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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dem Dienste als Groom untauglich fühle. Niemand hatte ein Recht, ihn zurückzuhalten, und wenn er wegen seines Verlangens gescholten werden sollte, so fand er sich damit schon im Voraus ab. In der Erwartung, Knall und Fall weggejagt zu werden, zog er die Kleidung von der Farm her an, die zwar etwas abgenutzt, aber reinlich war, da er sie immer sorgfältig aufbewahrt hatte, und steckte die Börse mit seinem seit drei Monaten gesparten Lohn zu sich. Wenn er dann dem Lord Piborne seine Absicht, das Schloß zu verlassen, in höflichster Form mitgetheilt hätte, wollte er diesen auch noch um seinen halbmonatlichen Gehalt – bis zum 15. September – bitten, und endlich versuchen, der Kat Lebewohl zu sagen, ohne sie bloßzustellen. Hatte er dann Birk in der Nachbarschaft aufgefunden, so würden beide – gleichmäßig befriedigt, von Trelingarcastle wegzukommen – auf und davon gehen.
    Erst gegen neun Uhr kam Findling nach dein Hofe hinunter, wo er mit Verwunderung hörte, daß der Graf schon seit Sonnenaufgang ausgegangen sei. Sonst brauchte dieser stets seinen Groom, um ihm beim Ankleiden behilflich zu sein, was niemals ohne Nörgeleien und grobe Vorwürfe abging.
    Zu dieser Verwunderung kam aber bald noch eine sehr gerechtfertigte Beunruhigung, als er bemerkte, daß weder Bill, der Piqueur, noch die Hunde da waren.
    Kat stand eben an der Thür des Waschhauses und winkte ihn zu sich heran.
    »Der Graf ist mit Bill und den beiden Hunden aufgebrochen, flüsterte sie ihm zu, sie wollen auf Birk Jagd machen.«
    Vor Erregung und Ingrimm konnte Findling zuerst gar nicht antworten.
    »Nimm Dich in Acht, mein Junge, setzte die Wäscherin hinzu. Der Verwalter beobachtet uns; es darf nicht sein….
    – Es darf nicht sein, daß Birk getödtet wird, rief er endlich, da hab’ ich auch ein Wort mit dreinzureden….
    – Was sagst Du da, Groom, und was machst Du überhaupt hier?« fragte Scarlett, der einige Brocken des Gesprächs aufgefangen hatte.
    Der Groom wollte sich in keine Verhandlung mit dem Schloßverwalter einlassen und erwiderte darauf ruhig:
    »Ich wünsche nur mit dem Herrn Grafen zu sprechen.
    – Das kannst Du, wenn er zurückkommt, erwiderte Scarlett, wenn er dem verwünschten Köter draußen eins aufs Fell gebrannt hat….
    – Das wird er nicht thun, fiel Findling ein, der sich zwingen mußte, ruhig zu bleiben.
    – Wirklich?…
    – Nein, Herr Scarlett; und wenn er ihn aufjagt, sag’ ich Ihnen, daß er das Thier nicht tödten wird.
    – Und warum nicht?…
    – Weil ich ihn daran hindern werde!
    – Du?…
    – Ich, Herr Scarlett! Jener Hund gehört mir und ich lasse ihn nicht tödten!«
    Während der Verwalter von dieser Erklärung noch ganz verblüfft dastand, stürmte Findling schon aus dem Hof und hatte bald den Saum des Waldes erreicht.
    Hier zwängte er sich wohl eine halbe Stunde lang durch das Buschwerk, wobei er zuweilen innehielt, um zu hören, ob ihn ein Geräusch auf die Spur des Grafen Ashton führen könnte. Der Wald war todtenstill, und ein Gebell hätte von sehr weit her vernehmlich sein müssen. Nichts wies aber darauf hin, daß Birk von den Wachtelhunden des jungen Piborne etwa wie ein Fuchs gehetzt würde; ebensowenig konnte er sich klar werden, welche Richtung er wohl einzuschlagen hätte.
    Das war eine Ungewißheit zum verzweifeln! Möglicherweise befand sich Birk, wenn die Hunde ihn verfolgten, schon sehr fern von hier. Wiederholt rief er dessen Namen in der Hoffnung, daß das treue Thier seine Stimme hören würde. Er fragte gar nicht, was er thun würde, um den Grafen Ashton und dessen Rüdenmeister an der Tödtung Birks zu verhindern, wenn ihnen dieser zum Schusse kam – er wußte nur, daß er ihn vertheidigen würde, und daß ihm die Kraft nicht fehlen würde, das zu thun.
    So auf gut Glück weiter gehend, hatte sich Findling schon gegen zwei Meilen vom Schlosse entfernt, als er aus der Entfernung von einigen Hundert Schritten und hinter einer Gruppe großer Bäume, die neben einem Teiche aufragte, lautes Bellen hörte.
    Findling blieb stehen: er hatte die Stimme der Wachtelhunde erkannt.
    Ohne Zweifel war Birk jetzt aufgestöbert worden und vielleicht schon mit den vom Piqueur aufgehetzten Hunden in Kampf gerathen.
    Bald ließen sich auch deutlich folgende Worte vernehmen:
    »Achtung, Herr Graf!… Wir haben ihn!
    – Ja, Bill… hierher… hierher!…
    – Nun drauf, packt ihn!« rief Bill den Hunden zu.
    Findling eilte nach der Stelle zu, woher der Lärm erschallte. Kaum hatte er

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