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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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der anderen Neger zu begegnen. Dicht am überbauten Rad des Dampfers war allerdings noch eine andere Tür, die hinein in das Zwischendeck führte, aber dort konnte ihm ebensogut einer der gerufenen Neger begegnen. Und Sally - aber sie hatte ja Salomo gesehen und kannte die Gefahr, die ihnen drohte, und für den Augenblick blieb ihm nichts zu tun übrig, als sich selber soviel als möglich gedeckt zu halten.
    Mit der so plötzlich über ihn hereingebrochenen Gefahr wuchs ihm auch wieder der kecke Mut. Wie deshalb der Pflanzer den schmalen Außengang betrat, sah er ihn ruhig an, drehte sich dann langsam um und lehnte sich, in das Wasser hinausschauend, auf das Geländer. Er hörte die Neger hinter und neben sich sprechen, konnte fühlen, wie sie an ihm vorüberstreiften, aber er wandte den Kopf weder nach rechts noch links und pfiff dabei laut und unverdrossen den Yankee Doodle, die amerikanische Nationalmelodie, vor sich hin.
    Da hörten plötzlich die Räder auf zu schlagen - die aufgewühlten Wellen, zu denen er niedergeschaut, ließen nach, und nur durch sein eigenes Gewicht getrieben, durchschnitt der schwere Dampfer noch die Flut.
    »Hier steh bei, Sip...«, rief Salomo, geschäftig das eine Tau lösend, mit dem ihre schlanke Jolle neben dem breiten Schiffsboot des Dampfers angehängt war, »spring hinunter, Boy, und hilf Massa einsteigen!«
    Die Neger zogen das Boot rasch so dicht als möglich unter den ausgebauten Stern des Dampfers, und während die beiden Negertreiber ihrem Master von oben hinunterhalfen, stützten ihn unten die beiden anderen Schwarzen, daß sein Fuß ja nicht zu hart die Bank berühre.
    Ruhig, ohne eine Miene zu verziehen, ohne ein Wort des Dankes nur zu sagen, nahm der Pflanzer die sich von selbst verstehende Dienstleistung hin, und Salomo fest an der Schulter packend, um sich selbst dabei zu stützen, schritt er über die Bänke weg, dem weichgepolsterten Sitz am Steuer zu. Die anderen beiden Neger folgten ihm rasch nach, das Tau wurde von Bord aus losgeworfen, und »Go ahead« rief die Stimme des obern Offiziers dem Lotsen wieder zu. Das Zeichen wurde gegeben, die Räder fingen wieder an zu arbeiten, der Dampfer stemmte sich aufs neue in die Strömung, während sich das Boot dem Land zuwandte.
    Salomo, der das hintere Ruder führte, warf einen Blick nach dem Zwischendeck des Dampfers hinauf, aber der junge Bootsmann war von der Galerie verschwunden.

9. Die freie Fahrt
    Sally hatte indessen eine Stunde in wahrer Todesqual zugebracht und alle Angst und Pein der letzten Tage, nur mit doppelter Schärfe, noch einmal in der kurzen Zeit durchlebt. Das Herz voll goldener Hoffnung eines freien Lebens, saß sie halb träumend, halb wachend vor ihrer Koje; an Gefahr beinahe nicht mehr denkend, hatte sie ihre Umgebung schon fast vergessen und empfand nur das selige Gefühl, daß sie das Boot rasselnd und schnaubend weiter, immer weiter, dem Norden entgegenführte. Da blieb jemand der im Zwischendeck Umherstreifenden vor ihr stehen, und in der Meinung, Jack sei es, schlug sie die Augen zu ihm auf, fühlte aber auch in dem Moment ihr Herzblut stocken, denn vor ihr stand Salomo, der Neger ihres Herrn. Sie war nicht einmal imstande, die Augen wieder von ihm wegzunehmen - sie sah nur, wie der alte Schwarze erst einen vorsichtigen Blick um sich warf, ihr dann freundlich zublinzelte und nach der Koje deutete; dann schaute er sich um, als ob er noch hinter sich jemanden erwartete, und verließ langsam das Deck wieder.
    Erst als der Blick des Negers von ihr genommen, als sie die Gestalt desselben durch die schmale Tür verschwinden sah, kam sie wieder zu sich selber. Sie wußte, daß Salomo nie allein das Boot betreten haben würde, und in dem unbestimmten Gefühl, daß er sie nicht verraten würde, stand sie auf, drehte ihr Antlitz langsam der Wand zu und legte sich dann, mit einem Bonnet den Kopf bedeckend, in die niedere Koje vom Deck abgewandt. Als Salomo gleich darauf wieder einen flüchtigen Blick in den inneren Raum warf, sah er sie sehr zu seiner Zufriedenheit solcherart untergebracht und versuchte nun, wie wir schon wissen, ihren Begleiter ebenfalls zu finden.
    Regungslos blieb das Mädchen indessen in ihrer Stellung, und wenn auch ihr Körper ruhte, arbeitete die Seele doch in wilder peinigender Angst in ihr. Da hörte sie die Stimme ihres Herrn - wußte ihren Beschützer der Gefahr, die ihm so gut wie ihr drohte, ahnungslos ausgesetzt und durfte ihn nicht warnen. Auch die Stimmen der

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