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Der Fliegende Holländer

Der Fliegende Holländer

Titel: Der Fliegende Holländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Trotzdem war der Kampfgeist ungebrochen genug, daß die Frau mit den lückenhaften Sprachkenntnissen und einige andere Unentwegte imstande waren, aus der sicheren Deckung hervorzubrechen, um sich ein Bild von der Lage zu machen.
    Durch die beschlagenen Scheiben ihrer Gasmasken machten sie verschwommen ein Schiff aus, das quer über die ehemalige Walfischstraße schwerfällig auf sie zutrieb. Das Schiff machte nur langsame Fahrt, und an Bord war es unnatürlich still. Doch die Frau mit den unzureichenden Sprachkenntnissen, deren Name Martha war und die aus Bethlehem in Pennsylvania stammte, wußte, was das zu bedeuten hatte.
    »Das ist bestimmt ’ne große Sache«, sagte sie zur Neuseeländerin.
    »Ach, wirklich?«
    »Ja, ich hab was darüber gelesen. Es gibt jetzt verschiedene neuartige Abfallstoffe, die chemisch so flüchtig sind, daß man es aufgrund der Brandgefahr nicht einmal mehr wagt, herkömmliche Schiffe damit zu beladen – weißt du, wegen der Funken von der Elektrik und so was. Deshalb setzt man jetzt solche Segelschiffe dafür ein.«
    »Davon hab ich noch nie etwas gehört.«
    »Natürlich nicht! Das ist doch wohl klar … schließlich ist das geheim.«
    Das ergab einen Sinn, und die Neuseeländerin eilte mit der Neuigkeit sofort zum Kapitän, der mit einer Plane über dem Kopf in einem der Rettungsboote saß.
    Die Bitte des Kapitäns um Freiwillige war wirklich ein Aufruf an Heldinnen, denn der beabsichtigte Einsatz erforderte von jeder selbstlose Hingabe. Er verlangte jenes Opfer, das ein für allemal die wahren Freundinnen der Erde von denen trennen würde, die nur hin und wieder mal auf eine Tasse Kaffee und ein Schwätzchen hereingeschaut hatten. Diese Auslese war so streng, daß nur zwei wahre Freundinnen der Erde übrigblieben. Als der Außenbordmotor des Schlauchboots schließlich ansprang und sich das nicht gerade robuste Vehikel mit dessen Hilfe zum Giftfrachter in Bewegung setzte, biß die Neuseeländerin die Zähne zusammen und versuchte, an die Regenwälder zu denken. Das war nicht einfach.
    »Um Himmels willen, Jo! Du hättest beinah das Boot zum Kentern gebracht«, stellte ihre Mitmärtyrerin fest, als das Schlauchboot von einer angriffslustigen Welle abprallte. »Wir sind hier doch nicht in Indianapolis. Nimm mal ’n bißchen Gas weg!«
    Jo drosselte sogleich den Motor, und Martha überprüfte noch einmal die Handschellen, mit denen sie sich an die Wand des Giftfrachters ketten wollten. Tief in den unbekehrbaren Windungen ihres Gehirns glomm der schwache Hoffnungsschimmer, daß die Handschellen auseinanderfallen würden und sie wieder in allen Ehren auf die Erdenkrieger zurückkehren könnten.
    »Na, die scheinen ja die Ruhe weg zu haben«, murmelte Martha, als sie sich ihrem Ziel bis auf etwa fünfzig Meter genähert hatten.
    »Was ist?«
    »Die scheinen ja die Ruhe weg zu haben«, wiederholte Martha laut.
    Jo zuckte die Achseln. Im großen und ganzen bereute sie es schon, entgegen dem Willen ihrer Familie nicht Zahnärztin geworden zu sein. Schließlich leisten selbst Zahnärzte im gewissen Rahmen einen gesellschaftlichen Beitrag. Vor allen Dingen aber müssen sie sich nicht an äußerst übelriechende Schiffe ketten.
    »Wenn sie mit Wasserschläuchen auf uns spritzen, dann versuch dich einfach mit dem Strahl mitrollen zu lassen«, riet Martha ihrer Mitstreiterin.
    »Das Schiff sieht aber gar nicht danach aus, als wenn es auch nur einen einzigen Schlauch an Bord hätte, Martha. Scheint ziemlich primitiv zu sein.«
    »Alles nur Tarnung«, hielt Martha mit voller Überzeugung entgegen. Sie war schließlich schon lange genug dabei, um zu wissen, daß sich der Feind für keine noch so peinliche Maskerade zu schade war.
    »Sind das etwa Kanonen, die da an der Seite herausragen?« fragte Jo.
    »Kann sein«, antwortete Martha. »Die Dinger sehen wirklich wie Kanonen aus. Aber wahrscheinlich sind das die Rohre, durch die das giftige Zeugs nach draußen gepumpt wird.«
    Endlich machten sie einen Menschen auf dem Schiff aus, nein, zwei Menschen. Zwei Menschen lehnten mit mäßig interessiertem Blick an der Reling. Anscheinend bemerkten sie den Geruch gar nicht.
    Martha ergriff den Enterhaken, während Jo das Ruder herumriß. An den glänzenden Eichenwänden des Schiffs schien es nicht besonders viel zu geben, um das man Handschellen befestigen konnte, aber Martha war sich selbst wenigstens einen Versuch schuldig.
    »Hallo, ihr da unten!« rief eine Stimme von oben. »Seid ihr

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