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Der fingerkleine Kobold

Der fingerkleine Kobold

Titel: Der fingerkleine Kobold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: EDITION digital Verlag
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den Gängen zwischen den Bänken rannten sie hin und her, schreiend
und lachend. Lutz stand auf seiner Bank und sang laut und falsch das Lied vom
kleinen Trompeter. Nur Simone und Dieter saßen ruhig auf ihren Plätzen.
    Das Geschrei war so groß, dass niemand die Klingel hören
konnte. Christoph setzte sich bedrückt auf seinen Platz. Strups war nicht mehr
da. „Du hast es gut", flüsterte Christoph, „liegst in deinem Kästchen und
brauchst diesen Lärm nicht auszuhalten!" Er wunderte sich, dass Strups
nicht antwortete.
    Aber da stand schon Herr Wagner in der Tür.
    Er ging nicht wie sonst sofort nach vorn zum Lehrertisch, er
lächelte auch nicht wie sonst das lärmende Durcheinander an; er stand einfach
da, ganz stilI, ganz ernst, nicht drohend, nur so, wie jemand, der auf etwas
wartet. Und er sah sie alle der Reihe nach an, ohne zu blinzeln, seine Augen
schimmerten schwarz und listig. Plötzlich war es in der Klasse ruhig. Niemand
hätte sagen können, wodurch und warum, es war einfach ruhig, alle gingen an
ihre Plätze, als letzter schob sich Lutz von seiner Bank herunter. Da erst ging
Herr Wagner nach vorn, ohne die Kinder aus den Augen zu lassen. Das Auspacken
der Gitarre schien heute weniger umständlich zu sein, die Gitarre musste nicht
erst gestimmt werden, Herr Wagner schlug sofort einen Akkord an, er rief:
„Guten Tag, du neuer Morgen!" Und gleich sangen alle los, keinem fiel ein,
etwa ein Abendlied dazwischenzusingen, wie es an der vorletzten Woche dem Lutz
in den Sinn gekommen war.
    Als das Lied zu Ende war, hatten sie keine Zeit zum
Nachdenken, zum Reden oder Lärmen gar, Herr Wagner rief gleich Christine zur
Leistungskontrolle. Da staunten alle, weil er nicht vergessen hatte, dass
Christine in der vergangenen Stunde das neue Lied nicht gekonnt hatte. Sie
konnte es auch heute nicht. Sie bekam auch wirklich eine Fünf, das ging ganz
schnell, und schon wurde Lutz aufgerufen. Er sollte sein Notenheft vorzeigen,
und wieder staunten alle: Herr Wagner hatte nicht vergessen, dass Lutz zu heute
die Dreiklänge sauber abschreiben soll!
    Herr Wagner hatte überhaupt nichts vergessen, was er in der
vergangenen Stunde gesagt hatte. Wie war das nur möglich? Er vergaß doch sonst
sogar, sich die Unterschriften der Eltern unter den Notenarbeiten zeigen zu
lassen. Er hatte doch noch niemals daran gedacht, sich fehlende Hausaufgaben in
der folgenden Stunde vorzeigen zu lassen, er redete doch nur immer davon! Alle
wunderten sich, am meisten wunderte sich Christoph.
    Bisher war noch niemand dazu gekommen, laut zu rufen oder
auch nur leise mit dem Nebenmann zu schwatzen.
    Plötzlich ging die Tür auf, Frau Becker sah herein,
murmelte: „Entschuldigung, aber ich sollte Sie vertreten, Sie seien in der
ersten Stunde zum Arzt, wurde mir eben gesagt."
    „Nein, nein, ich bin ja hier", rief Herr Wagner
fröhlich und fuhr mit dem Unterricht fort.
    Er sang ein neues Lied vor, ließ die Kinder die Bücher
öffnen, erklärte den Liedanfang: „Ein Sprung von Ro nach Ja, dann dreimal der
gleiche Ton", sagte er, „und nun singen wir alle den Anfang!"
    Es dauerte gar nicht lange, da sangen sie gemeinsam das Lied
von den Kindern der Welt. Dann erzählte Herr Wagner von den Kindern in Chile
und fragte nach der Höhe der Solidaritätsspende in der Klasse 3 a. Da wollten
alle berichten, wie viel Altstoffe sie gesammelt hatten, aber Herr Wagner rief
schnell: „Nicht alle auf einmal, zuerst Lutz!"
    Und Lutz, der noch in keiner Musikstunde etwas anderes als
Unsinn gemacht hatte, erzählte stolz, er habe in der letzten Woche allein vier
Mark zusammengebracht.
    Herr Wagner wollte auch noch wissen, was sich die 3 a für
den Kindertag vorgenommen hätte, und dann sangen sie noch einmal das Lied von
den Kindern der Welt. Und plötzlich klingelte es.
    Da wunderten sich alle, wie schön die Musikstunde gewesen
und wie schnell sie zu Ende gegangen war.
    Wie rasch Herr Wagner heute seine Gitarre einpackt, dachte
Christoph, und wie ruhig alle sind, obwohl es schon geklingelt hat!
    „Eigentlich ist Herr Wagner ganz in Ordnung", sagte
Irene plötzlich.
    „Ist doch mein Reden!", rief Christoph. „Und es macht
viel mehr Spaß, wenn nicht so ein Krach ist."
    Plötzlich sah er seinen Strups. Fingerklein und listig
lächelnd saß er auf der Bank. „Wo warst du nur so lange?“, fragte Christoph.
    „Das weißt du nicht?", wunderte sich Strups. „Dann
denke mal schön nach. Meinst du, ich sag dir alles?"
    „Ach so!“, staunte Christoph und hatte

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