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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Flipper, einen dieser sicheren, moralisch vorbildhaften australischen Alltagshelden in Khakishorts, die so einiges abkonnten.
    »Sydney war nicht so eindeutig. Wir haben verstanden, daß Sie auf der Suche nach einem Kerl sind, den wir aber nicht auf die Wache bringen sollten?« Der Sheriff erhob sich und strich seine Hose glatt. »Befürchten Sie, daß wir uns zu dumm anstellen? Glauben Sie, daß wir hier oben unsere Arbeit nicht können?«
    »No offense, chief. Wir wissen, daß Sie hier alle Hände voll zu tun haben mit der Kartierung von Marihuana, deshalb wollten wir Sie nicht auch noch mit diesem Kerl belästigen und sind selber gekommen. Wir haben eine Adresse, und wir wollen dieser Person eigentlich auch nur ein paar Fragen stellen.«
    Andrew schob zum Zeichen, daß es sich wirklich nur um eine Lappalie handelte, seine Unterlippe vor.
    Der Sheriff brummte unzufrieden. »Sydney oder Canberra, das ist immer der gleiche Mist. Sie geben Befehle und schicken ihre Leute, und wir hier vor Ort sind die letzten, die davon erfahren. Und wem wird die Schuld in die Schuhe geschoben, wenn etwas schiefgeht?«
    »Amen«, grunzte der Assistent hinter seinem Schreibtisch.
    Andrew nickte. »Regen Sie sich nicht auf. Uns geht es auchnicht anders. Wie man sich auch dreht und wendet, überall gibt es Chefs, die sich ihre Hände noch nie schmutzig gemacht haben. Das ist heute ganz einfach so. Wir, die wir vor Ort im Dreck wühlen und wissen, wie der Hase läuft, werden von Schreibtischtätern mit mittelmäßigen Juraexamen dirigiert, die nichts anderes als ihre Karriere im Kopf haben.«
    Harry beeilte sich, zustimmend zu nicken und vielsagend zu seufzen.
    Der Sheriff schaute sie skeptisch an, aber Andrews Gesicht war wie eine Maske. Obwohl er nicht wußte, was er von ihnen halten sollte, bot er ihnen Kaffee an.
    »Das ist ja wirklich eine gewaltige Maschine«, sagte Harry und deutete auf das Kaffeemaschinenmonster im Regal. Damit hatte er ins Schwarze getroffen.
    »Da läuft der Kaffee in einer Minute durch«, sagte der Sheriff stolz und gab ihnen eine kurze Einführung in die technischen Finessen.
    Nach ein paar Tassen Kaffee waren sie zu der Erkenntnis gelangt, daß das Rugbyteam der North Sydney Bears ein elitärer Scheißverein und der norwegische Schlittschuhfahrer und Freund von Samantha Reilly sicher ganz in Ordnung war.
    »Habt ihr übrigens die Demonstrationsaufrufe in der Stadt gesehen?« fragte der Assistent. »Sie fordern die Leute auf, morgen zum Hubschrauberlandeplatz zu kommen und unseren Heli umzustürzen. Sie meinen, es sei verfassungswidrig, Privateigentum zu fotografieren. Gestern haben sich fünf Leute festgekettet. Wir haben den Heli erst am späten Nachmittag in die Luft bekommen.«
    Sheriff und Assistent warfen sich vielsagende Blicke zu. Es war ganz offensichtlich, daß ihnen das alles nicht sonderlich leid tat.
    Nach einem weiteren Kaffee erhoben sich Andrew und Harry, sagten, es sei an der Zeit, jetzt mit diesem Evans White zu reden und bedankten sich für die herzliche Aufnahme und den Kaffee.
    »Ach übrigens«, sagte Andrew und drehte sich in der Tür noch einmal um. »Mir ist zu Ohren gekommen, daß jemand in Nimbin Junk verkauft. Ein dünner, dunkler Kerl. Sieht aus wie ein Vampir im Hungerstreik.«
    Der Sheriff schaute abrupt auf.
    »Junk?«
    »Der Beschreibung nach muß das Mondale sein«, sagte der Assistent.
    »Mondale, dieses abgewichste dumme Arschloch!« rief der Sheriff.
    Andrew tippte mit dem Finger an seinen fehlenden Hut. »Ich dachte, das würde euch vielleicht interessieren.«
     
    »Wie war das Essen mit unserer schwedischen Zeugin?« wollte Andrew wissen, als sie auf dem Weg zu Whites Anwesen waren.
    »Gut. Ziemlich pfeffrig, aber gut«, antwortete ihm Harry. »Also bitte, Harry, worüber habt ihr geredet?«
    »Oh, über vieles. Über Norwegen und Schweden.« »Wer hat gewonnen?«
    »Sie.«
    »Was hat Schweden, das ihr in Norwegen nicht habt?« fragte Andrew.
    »Um das Wichtigste gleich als erstes zu sagen: ein paar gute Filmregisseure. Bo Widerberg, Ingmar Bergmann . . .«
    »Äh, Regisseure«, grunzte Andrew, »die haben wir hier auch. Edvard Grieg aber, den habt nur ihr.«
    »Aber hallo«, sagte Harry, »ich hab nicht gedacht, daß du ein Kenner von klassischer Musik bist. Also wirklich.«
    »Grieg war ein Genie. Nimm zum Beispiel den zweiten Satz der C-moll-Symphonie, da . . .«
    »Sorry, Andrew«, unterbrach ihn Harry. »Ich bin mit Zwei-Griff-Punk aufgewachsen und einer Symphonie

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