Farbe an einigen Stellen abgeblättert war.
    »Und sie …«, Polly schluckte, »sie können … im Dunkeln sehen.«

Familie Rottentodd
     
    Pit schaute Polly ungläubig an. »Was meinst du damit – sie können im Dunkeln sehen?«
    »Sie merken überhaupt nicht, wenn es dunkel wird«, antwortete Polly. »Kein Unterschied zwischen Tag und Nacht, verstehst du?«
    Pit schüttelte den Kopf.
    »Sie brauchen nachts kein Licht. Im ganzen Haus gibt es keine elektrischen Lampen, nur für mich haben sie ein paar Kerzen besorgt.«
    Pit räusperte sich. »Und warum kannst du nicht im Dunkeln sehen?«, fragte er.
    »Keine Ahnung!« Polly zuckte mit den Schultern.
    »Meine Mutter sagt immer, ich sei eine Laune der Natur. Und alle bedauern mich dann, weil ich so eine kurze Lebenserwartung habe.«
    »Was?«, rief Pit entsetzt.
    »Nein, nein! Versteh mich nicht falsch. Es ist nur so, dass sie zehnmal älter werden als wir Menschen.«
    »Zehnmal älter?«, wiederholte Pit und schaute Polly aus weit aufgerissenen Augen an.
    Polly seufzte. »Meine Eltern sind über dreihundert Jahre alt, sehen aber aus, als wären sie Mitte dreißig. Pampe und Palme wurden vor hundertelf Jahren geboren, sie benehmen sich jedoch wie Elfjährige.«
    »Aber du bist vor zwölf Jahren auf die Welt gekommen – und zwölf Jahre alt?«, hakte Pit nach.
    »Genau! Eben wie ein ganz normaler Mensch.« Polly überlegte, ob sie Pit noch erzählen sollte, dass ihre Familie bei Vollmond summend auf schwarzen Campingstühlen im Freien saß. Dass sie von Hexen, Zauberern und allerlei anderen Wesen abstammte. Dass sie ihre magischen Fähigkeiten jedoch verloren hatte. Und dass sie mit Vorliebe Kakerlaken, Maden und Quallen aß. Sie entschied aber, nicht mehr zu sagen. Sollte Pit tatsächlich bis zum Essen bleiben, würde er ihre Familie noch früh genug besser kennenlernen. Und sie hoffte so sehr, dass er blieb. Pit war der Einzige, mit dem sie sich seit ihrem Umzug nach Ätzdorf angefreundet hatte.
    Karla riss sie aus ihren Gedanken. »Extrawurste für Menschen bedauernswerte sind fertig!«, rief sie aus dem Küchenfenster. »In eine Minute und noch eine Minute alle können essen!«
    Polly sah Pit hoffnungsvoll an. »Was ist? Kommst du in einer Minute und noch einer Minute mit zum Essen?«
    Pit schaute sich abermals in dem steinigen, von Unkraut überwucherten Garten um, als würde er dort die Antwort finden. Dann sagte er lässig: »Na klar! So was lasse ich mir doch nicht entgehen!«
    Als Pit das Haus betrat, konnte er ein erschrockenes Ah! gerade noch unterdrücken. Wo er auch hinsah – überall standen Särge. Aufeinandergestapelt an den Wänden, zwischen den Türen …
    »Mein Vater hat ein Bestattungsunternehmen«, entschuldigte sich Polly. »Er sucht immer noch nach neuen Geschäftsräumen … sagt er jedenfalls.« Leise fügte sie hinzu: »Aber ich glaube, er hat überhaupt keine Lust mehr auf den Job. Meine Eltern haben nämlich jede Menge Geld geerbt.«
    Sie deutete auf eine Tür. »Dort ist das Esszimmer.«
    »Da seid ihr ja endlich!«, rief Pampe erleichtert, als die beiden hereinkamen. »Hab ich vielleicht einen Hunger!«
    »Das ist Pit Nick aus meiner Klasse«, stellte Polly ihren neuen Freund vor.
    Frau Rottentodd blickte Pit neugierig aus ihren dunkel geschminkten Augen an. »Pamphilius und Palmatius haben uns schon erzählt, dass wir heute mit einem Gast speisen werden«, sagte sie mit einem kühlen Lächeln.
    »Wer?«, fragte Pit mit leicht bebender Stimme.
    »Pampe und Palme«, erklärte Polly schnell und schob Pit in

Weitere Kostenlose Bücher