Der Fledermausmann
führt.«
»Ich habe noch niemals eine so normale Junggesellenwohnung gesehen«, sagte Lebie.
»Die ist zu normal«, entgegnete Yong. »Das ist fast unheimlich.«
»Was übersehen wir?« fragte Harry.
»Wir sind überall gewesen«, sagte Wadkins. »Wenn es Spuren gibt, dann nicht hier. Das einzige, was der Typ, der hier wohnt, tut, ist essen, schlafen, fernsehen, scheißen und Telefonansagen auf seinen PC sprechen.«
»Du hast recht«, unterbrach ihn Harry. »Der Mörder Toowoomba wohnt nicht hier. Hier wohnt ein ganz normaler Kerl, der sich nicht davor fürchten muß, wenn man ihm genauer in die Karten schaut. Aber der andere? Kann es noch einen anderen Ort geben? Eine andere Wohnung, ein Ferienhaus?«
»Auf jeden Fall nichts, das auf seinen Namen registriert ist«, sagte Yong. »Das habe ich überprüft, bevor wir hierhergekommen sind.«
Das Handy klingelte. Es war McCormack. Er hatte mit der Telefongesellschaft gesprochen. Bei dem Argument, es gehe um ein Menschenleben, hatte man gekontert, daß es durchaus auch um Menschenleben gehen könnte, wenn die Bewohner des Viertels versuchten, den Rettungswagen zu rufen. Aber es war McCormack mit der Unterstützung des Bürgermeisters trotzdem gelungen, die Telefone dieses Blocks bis abends um sieben abzuschalten.
»Jetzt können wir hier drin ruhig auch rauchen«, sagte Lebie und fischte ein dünnes Zigarillo aus seiner Tasche, »Ascheauf den Teppich streuen und dicke Fußspuren im Flur hinterlassen. Hat jemand Feuer?«
Harry holte eine Schachtel Streichhölzer aus seiner Jacke und gab ihm Feuer. Er blieb sitzen und betrachtete die Streichholzschachtel mit offensichtlich steigendem Interesse.
»Wißt ihr, was das Besondere an diesen Streichhölzern hier ist?« fragte er.
Die anderen schüttelten pflichtbewußt die Köpfe.
»Hier steht, daß die wasserfest sind. ›Für alle, die sich am Meer oder in den Bergen aufhalten.‹ Hat jemand von euch wasserfeste Streichhölzer?«
Erneutes Kopfschütteln.
»Täusche ich mich, oder muß man in Spezialgeschäfte gehen, um so etwas zu kaufen, und daß die wohl etwas mehr als gewöhnlich kosten?«
Die anderen zuckten mit den Schultern.
»Auf jeden Fall sind das nicht normale, ich habe solche Streichhölzer noch nie gesehen«, sagte Lebie.
Wadkins schaute sich die Schachtel genauer an.
»Ich glaube, mein Schwager hat solche Streichhölzer auf seinem Boot«, sagte er.
»Die hab ich von Toowoomba«, sagte Harry, »er hat sie mir auf der Beerdigung gegeben.«
Es entstand eine Pause. Yong räusperte sich.
»Draußen im Gang hängt ein Bild von einem Segelboot«, sagte er zögernd.
Es w ar ein Uhr.
»Vielen Dank für deine Hilfe, Liz«, sagte Yong und legte das Handy zur Seite. »Wir haben es! Es liegt im Hafen der Lady Bay und ist auf einen Gert van Hoos registriert.«
»Okay«, sagte Wadkins. »Yong, du bleibst mit den zwei Beamten hier, falls Toowoomba doch noch auftaucht. Lebie, Harry und ich nehmen den Wagen und fahren da jetzt sofort hin.«
Es war wenig Verkehr, und Lebies neuer Toyota summte mit 120 vergnügt über die New South Head Road.
»No backup, Sir?« fragte Lebie.
»Wenn er dort ist, sind drei Mann mehr als genug«, sagte Wadkins. »Nach Aussage von Yong hat er keinen Waffenschein, und ich glaube auch nicht, daß er ein Typ ist, der gleich rumballert.«
Harry konnte sich nicht mehr beherrschen.
»Was ist das für ein Gefühl, Sir? Ist es das gleiche, das Ihnen gesagt hat, daß es eine gute Idee ist, in seine Wohnung einzubrechen? Oder den Sender in ihrer Tasche zu verstecken?«
»Holy, ich . . .«
»Ich frage ja nur, Sir. Wenn wir uns auf Ihr Gefühl verlassen sollen, dann müssen wir ja wohl, in Anbetracht all dessen, was geschehen ist, davon ausgehen, daß er sofort die Knarre zieht. Nicht daß . . .«
Harry spürte, daß er laut geworden war, und senkte ein wenig seine Stimme. Jetzt nicht, sagte er zu sich selbst. Noch nicht. Und dann vollendete er deutlich leiser seinen begonnenen Satz.
»Nicht daß ich etwas dagegen hätte, das heißt nur, daß ich ihn dann ja mit Blei vollpumpen darf«
Wadkins zog es vor, nicht zu antworten, sondern statt dessen mit saurer Miene aus dem Fenster zu starren, während sie schweigend dahinfuhren. Im Rückspiegel sah Harry Lebies vorsichtiges, unergründliches Lächeln.
Es war halb zwei.
»Lady Bay Beach«, sagte Lebie und zeigte nach vorne. »Übrigens ein passender Name. Das ist nämlich Sydneys Schwulenstrand Nummer eins.«
Sie entschlossen
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