Der Fledermausmann
des Wiedererkennens. »Remember me?«
Sie zog die Mundwinkel nach oben. Vielleicht sollte das ein Lächeln sein.
»Sure, love, let's go!«
»Ich bin es, Holy, der Polizist«
Sandra blinzelte ihn an.
»Klar, Scheiße, natürlich. Meine Kontaktlinsen fangen morgens immer an zu streiken. Vielleicht wegen all der Abgase.«
»Kann ich Ihnen einen Kaffee spendieren?« fragte Harry höflich.
Sie zuckte mit den Schultern.
»Es passiert hier ohnehin nichts mehr, ich kann ebensogut Schluß machen.«
Teddy Mongabi stand plötzlich in der Tür des Nachtclubs und kaute auf einem Streichholz herum. Er nickte Harry kurz zu.
»Wie nehmen es Ihre Eltern auf?« fragte Sandra, als sie ihren Kaffee bekamen. Sie hatten sich in Harrys Frühstückskneipe, Bourbon & Beef, gesetzt, und der Kellner erinnerte sich anHarrys übliche Bestellung: Eggs Benedicte, hashbrowns und Kaffee, white flat. Sandra trank ihren Kaffee schwarz.
»Excuse me?«
»Ihre Schwester . . .«
»Ja, natürlich.« Er hob seine Kaffeetasse an die Lippen, um ein wenig Zeit zu gewinnen.
»Tja, es geht ihnen wohl so, wie man es von Eltern wohl erwarten kann, danke der Nachfrage.«
»Die Welt, in der wir leben, ist einfach zu beschissen!«
Die Sonne war noch nicht über die Hausdächer der Darlinghurst Road gestiegen, aber der Himmel war bereits azurblau mit ein paar kleinen weißen Wolkenknäueln. Er sah aus wie die Tapete eines Kinderzimmers. Aber das schien nicht zu helfen, denn die Welt war anscheinend einfach zu beschissen.
»Ich hab mit ein paar Mädchen gesprochen«, sagte Sandra. »Der Typ auf dem Bild heißt White. Er dealt mit Speed und Acid. Ein paar Mädchen haben bei ihm etwas gekauft. Aber keine hatte ihn als Kunden.«
»Vielleicht braucht er nicht zu zahlen, um zu bekommen, was er will«, sagte Harry.
Sandra lachte kurz. »Der Bedarf nach Sex ist die eine Sache, die andere ist, sich Sex zu kaufen. Für viele ist das wie ein Kick. Es gibt einiges, was wir für euch tun können, was ihr zu Hause nicht bekommt. Das können Sie mir glauben.«
Harry blickte auf. Sandra schaute ihn direkt an, und für einen Augenblick verschwand der Nebel aus ihren Augen.
Er glaubte ihr.
»Haben Sie die Daten überprüft, die wir Ihnen genannt haben?«
»Eines der Mädchen behauptet, an dem Abend, bevor Ihre Schwester gefunden wurde, bei ihm Acid gekauft zu haben.«
Harry knallte die Tasse so hart auf den Tisch, daß der Kaffee herausschwappte, und lehnte sich vor. Er sprach leise und schnell. »Kann ich mit ihr sprechen? Kann man sich auf sie verlassen?«Sandras breite Lippen öffneten sich zu einem weiten Lächeln. Dort, wo der Eckzahn fehlte, klaffte ein schwarzes Loch. »Wie gesagt, sie hat Acid gekauft. Acid ist auch in Australien verboten. Sie können nicht mit ihr reden. Und die andere Frage: ob man sich auf einen Acidfreak verlassen kann?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Ich habe Ihnen nur gesagt, was sie mir erzählt hat. Aber sie hat vielleicht nicht die klarste Vorstellung davon, was Mittwoch und was Donnerstag ist, um es so zu sagen.«
Die Stimmung bei der Morgenbesprechung war gereizt. Selbst der Ventilator brummte tiefer als sonst.
»Sorry, Holy. Wir lassen White aus dem Spiel. Er hat kein Motiv, und seine Freundin hat bestätigt, daß er zum Zeitpunkt des Mordes in Nimbin war«, sagte Wadkins.
Harry wehrte sich.
»Aber hören Sie denn nicht, was ich sage. Angeline Hutchinson ist von Speed abhängig und was weiß ich, wovon sonst noch. Sie ist schwanger, vermutlich von Evans White. Herrgott noch mal, er ist ihr Dealer! Ihr Herr und Meister in einer Person. Sie würde alles bestätigen. Wir haben mit dem Vermieter gesprochen – diese Frau haßte Inger Holter und das mit gutem Grund, schließlich hat dieses norwegische Mädchen versucht, ihr ihren Goldjungen auszuspannen.«
»Vielleicht sollten wir uns statt dessen mal genauer diese Hutchinson anschauen«, kam es leise von Lebie. »Sie hat auf jeden Fall ein klares Motiv. Vielleicht braucht sie White als Alibi und nicht umgekehrt.«
»White lügt doch! Er wurde an dem Tag, bevor Inger Holter gefunden wurde, in Sydney gesehen.« Harry war aufgestanden und ging die zwei Schritte, für die es im Besprechungszimmer noch Platz gab, auf und ab.
»Von einer Prostituierten, die LSD nimmt und nicht einmal aussagen will«, ergänzte Wadkins und drehte sich zu Yong: »Was haben die Fluggesellschaften gesagt?«»Die Polizei in Nimbin hat White noch drei Tage vor dem Mord mit eigenen Augen
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