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Der Fledermausmann

Der Fledermausmann

Titel: Der Fledermausmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Nacht über wegbleiben würdest!« schrie der eine mit dünner, tränenerstickter Stimme.
    Vor einem vietnamesischen Restaurant stand ein Kellner an eine Wand gelehnt und rauchte. Er sah aus, als habe er bereits einen langen Tag hinter sich. Die Schlange der Menschen und Autos schob sich langsam durch die Darlinghurst Road in Richtung King's Cross.
    An der Abzweigung der Baywater Road stand Andrew und aß eine Bratwurst.
    »Da bist du ja . . .«, sagte er. »Pünktlich auf die Minute, wie ein richtiger Germane.«
    »Deutschland liegt . . .«
    »Die Deutschen sind Teutonen. Du bist Nordgermane. Du siehst jedenfalls so aus. Willst du deine eigene Rasse verleugnen, Junge?«
    Harry hatte Lust, diese Frage zurückzugeben, aber er ließ es bleiben.
    Andrew war in bester Laune. »Fangen wir mit jemandem an, den ich kenne.«
    Sie waren sich einig, die Suche nach der berühmten Nadel so weit in der Mitte des Heuhaufens zu beginnen, wie sie nur konnten – bei den Huren der Darlinghurst Road. Sie waren nicht schwer zu finden. Harry kannte bereits einige von ihnen.
    »Mongabi, my man, how's business?« Andrew hielt an und begrüßte herzlich einen dunklen Typ in engem Anzug, der reichlich mit Schmuck behängt war. Ein Goldzahn glitzerte, als er den Mund öffnete.
    »Tuka, du geiler Hengst, ich kann nicht klagen, weißt du.«
    Er sieht auf jeden Fall wie ein Zuhälter aus, dachte Harry.
    »Harry, ich muß dir Teddy Mongabi vorstellen, Sydneys übelsten Zuhälter. Er macht das schon zwanzig Jahre und steht noch immer zusammen mit seinen Mädchen draußen auf der Straße. Wirst du nicht langsam ein bißchen alt dafür, Teddy?«
    Teddy breitete die Arme aus und grinste.
    »Es gefällt mir hier draußen, Tuka. Weißt du, hier passiert etwas. Wenn du dich in ein Büro hockst, dauert es nicht lange und du hast die Übersicht und die Kontrolle verloren. Und weißt du, Kontrolle ist das A und 0 in dieser Branche. Überblick zu haben über die Mädchen und die Kunden. Die Menschen sind wie Hunde, weißt du. Ein Hund, den du nicht unter Kontrolle hast, ist ein unglücklicher Hund. Und unglückliche Hunde beißen.«
    »Wenn du das sagst, Teddy. Hör mal. Ich würde gerne mit ein paar von deinen Mädchen sprechen. Wir sind auf der Suche nach einem bösen Buben. Es kann sein, daß er auch hier ein bißchen herumgespielt hat.«
    »Sure, mit wem willst du reden?«
    »Ist Sandra hier?«
    »Sie müßte jeden Augenblick wieder hier sein. Bist du sicher, daß es nicht ein bißchen mehr sein darf? Als reden, meine ich?«
    »Besten Dank, Teddy. Wir sind im Palladium. Kannst du Sandra nicht dorthin schicken?«
    Draußen vor dem Palladium stand ein Animateur und rief den Passanten aufmunternde Schlüpfrigkeiten zu. Sein Gesicht leuchtete auf, als er Andrew erblickte. Der wechselte zwei Worte mit ihm, und man winkte sie an der Kasse vorbei hinein. Eine schmale Treppe führte hinunter in den Keller des schwach beleuchteten Stripteaseclubs, wo eine Handvoll Männer an den Tischen saß und auf die nächste Vorstellung wartete. Sie setzten sich an einen Tisch im hinteren Teil des Lokals.
    »Es scheint so, als würden dich hier alle kennen?« fragte Harry.
    »Alle, die etwas davon haben, mich zu kennen. Und die ich kennen muß. Bei euch in Oslo gibt es doch vermutlich auch diese merkwürdige Symbiose zwischen Polizei und Unterwelt, oder?«
    »Ja, natürlich. Aber es sieht so aus, als wenn du ein etwas herzlicheres Verhältnis zu deinen Kontakten hättest, als wir das haben.«
    Andrew lachte.
    »Ich fühle wohl eine gewisse Seelenverwandtschaft. Wenn ich nicht Polizist geworden wäre, wäre ich vermutlich selbst in dieser Branche gelandet, wer weiß?«
    Ein schwarzes Minikleid stöckelte auf hohen Stilettabsätzen die Treppe herunter. Unter dem schwarzen Pony schaute sich die Frau mit einem schweren, verschleierten Blick um. Dann kam sie zu ihrem Tisch herüber.
    »Sandra, das ist Harry Holy.«
    »Wirklich?« antwortete sie und verzog ihren breiten, rotbemalten Mund zu einem schiefen Lächeln. Ihr fehlte ein Eckzahn. Harry ergriff ihre kalte, leichenblasse Hand. Sie kam ihm bekannt vor, er mußte sie an einem der vergangenen Abende in der Darlinghurst Road gesehen haben. Vielleicht war sie anders geschminkt gewesen oder hatte andere Kleider getragen.
    »Also, worum geht es? Bist du auf der Suche nach Banditen, Kensington?«
    »Wir suchen einen ganz speziellen Banditen, Sandra. Einen, der gerne würgt, mit den Händen. Kommt dir das irgendwie bekannt

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