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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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solchen Arsch Qualm ins Gesicht zu blasen, dachte Harry.
    »Okay«, sagte Andrew, als er keine Antwort bekam. »Evans White. Du wirst uns sagen, wo er ist, wer er ist und wie wir ihn schnappen können. Und zwar jetzt!«
    Kinski schaute sich um. Der hohlwangige, große Kopf drehte sich auf dem dünnen Hals hin und her und ließ ihn wieeinen Geier auf einem Stück Aas aussehen, der ängstlich Ausschau hält, ob die Löwen nicht zurückkommen.
    »Nur das?« fragte er. »Sonst nichts?«
    »Sonst nichts«, erwiderte Andrew.
    »Und wie kann ich wissen, ob ihr nicht zurückkommt und mehr von mir wollt?«
    »Gar nicht.«
    Er nickte, als sei ihm bereits klar, daß das die einzige logische Antwort war.
    »Okay. Er ist kein großer Fisch mehr, aber nach allem, was ich gehört habe, ist er wieder auf dem Weg nach oben. Er hat für Madame Rosseau gearbeitet, das ist die Graskönigin hier oben, aber jetzt hat er sein eigenes Busineß begonnen. Gras, LSD und vielleicht auch irgendwelche Morphine. Das Gras ist das gleiche, das auch die anderen hier verkaufen, aus lokaler Produktion. Aber er scheint gute Verbindungen nach Sydney zu haben und liefert Gras gegen sauberes, billiges LSD. Das ist hier im Moment der Renner.«
    »Nicht E oder Junk?« fragte Harry.
    »Warum das denn?« fragte Kinski sauer.
    »Nun, ich weiß nur, wie das bei uns ist. Da wo ich herkomme, geht man nach der House-Welle davon aus, daß mehr als fünfzig Prozent der Jugendlichen über sechzehn in England schon einmal Ecstasy genommen haben. Und nach Trainspotting ist Junk das Modedope Nummer . . .«
    »What? House? Trainspotting?« Der Mann blickte ihn verständnislos an. Harry hatte früher schon einmal bemerkt, daß die Geschehnisse der Gegenwart an den Junkies oftmals unbemerkt vorbeigingen.
    »Wo können wir Evans finden?« fragte Andrew.
    »Er ist zeitweise in Sydney, aber ich habe ihn vor ein paar Tagen in der Stadt gesehen. Er hat einen Sohn mit einer Frau aus Brisbane, die für gewöhnlich öfter hier auftaucht. Ich weiß nicht, wo sie im Augenblick ist, aber der Junge wohnt meistens auf dem Hof bei Evans, wenn er in Nimbin ist.«
    Er erklärte ihnen, wo der Hof lag.
    »Was ist White für ein Typ?« wollte Andrew wissen.
    »Tja, was soll ich sagen?« Er kratzte sich am Kinn, »ein charmantes Arschloch, so nennt man das wohl.«
    Andrew und Harry wußten nicht, ob man das so nannte, aber sie nickten als Zeichen, daß sie verstanden hatten.
    »Es ist in Ordnung, mit ihm zu dealen, aber ich möchte nicht in der Haut von seiner Frau stecken, wenn ihr wißt, was ich meine.«
    Sie schüttelten fragend die Köpfe.
    »Er ist ja so ein Beau und nicht gerade bekannt dafür, sich nur mit einer Biene zu begnügen. Es gibt ständig Ärger mit seinen Frauen, sie kreischen und machen Theater, und da ist es ja wohl kein Wunder, wenn die eine oder andere von ihnen mal mit einem blauen Auge auftaucht.«
    »Hm. Kennst du ein blondes, norwegisches Mädchen, das Inger Holter heißt? Sie wurde letzte Woche in der Watson Bay in Sydney tot aufgefunden, ermordet?«
    »Ja? Hab nie von ihr gehört.« Er war ganz offensichtlich kein neugieriger Zeitungsleser.
    Andrew drückte seine Zigarre aus, und er und Harry erhoben sich.
    »Kann ich mich darauf verlassen, daß ihr das Maul haltet?« fragte Kinski und schaute sie skeptisch an.
    »Natürlich«, erwiderte Andrew und bewegte sich auf die Tür zu.
     
    Das Revier der Polizei lag in der Hauptstraße, kaum hundert Meter vom Museum entfernt, und sah wie ein gewöhnliches Wohnhaus aus. Der einzige Unterschied war ein kleines Schild im Vorgarten, das darüber Auskunft gab, daß sich hier die örtliche Polizeistelle befand. Drinnen saßen der Sheriff und sein Assistent hinter großen Schreibtischen in einem geräumigen Zimmer, das außerdem ein Sofa, einen Wohnzimmertisch, ein Fernsehgerät, eine beeindruckende SammlungTopfpflanzen und ein Regal mit einer gediegenen Kaffeemaschine aufzuweisen hatte. Kleinkarierte Gardinen gaben dem Raum fast den Charme einer norwegischen Berghütte.
    »Good day«, sagte Andrew.
    »Good day, Sir«, antworteten der Sheriff und sein Assistent.
    »Mein Name ist Kensington, und das ist Holy. Unsere Dienststelle in Sydney hat unser Kommen wohl angekündigt und Ihnen mitgeteilt, warum wir hier sind?«
    »Teils ja, teils nein«, erwiderte der Sheriff. Er war ein blauäugiger, braungebrannter Kerl in den Vierzigern mit freundlichem Äußeren und einem kräftigen Händedruck. Er erinnerte Harry an den Vater in

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