Der fliegende Holländer
Hoffnung hingegeben,
Empfing doch aus des Todes Hand
Sie als Geschenk ein neues Leben.
Nur Edzard wußte, daß wie Schaum
Das Glück war, das sie mit ihm wagte,
Und einst dem kurzen Blüthentraum
Ein schreckliches Erwachen tagte.
Allein gesprochen war und blieb
Das freche Wort vom Tod des Gatten,
Und was in Wuth ein Spieler schrieb,
Hieß Botschaft eines Sterbensmatten.
Nicht vorbereitet und bedacht
Hatt' Edzard seine rasche Lüge,
Vielmehr gehofft, daß Liebesmacht
Von selbst sich seinen Wünschen füge
Und Ingborg in der Sehnsucht Drang
Die aufgezwungnen Fesseln breche,
Wenn er mit vollem Herzensklang
Das Stichwort: »sei mein eigen!« spreche.
Nun vom Vergehn verbotner Huld
Blieb rein und keusch zwar ihr Gewissen,
Seins aber war befleckt mit Schuld,
Von Leidenschaft hineingerissen.
Gewollt hatt' er es nicht, bereu'n
Konnt' er es aber jetzt mit Nichten,
Sie hätte sich in festen Treu'n
Vielleicht erinnert ihrer Pflichten
Und sich nicht anders ihm geweiht,
Als wenn sie selbst sich Wittwe schätzte,
Von jeder Rücksicht nun befreit,
Die ihrem Handeln Schranken setzte.
Und thät' sie's doch, in Liebe groß,
Sollt' er auch ihr die Freude stören
Durch das Bewußtsein, daß sie bloß
Drei Jahre durft' ihm angehören?
Denn was ihm deutlich heute schon
Vor Augen stand mit allen Schrecken,
Das war der schweren Stunde Drohn
Wenn sie die Wahrheit würd' entdecken,
Daß er im Spiele sie gewann
Gleich einem schönen Beutestücke,
Daß annoch lebt' ihr rechter Mann,
Der sie ihm lieh zu kurzem Glücke.
Dann mußt' er ihr den falschen Zug
Gestehen, wenn die Frist verstrichen:
»Ich habe nur mit Lug und Trug
Mir Deine Liebesgunst erschlichen.
Du denkst, Du bist mein ehrlich Weib, –
Ach! unsre Liebe kann nicht enden,
Dein Herz ist mein, – Dein süßer Leib
War nur auf Borg in meinen Händen.«
Und dann – dann mußt' unweigerlich,
Wenn auch mit größtem Widerstreben
Er die Geliebte fort von sich
Und jenem Andern wiedergeben,
Der todtgeglaubt von ihr, nun doch
Dem Grab entstieg, sie kränkt' und plagte
Und wie ein Vampyr lange noch
Am Lebensmark ihr sog und nagte.
All dies im Haupte wälzend saß,
Als Freek ihn kaum verlassen hatte,
Edzard allein vorm leeren Glas,
Sich stützend auf des Tisches Platte.
Da war es ihm, als ob er fern
Am Himmel einen Stern erschaute,
Allein es war kein guter Stern,
Auf den er seine Hoffnung baute.
Van Straten war auf weiter Fahrt
Und ging, zuwider aller Regel,
In seiner argen Sinnesart
An einem Freitag unter Segel.
Edzard fuhr ab den Tag darauf
Und hatte Früd nicht mehr gesehen;
Was aber, je nach Schicksals Lauf,
Konnt' in drei Jahren nicht geschehen?
Unsicher ist des Seemanns Loos,
Gefahren drohen stets dem Schiffe,
Es lauern in der Fluthen Schoß
Untiefen, Bänke, Felsenriffe.
Weit draußen auf dem Ozean
Erhebt der Sturm die Wasserberge,
Da tobt und wüthet der Orkan,
Und hilflos wird der Mensch zum Zwerge
Vor des Naturreichs Riesenmacht,
Die ihn umwettert, wild erhaben;
Es stürzt der Mast, der Kiel zerkracht,
Und von den Wellen wird begraben
Das stolze Schiff. – Van Straten ist
Auch sterblich, der, wo Andre knieten,
In seinem Trotze sich vermißt,
Der Gotteskraft die Stirn zu bieten.
Wie, wenn nun aus der Sonne Licht
Der alles Wagende verschwände
Und Edzard den Verhaßten nicht
Am Cap der guten Hoffnung fände? . . .
Mord in Gedanken war der Traum,
Zum Wunsche ward die Todeslüge, –
Edzard sprang auf im engen Raum,
Als ob er schon das Brandmal trüge.
Still, in Zurückgezogenheit
Saß Ingeborg daheim und füllte
Die Stunden ihrer Einsamkeit
Mit Plänen, die sie sich enthüllte,
Wie Frühling aus den Knospen schält
Die duftigen, die bunten Blüthen
In Wald und Flur, die ungezählt
Sein Wunderthun hat auszubrüten.
Sie warf beschämt sich selber vor,
Daß sie so fröhlich war im Herzen,
Als säh sie wie ein Kind empor
Zum Weihnachtsbaum im Glanz der Kerzen.
Zwar wenn sie, ohne tiefes Leid,
Des eisenfesten Mannes dachte,
Der sie, die arme Fischermaid,
Zur Frau des großen Seglers machte,
Deß Name weit und breit bekannt,
So wurde doch sie wider Willen
Von einer Schwermuth übermannt,
Mit der sie ihn beklagt' im Stillen.
Sie dankte Manches seiner Hand,
Er hatte sie empor gehoben
Zu einem ehrenvollen Stand
Und sie mit äußerm Glanz umwoben.
Er sorgte für Gelegenheit,
Daß bildend sich ihr Geist entfalte
Und sie an Kenntniß mit der Zeit
Ihm ebenbürtig walt' und schalte.
Und hochbegabt, wie sie nun war,
Und dazu willig, lernbegierig,
Begriff sie alles rasch und klar,
Und nichts schien
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