Der Fledermausmann
Kristin. Vielleicht tat er das innerhalb von ein paar hektischen Sekunden, aber es handelte von einem halben Leben und konnte deshalb vielleicht doch länger gedauert haben. Sie trug seinen grünen Morgenmantel, streichelte ihm über die Haare und bat ihn, sie zu dem Ort, zu dem sie wollte, zu begleiten. Er fragte sie, wohin, doch da stand sie bereits in der offenen Balkontür, umgeben von flatternden Gardinen, und die im Innenhof spielenden Kinder machten so viel Lärm, daß er nicht hörte, was sie antwortete. Manchmal blendete ihn die Sonne, und er konnte sie nicht mehr sehen.
Er stand auf und ging auf sie zu, um zu hören, was sie gesagt hatte, aber sie lachte nur, trat auf den Balkon hinaus, kletterte auf das Geländer und entschwebte wie ein grüner Ballon. Sie erhob sich langsam über die Hausdächer und rief »Alle kommen! Alle kommen!« Später war er herumgerannt und hatte alle, die er kannte, gefragt, wo das Fest denn sein sollte, aber entweder wußten sie es nicht, oder sie waren bereits gegangen. Dann war er zum Frognerbad gegangen, aber er hatte nicht genug Geld dabei und mußte über den Zaun klettern.
Auf der anderen Seite des Zaunes hatte er bemerkt, daß er sich verletzt hatte. Sein Blut zeichnete eine rote Spur in das Gras und über die Fliesen und Treppen bis hinauf zum Zehner. Dort oben war niemand, und so legte er sich auf den Rücken,schaute in den Himmel und hörte den kleinen nassen Platschern zu, die seine Blutstropfen weit dort unten auf dem Beckenrand erzeugten. Hoch dort oben, nahe an der Sonne, glaubte er, eine schwebende grünliche Gestalt zu sehen. Er hielt sich die Hände wie ein Fernrohr vor die Augen und sah sie plötzlich ganz deutlich. Sie war so schön. Fast durchsichtig.
Einmal wachte er von einem Knall auf, der ein Pistolenschuß gewesen sein konnte, und lag da und lauschte dem Regen und dem Rauschen von King's Cross. Nach einer Weile schlief er wieder ein. Dann träumte Harry wieder von Kristin, die ganze Nacht. Nur daß sie ab und zu rote Haare hatte und Schwedisch sprach.
20 Ein PC, die Lady Bay und wie ein
Handy eigentlich funktioniert
E s war neun Uhr.
Lebie lehnte seine Stirn an die Tür und schloß die Augen. Zwei Polizisten standen mit schußsicheren Westen neben ihm und verfolgten das Geschehen gebannt. Ihre Waffen waren bereit. Hinter ihnen standen Wadkins, Yong und Harry auf der Treppe.
»Okay«, sagte Lebie und zog den Dietrich vorsichtig aus dem Schlüsselloch.
»Denken Sie daran, nichts zu berühren, falls die Wohnung leer ist!« flüsterte Wadkins den Polizisten zu.
Lebie stellte sich neben den Türrahmen und öffnete die Tür, woraufhin die beiden Polizisten, die Pistolen vorschriftsmäßig in beiden Händen, in die Wohnung stürmten.
»Sind wir wirklich sicher, daß da drinnen kein Alarm losgehen kann?« flüsterte Harry.
»Wir haben alle Sicherheitsdienste der Stadt überprüft, bei keinem ist diese Wohnung registriert«, sagte Wadkins.
»Ruhe, was ist das für ein Geräusch?« sagte Yong.
Die anderen spitzten die Ohren, konnten aber nichts Auffälliges hören.
»Somit können wir also die Bombenleger-Theorie vergessen«, sagte Wadkins trocken.
Einer der Polizisten kam wieder heraus. »Alles klar«, sagte er. Sie atmeten erleichtert auf und betraten die Wohnung. Lebie versuchte, das Licht im Flur einzuschalten, aber es funktionierte nicht.
»Merkwürdig«, sagte er und versuchte das Licht in dem kleinen, aber ordentlichen Wohnzimmer einzuschalten, aber auch das ging nicht. »Da muß eine Sicherung durchgebrannt sein.«
»Das macht nichts«, sagte Wadkins. »Es ist hier drinnen doch hell genug. Harry, du übernimmst die Küche. Lebie ins Bad und Yong?«
Yong stand vor dem PC, der auf einem Schreibtisch am Wohnzimmerfenster stand.
»Ich habe so ein Gefühl . . .«, sagte er. »Lebie, nimm dir eine Taschenlampe und überprüfe den Sicherungskasten im Flur.«
Lebie ging hinaus, und kurz darauf brannte das Licht im Flur, und es kam Leben in den Computer.
»Scheiße«, sagte Lebie, als er wieder den Raum betrat. »Es war ein Draht um die Sicherung gewickelt, den mußte ich erst wegmachen. Er führte an der Wand entlang und endete in der Tür.«
»Ein elektronisches Türschloß, nicht wahr? Die Sicherung war mit dem Türschloß gekoppelt, so daß der Strom unterbrochen wurde, als wir die Tür öffneten. Das Geräusch, das wir gehört haben, war der Ventilator des Computers, der sich abgeschaltet hat«, sagte Yong und drückte
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