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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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selten unter den hereintreibenden Dunstmassen vom Meere, das schäumend in die enge, nach Süden zu durch ein schroffes Vorgebirge abgeschlossene Bai von Killircey fluthet. Wie überall auf der Smaragdenen Insel finden sich auch bei Bray zahlreiche Ruinen: hier die Ueberreste einer alten Benedictinerabtei, dort eine Gruppe sogenannter Martellothürme, die im 13. Jahrhundert zur Küstenvertheidigung dienten. Erklimmt man den Abhang des Caps, so kann man mittelst guten Fernrohres und bei günstiger Witterung die Umrisse der Walliser Berge jenseits des Irischen Meeres erkennen. Findling erfreute sich jedoch an dieser Aussicht nicht, einmal weil er kein Fernrohr besaß, und dann, weil er Bray unerwartet schnell verlassen mußte.
    Auf dem sandigen, von den Wellen weithin überspülten Strande tummeln sich sehr viele Kinder, ebenso wie längs der »Parade«, d. i. des Molos von Bray.
    Hier treffen die kleinen pausbäckigen und rothwangigen Reichen zusammen, deren Leben nur ein ununterbrochener Sonnenschein war, Knaben, die die Ferienzeit genießen, und Mädchen, die sich unter der Aufsicht ihrer Mütter und Erzieherinnen belustigen. Man wäre jedoch nicht in Irland, wenn – selbst hier in Bray – nicht das darbende Elend durch eine Rotte zerlumpter Jungen vertreten gewesen wäre, die den Tang am Ufer durchwühlten.
    Die ersten drei Tage waren – was den Handel der Knaben betraf – recht ergiebig, so daß der Karren sich beinahe leerte. Sein Inhalt bestand auch aus Dingen, die den fremden Kindern viel Vergnügen versprachen, aus billigen, reichen Gewinn abwerfenden Spielwaaren. Mit den Vögeln Bobs wurde ebenfalls hübsches Geld verdient. Von früh vier Uhr beschäftigte sich dieser mit dem Fange, der seinen Käfig meist schnell füllte. Am Nachmittage drängte sich dann die jugendliche Kundschaft, ihn wieder zu entleeren. Immerhin durften Findling und Bob ihr Reiseziel Dublin nicht aus den Augen verlieren; sie freuten sich ja auch gar zu sehr darauf, den »Vulcan« dort vor Anker und Grip auf seinem Posten zu finden, Grip, von dem sie nun schon seit mehreren Monaten ohne jede Nachricht waren.
    Findling gedachte also am folgenden Tage aufzubrechen, als ein Zwischenfall eintrat, der seine Abreise unerwarteter Weise noch beschleunigte.
    Es war am 13. Juli. Gegen acht Uhr des Morgens kam Bob mit dem frischbevölkerten Käfig nach dem Hafen, wo er für den letzten Tag noch eine reiche Ernte zu machen hoffte.
    Noch befand sich niemand am Strande oder auf der »Parade«.
    Als Bob gerade am Anfang des Molos vorüberkam, begegnete er drei Knaben von zwölf bis fünfzehn Jahren, übermüthigen Bürschchen in seiner Kleidung, mit dem Matrosenhut tief im Nacken und scharlachrothen, goldknöpfigen Jacken, die mit dem vorschriftsmäßigen Anker verziert waren.
    Bob wollte womöglich seinen Vorrath gleich bei dieser Gelegenheit abzusetzen suchen, da er ihn bis zur eigentlichen Badestunde wieder erneuern zu können hoffte. Die etwas höhnisch aussehenden und deshalb wenig Vertrauen erweckenden jungen Gentlemen veranlaßten ihn jedoch, davon abzustehen. Er fürchtete sammt seinen Vögeln einen übeln Empfang. Das Dreiblatt schien weit mehr aufgelegt, ihn und seinen Handel zu verspotten, darum ging er an den Knaben stumm vorüber.
    Das paßte aber den Bürschchen nicht, deren ältester – schon ein kleiner Herr mit recht boshaften Augen – Bob den Weg vertrat und ihn barsch fragte, wohin er gehe.
    »Ich will eben wieder nach Hause gehen, antwortete Bob höflich.
    – Und der Käfig da?…
    – Der gehört mir.
    – Die Vögel darin aber?…
    – Die hab’ ich heute früh gefangen.
    – Aha, das ist der Junge, der sich immer am Strande umhertreibt! rief da einer der drei Gentlemen. Den hab’ ich schon gesehen… ich erkenne ihn wieder…. Für zwei bis drei Pence läßt er allemal einen der Vögel fliegen….
    – Jetzt aber, fiel ihm der größere ins Wort, sollen alle ihre Freiheit umsonst haben… alle!«
    Damit entriß er Bob den Käfig, öffnete ihn, und die ganze gefiederte Gesellschaft flog davon.
    Für Bob war das ein fühlbarer Verlust, und er rief bestürzt:
    »Meine Vögel!… Meine Vögel!«
    Die frechen Knaben antworteten darauf nur durch ein höhnisches Gelächter.
    Erfreut durch ihre garstige Handlung, wollten sie sich schon nach dem Molo begeben, als sie hinter sich eine Stimme vernahmen.
    »Das war ein schlechter Streich, den Ihr ausgeführt habt!«
    Findling war mit Birk eben auf dem Platze erschienen. Er sah, was

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