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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mit ihm über diesen Vorfall sprechen muß und ihn schleunigst hier zu sehen wünsche.
    – Noch heute soll er die Mittheilung erhalten….
    – Wann brechen Sie auf?
    – Sofort, ich denke, noch vor dem Abend zurück zu sein.
    – Gut.«
    Das Erzählte spielte sich am Morgen des 29. April ab.
    Ohne jemand zu sagen, was er in Kanturk vorhabe, ließ sich Scarlett eines der besten Pferde aus dem Stalle satteln und wollte schon aufsitzen, als am Wirthschaftsthore, nahe dem Wächterhause, eine Glocke ertönte.
    Ein Flügel des Thores öffnete sich, und davor stand ein Kind von etwa zehn Jahren.
    Es war Findling.
Fußnoten
    1 Eine unter dem Eide gleichwerthiger Bekräftigung bei Gericht niederzulegende Urkunde meist über die Thatsachen eines Vorfalles, der gerichtlich verfolgt werden soll.
Zweites Capitel.
Im Laufe von vier Monaten.
    In der Provinz Munster liegt die Grafschaft Cork, die mit denen von Limerick und Kerry zusammenstößt. Sie erfüllt deren südlichen Theil zwischen der Bai von Bantry und Yougal-Haven. Ihre Hauptstadt ist Cork, und der wichtigste Hafenplatz der von Queenstown, an der gleichnamigen Bucht und einer der belebtesten Häfen von ganz Irland.
    Die Grafschaft durchschneiden verschiedene Eisenbahnlinien; die eine erstreckt sich über Mallow und Killarney bis nach Tralee. Oberhalb derselben, an dem Theile der Linie, die etwa längs des Blackwaterflusses verläuft, und sechs Kilometer südlich von Newmarket, liegt der Flecken Kanturk, zwei Meilen von diesem aber das Schloß Trelingar.
    Dieser prächtige Großgrundbesitz gehört der alten Familie der Piborne’s. Er umfaßt eine geschlossene Fläche von hunderttausend Acres (40.000 Hektaren) besten Bodens mit fünf-bis sechshundert Farmen, deren Ausbeutung dem Landlord die höchsten Einkünfte in der ganzen Umgegend sichert. Der Marquis von Piborne ist also schon hierdurch sehr reich, ohne von den andern Einnahmen zu reden, die ihm die Besitzthümer der Marquise in Schottland zuführen. Ueberhaupt wird sein Vermögen als eines der größten im ganzen Lande angesehen.
    Wenn der Lord Rockingham sein Grundeigenthum in der Grafschaft Kerry niemals besucht hatte, so konnte man dem Lord Piborne dagegen des verhaßten »Absentismus« nicht beschuldigen. Nach vier-bis fünfmonatigem Aufenthalt in Edinburg oder London, bewohnte er vom April bis zum November stets sein Trelingarcastle.
    Ein Grundbesitz von so großer Ausdehnung bedingt selbstverständlich auch sehr viele Pächter. Die ackerbauende Bevölkerung, die auf den Ländereien des Marquis lebte, hätte ein recht ansehnliches Dorf bilden können. Waren die Bauern von Trelingarcastle auch nicht von einem John Eldon für Rechnung des Herzogs von Rockingham bedrückt, und wurden sie nicht von einem Harbert für Rechnung eines John Eldon ausgesaugt, so darf man daraus noch nicht schließen, daß sie sich einer besseren Behandlung erfreuten. Hier gab man sich nur den Anschein größerer Milde. Der Verwalter hielt streng auf die pünktliche Abführung der Pachtzinsen und vertrieb die Pächter auch aus ihren Gehöften; er that das aber auf seine Art, er drückte ihnen sein Mitleid aus, beklagte sie, bekümmerte sich bei dem Gedanken, was ohne Obdach und Lebensunterhalt aus ihnen werden sollte, versicherte auch, daß solche Austreibungen seinem Herrn das Herz brächen… verjagt wurden die armen Leute aber doch, und höchst wahrscheinlich empfanden sie es als keinen besondern Trost, daß Seine Herrlichkeit darum trauerte.
    Das zur Zeit der Stuarts erbaute Schloß war gegen dreihundert Jahre alt, es reichte also nicht bis zur Epoche der Plantagenets zurück, worauf die Piborne’s so stolz waren.
    Der gegenwärtige Besitzer hatte das Aeußere des Bauwerks neu herstellen lassen, um ihm mehr das Aussehen eines Feudalsitzes zu verleihen. Da waren Zinnen angebracht, Spitzthürmchen und Wachthäuschen errichtet und über einen Graben eine Zugbrücke, die nie aufgezogen, und ein Fallgatter, das nie herabgelassen wurde.
    Das Innere enthielt sehr geräumige Gemächer mit mehr Comfort, als ihn die Zeiten Eduards IV. oder Johanns ohne Land zu bieten pflegten. Diese verborgene Stilwidrigkeit entsprach freilich den Bedürfnissen der verwöhnten Schloßbewohner.
    An den Seiten des Schlosses erhoben sich die Communs (Dienerwohnungen) und Nebengebäude, Ställe, Wagenschuppen und Wirthschaftsräume. Davor lag ein weiter Ehrenhof mit prächtigen Buchen, nach außen zu abgeschlossen von zwei Pavillons neben einem verzierten

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