Der Fliegende Holländer
schmieren!« zischte Danny aufgebracht. »Hier steht schließlich meine Karriere auf dem Spiel. So was können Sie mit mir nicht machen. Ich habe sehr gute Freunde!«
»Nennen Sie mir einen.«
So direkt gefragt, war das gar nicht so einfach. Der Lebenswandel eines Fernsehproduzenten ist für das Schließen von Freundschaften nicht gerade förderlich. Der einzige Freund, der Danny einfiel, war Gerald, der allerdings keinen hohen Stellenwert genoß.
»Dann habe ich eben Verbindungen!« drohte Danny. »Ich habe wichtige Verbindungen. Ich brauchte nur mit den Fingern zu schnippen, und schon hätte ich meine eigene Show auf Channel Four.«
»Ich bräuchte nur mit den Fingern zu schnippen, um eine Show auf Channel Four zu kriegen«, wurde Danny von seinem Gesprächspartner durchaus treffend korrigiert. »Also, jetzt hören Sie mal auf, hier so einen Wirbel zu veranstalten. Machen Sie sich auf die Socken, und filmen Sie ein paar Jachten. Wenn Sie erst mal dabei sind, kommt der Spaß schon von selbst. Man hat mir gesagt, der ganze Trick dabei sei, sich nicht zu weit nach hinten zu lehnen, sonst fällt man aus dem Boot.«
»Aus was für einem Boot?«
»Sie müssen von einem Boot aus filmen«, teilte man ihm mit. »So filmt man nämlich Boote. Hat man mir jedenfalls gesagt.«
Danny rauchte vor Wut wie eine Zigarette, die man auf einen feuerfesten Sitzbezug geworfen hat. Dann sagte er: »Okay, Sie haben gewonnen. Und wohin soll ich fahren?«
Auf der anderen Seite des Schreibtisches verformte sich der Mund genüßlich zu einem unterschwelligen Grinsen und stieß das Wort »Bridport« hervor.
»Bridport? Wo, zum Teufel, liegt Bridport?«
»Bridport«, erklärte der grinsende Mund, »ist der Ort, von dem aus das Bridport Old Ships Race gestartet wird. Viel mehr weiß ich allerdings auch nicht, wie ich zu meiner Schande gestehen muß. Fragen Sie Mandy im Vorzimmer, die hat einen Atlas.«
Mandy im Vorzimmer hatte tatsächlich einen Atlas parat, der von solch bestechender Aktualität war, daß darin nicht nur die wichtigsten Städte von Belgisch-Kongo verzeichnet waren, sondern daß man in ihm nach einigem Suchen sogar Bridport entdecken konnte.
»Und da wollen Sie wirklich hinfahren?« fragte Mandy.
»Nein«, entgegnete Danny, »ich wollte mich nur vergewissern, ob es das Kaff immer noch gibt.« Seufzend ging er hinaus und machte sich an das Sortieren seiner Aktentasche.
An Bord des Protestschiffs Erdenkrieger stand es nicht gerade zum besten.
»Wo kommt denn dieser Geruch her?« fragte eine weibliche Stimme.
Eine zweite erkundigte sich, was die erste gerade gesagt habe, und eine dritte übersetzte es für sie.
»Where’s the smell coming from?«
»Das ist das Problem, wenn man auf einem gottverdammten mehrsprachigen Schiff fährt«, stellte die zweite Stimme hinter einem Taschentuch fest.
Wo auch immer der Geruch herkam, er war alles andere als angenehm. Einige Mitglieder der Schiffsbesatzung verglichen ihn mit den Emissionen einer Zellophanfabrik, andere schafften es nur bis zur Mitte des Worts ›Kläranlage‹, bevor ihnen die Dünste in die Lunge drangen und sie nur noch würgende und röchelnde Laute von sich gaben.
»Sewage farm«, erläuterte die Übersetzerin.
»Hatte ich mir schon gedacht.«
Auf alle Fälle war es ein entsetzlicher Geruch, und entsetzliche Gerüche auf hoher See können für die Besatzung eines Umweltschutz-Patrouillenschiffs nur eins bedeuten.
»Die Kerle sollten wir uns schnappen, egal, um wen es sich dabei handelt«, schlug die in Sprachen nicht ganz so bewanderte Stimme vor. »Ihr holt die Handschellen, und ich schließ inzwischen die Feuerwehrschläuche an.«
Die Übersetzerin, eine kleine Neuseeländerin mit wettergegerbtem Gesicht, wollte sich partout nicht von der Stelle rühren. Sie war mit ihrem Standort recht zufrieden. Zwar war es dort vielleicht ein wenig eng und feucht, und überall lagen weggeworfene Nahrungsmittel herum, aber jedenfalls stand sie nicht in der schrecklichen Brise, die den Geruch von wo auch immer herübertrug. Ihre Begleiterin machte sich voller Verachtung auf den Weg, kam aber recht schnell wieder zurück.
»Du meine Güte!« röchelte sie. »Das stinkt ja wirklich grauenhaft!«
Der Kapitän, ein großer blonder Deutscher, machte inzwischen die Runde und gab Gasmasken aus, die allerdings auch nicht viel halfen; denn eigentlich dienten sie zum Schutz vor vergleichsweise geringfügigen Umweltverschmutzungen wie zum Beispiel durch Senfgas.
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