Der fliegende Holländer
warten,
Den frohen Liebsten aber nicht,
Der hofft und harrt, daß er im Garten
Die langbegehrte Rose bricht!«
Ihr schwoll das Herz, mit heißen Wangen
Sah zitternd sie zu ihm empor,
Er neigte sich zur Freudebangen
Und flüstert' ihr bewegt ins Ohr:
»Ingborg, wie willst Du das versagen,
Was sehnend Dich erfüllt und mich?
Glücklich zu sein, – laß es uns wagen!
Ingborg, Ingborg, ich liebe Dich!«
Auf sprang sie, rasch ihn zu umschlingen:
»So bin ich Dein mit Seel' und Leib,
Und Liebe soll um Liebe ringen,
Nimm hin Dein überselig Weib!«
In einem langen, langen Kusse,
Durchschauernd sie, durchglühend ihn,
Stehn sie in Liebesüberflusse
Und lassen Seel' in Seele ziehn.
Wie sie an seiner Schulter lehnte,
Geschloss'nen Auges, wie berauscht,
Daß der von Jugend auf Ersehnte
Dem Wehen ihres Athems lauscht,
Da fühlte sie sich tief erbeben
Vom Wirbel bis zur Zeh' hinab,
War's doch ihr erster Kuß im Leben,
Den liebend einem Mann sie gab.
»O Du mein Wunsch und mein Gedanke,«
Sprach sie, »der täglich mich beschlich!
Ich klammere gleich einer Ranke
Mit tausend Fasern mich an Dich.
Ich kann's nicht greifen, kann's nicht fassen,
Daß Du nun doch noch endlich mein;
Niemals, niemals von Dir zu lassen,
Das schwör' ich Dir ins Herz hinein!«
An seiner Brust fühlt er in Wonnen
Der Liebsten Busen süß und warm,
Er küßt und küßt sie, und umsponnen
Hält er sie fest in seinem Arm.
Nicht Worte haben mehr zu sagen
Die Zwei, die wie im Taumel stehn,
In Wogen, die zusammenschlagen,
Woll'n sie versinken und vergehn.
Ingborg, mit tief erregten Sinnen,
Erschrickt und spricht verschämt und zag:
»Mein Herzensmensch, o geh' von hinnen
Und – komme wieder jeden Tag!
Bis Du für uns ein Nest gefunden,
Ist Deine Heimat dieses Haus.«
Damit hat sie sich ihm entwunden
Und drängt ihn schnell zur Thür hinaus.
Dann brach, als sie allein im Zimmer,
Es jubelnd aus der Seele Grund,
Bei feuchter Augen Glanz und Schimmer
Sang sie mit liederfrohem Mund:
Ich hab' gesehnt mich und gebangt
Nach Einem manches Jahr,
Nach ihm nur hat mich heiß verlangt
Im Stillen immerdar.
Ich sah ihn kommen, sah ihn scheiden,
Er merkte nichts von meinen Leiden,
Er ging und sprach kein Wort,
Mein Herz nahm er mit fort.
Die Hoffnung doch verließ mich nicht,
Hielt aus in Zeit und Raum
Und zeigte mir sein Angesicht
Im Wachen und im Traum.
Sie raunte in des Windes Wehen,
Sie rauschte in der Wogen Gehen:
Schließ in Dein Herz ihn ein,
Er wird, er wird noch Dein!
Er kam, und ach! ein rascher Blick,
Ein Fassen und Umfahn
Da waren sein und mein Geschick
In eines auch gethan.
Wie nun es hehlen, wie es tragen?
Der ganzen Welt möcht' ich es sagen:
Der, den ich lieb' allein,
Ist ewig, ewig mein!
Freek stand noch immer unten Wache,
Ob man ihn nicht noch brauchte hier.
»Nun? gut gehütet, alter Drache,
Habt Ihr den Schatz; das lob' ich mir!«
Lacht' Edzard, als er wiederkehrte,
»Jetzt kommt Ihr mit auf meine Bark!
Wer mich den Weg zu der da lehrte,
Ist Lohnes werth, und fein und stark
Hab' ich an Bord in der Kajüte,
Mir aus Bahia mitgebracht,
Madeira von besondrer Güte.
Den woll'n wir beide mit Bedacht
Aufs Wohl der lieben Frau dort oben,
Daß ihr noch Glück beschieden sei,
Anklingend Glas an Glas erproben;
Na, Freek, nicht wahr? Ihr seid dabei?«
Erst schwankte Freek, die Stirne runzelnd,
Mißtrauisch zwischen Ja und Nein,
Und – »Herr Kaptän,« sprach er dann schmunzelnd,
»Soll mir 'ne große Ehre sein!«
V.
Ingeborg.
Zu mancher armen Seemannsfrau,
In manche niedre Fischerhütte
Tritt zögernd, mit gefurchter Brau,
Wie er aus schwerem Herzen schütte
Die Trauerkunde, die er bringt,
Ein Heimgekehrter, dreht verlegen
Den Hut in Händen, druckst und ringt
Nach Worten, ohne sich zu regen,
Und platzt dann endlich plump heraus:
»Eu'r Mann, der Jan, – der kommt nicht wieder;
Wir scheiterten in Nacht und Graus,
Da riß ihn eine Sturzsee nieder.«
So tritt ins Schifferhaus der Tod
Und schneidet ab das Wiedersehen,
Daß Weib und Kinder ohne Brod,
Trostlos verlassen, elend stehen.
Sie hätten, wenn er leben blieb,
Der Jan, sich ehrlich durchgeschlagen,
Sie hatten sich so lieb, so lieb, –
Herr Gott im Himmel! wie es tragen?
Er liegt im Meer; kein Kreuz, kein Stein,
In Leid den Schritt dahin zu lenken,
Sein dauernd Grabmal ist allein
Der Liebe schmerzliches Gedenken.
Nicht so war's in van Stratens Haus,
Da saß kein trauernd Weib am Heerde
Und weinte sich die Augen aus,
Verzweifelnd, was nun aus ihr werde.
Die dort sich Wittwe däuchte, fand
Sich trauter
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