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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ernstlich beunruhigte.
    Mit Ende des Septembers pflegten der Marquis, die Marquise und deren Sohn das Besitzthum von Trelingar zu verlassen. Mußte er ihnen nach England oder Schottland folgen, so schwand ihm jede Hoffnung, die Familie Mac Carthy wieder aufzufinden.
    Außerdem lag ihm auch Birk am Herzen, den er auf keinen Fall verlassen wollte.
    »Ich werde ihn behalten, versicherte eines Tages die freundliche Kat, ich werde schon für ihn sorgen.
    – Ach ja, Sie haben ein gutes Herz, antwortete Findling, Ihnen könnte ich ihn anvertrauen, und wenn ich bezahle, was sein Futter kostet…
    – Warum nicht gar! fiel ihm Kat ins Wort, so war es nicht gemeint!… Ich habe das arme Thier einmal gern…
    – Und doch, er darf Ihnen nicht zur Last fallen. Wenn ich aber von hier mit weggehe, sehe ich ihn den ganzen Winter, ja vielleicht niemals wieder…
    – Warum, mein Kind?… Wenn Du zurückkommst…
    – Zurückkommen, Kat?… Bin ich denn so sicher, nach dem Schlosse zurückzukehren, wenn ich einmal daraus weg bin? Da unten… wohin sie gehen… da können sie mich ja fortschicken, oder… oder ich laufe vielleicht selbst davon…
    – Was sagst Du da?
    – Jawohl, ich gehe der Straße nach, wohin es Gott gefällt… wie ich es früher gethan habe.
    – Armes Kind!… Armer Junge! seufzte die gute Frau.
    – Ich frage mich auch, Kat, ob es nicht das beste wäre, sofort zu brechen… das Schloß mit Birk zu verlassen… mir irgendwo bei einem Farmer, nicht zu weit von hier und nahe der Küste, Arbeit zu suchen…
    – Du bist ja noch nicht elf Jahre alt!
    – Nein, Kat, noch nicht!… O, wenn ich zwölf oder dreizehn wäre… dann wär’ ich groß… hätte ein Paar starke Arme und fände wohl Beschäftigung. Wie langsam schleichen die Jahre doch hin, wenn man unglücklich ist…
    – Und wie lange dauern sie!« hätte die gute Kat antworten können.
    Da ereignete sich ein Zufall, der dieser Ungewißheit ein plötzliches Ende machte.
    Am 15. September war es, wo Lord und Lady Piborne also nur noch vierzehn Tage in Trelingarcastle verweilen sollten, und hier begann man bereits mit dem Einpacken. Im Gedanken an den Vorschlag der Kat bezüglich Birks, mußte sich Findling fragen, ob Scarlett wohl auch den Winter über auf dem Schlosse bleiben würde. Ja, er blieb hier als oberster Verwalter des Besitzthums. Der in der nächsten Umgebung umherschweifende Hund konnte von ihm gar nicht unbemerkt bleiben, und niemals würde er der Wäscherin gestatten, jenen bei sich zu behalten. Die Kat mußte Birk sein Futter also heimlich zustellen, wie sie es schon einmal kurze Zeit gethan hatte. Erfuhr Scarlett aber gar, daß der Hund dem jungen Groom gehörte, dann hätte er sich gewiß beeilt, das dem Grafen Ashton zu hinterbringen, und dieser wieder hätte kein größeres Vergnügen haben können, als dem Thiere, wenn es ihm in den Weg kam, eine Kugel zwischen die Rippen zu jagen.
    Am genannten Tage trollte Birk, entgegen seiner Gewohnheit, schon des Nachmittags in der Nähe der Wirthschaftsgebäude einher. Der Zufall – der unglückliche Zufall wollte es, daß einer der Hunde des Grafen Ashton, ein bissiger Wachtelhund, auf der Landstraße umherlief.
    Sobald sie sich witterten, gaben die beiden Thiere durch dumpfes Knurren ihrer gegenseitigen feindlichen Stimmung Ausdruck. Schon ihrer Rasse wegen hätten sie sich schwerlich vertragen. Der Lords-Hund konnte für den Bauern-Hund nur tiefe Verachtung hegen, seine bissige Natur veranlaßte ihn aber zum Angriffe vorzugehen. Sobald er den ruhig am Waldessaume stehenden Birk erblickte, lief er, die Zähne fletschend, auf diesen zu.
    Birk ließ ihn auf halbe Leibeslänge herankommen und behielt ihn scharf im Auge, um nicht überrascht zu werden, während er sich mit eingezogenem Schwanze selbst sprungfertig hielt.
    Plötzlich, nach kurzem, wüthendem Gebell, stürzte sich der Wachtelhund auf Birk und biß ihn in die Seite. Was nun kommen mußte, kam. Mit einem Satze war Birk dem Feinde an der Kehle, die er ihm aufriß.
    Das ging nicht ohne ein schreckliches Geheul ab. Die beiden andern, noch im Hofe befindlichen Hunde, schlugen ebenfalls an. Das machte Aufsehen, und sogleich kam der Graf Ashton mit dem Verwalter herzugelaufen.
    Kaum aus dem Gitterthore, bemerkte er den Wachtelhund, der unter den Zähnen Birks röchelte.
    Da!chrie er laut auf, wagte aber, aus Angst, dasselbe Los zu theilen, nicht, seinem Hunde zu Hilfe zu kommen. Sobald Birk den jungen Mann bemerkte, machte er dem

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