Der fliegende Holländer
Sehnen,
Nach jahrelangem Müßiggang
Die freie Willenskraft zu dehnen
Gleich Schwingen überm Wogendrang.
Sie hatt' ihm einst gesagt: bedenke,
Daß Deine Wünsche immer auch
Die meinen sind, und leit' und lenke
Du mich mit Deines Willens Hauch.
Drum folgte, ob es stürmt', ob sonnte,
Sie ihm zu Wasser und zu Land,
Wenn sie nur bei ihm bleiben konnte,
Nur Aug' in Auge, Hand in Hand.
Es blickt' eine blonde Fischermaid
Bang auf die See hinaus,
Der, den sie liebte, war weit, so weit,
Kam Jahre nicht nach Haus.
Er ahnte nicht, daß sie noch sein
Gedacht' und nach ihm frug,
Sie wußte nicht, daß er allein
Ihr Bild im Herzen trug.
Sie saß am Meer im Sonnenschein,
Sie saß im Wind am Meer
Und sehnte sich tagaus, tagein
Nach seiner Wiederkehr.
Und er fand auch nicht Ruh, nicht Halt,
Die Segel ließ er drehn,
Es trieb ihn heimwärts mit Gewalt,
Er mußte sie wiedersehn.
Einst; als erloschen das Abendroth,
Was rudert und was rauscht?
In Dämmrung kommt heran ein Boot,
Sie zittert und sie lauscht.
Er springt heraus, er steht und starrt, –
Trügt ihn sein Auge nicht?
Ihr klopft das Herz, – auf den sie harrt,
Der schaut ihr ins Gesicht.
»Sprich! wen erwartest Du noch hier
Allein am öden Strand?«
»Und Du, Seefahrer, sage mir:
Wen suchest Du am Land?«
»Dich!« ruft er, und sein Auge blinkt
Hell auf in Herzenslust,
»Dich!« flüstert sie und wankt und sinkt
Dem Liebsten an die Brust.
»Dein Mütterlein auf dem Kirchhof ruht,
Ich hab' ihr Grab gepflegt,
Ihr Haus hat längst des Feuers Gluth
In Schutt und Asche gelegt.
Ich nähm' in unsre Hütte Dich
Und theilte mit Dir mein Brot,
Doch haßt mein Vater Dich und mich,
Er schlüg' uns beide todt.«
»So komm mit mir! da draußen liegt
Ein Schiff, und das ist mein,
Das soll, so lang es die Welle wiegt,
Uns Haus und Heimat sein.
Wenn Du Dein Schicksal mir vertraust,
Ob Lust, ob Leid es bringt.
So komm, bis uns, vom Sturm um braust,
Das letzte Lied erklingt!«
Zum Himmel blickte sie empor,
Da fuhr herab ein Stern,
Und die die Hoffnung nicht verlor,
Sie folgte dem Liebsten gern.
Sie drückten schweigend sich die Hand
Auf Treu und Glauben und Glück,
Dann stießen sie ab vom dunkeln Strand, –
Nie kehrten sie wieder zurück.
Ingborg späht' einst vom Hügel nieder
Die Heide lang, und Edzard kam,
Er winkt' ihr zu, sie winkte wieder,
Und wie sie ihn beim Kopfe nahm!
Aus übervollem Herzen sprang es,
Als sie zum Willkomm ihn umspann,
Wie Lerchenschmettern sang und klang es:
»Wie lieb' ich Dich, mein süßer Mann!«
Und nun erzählt' er von der Reise:
In Husum landet' er, von wo
Zu Wagen ihn befahr'ne Gleise
Nach Hamburg führten hoffnungsfroh.
Im Hafen dort hatt' er gefunden
Ein schönes Vollschiff größter Art
Und sich als Kapitän verbunden
Dem Rheder zur Ostindienfahrt.
»Die Jungfrau« hieß das Schiff, vom Kiele
Bis zu den Toppen fest gebaut,
Ein Segler, dem zum fernsten Ziele
Sich jeder Seemann gern vertraut.
Dem Zufall hatt' er es zu danken,
Daß er sofort das Schiff erhielt,
Des frühern Kapitäns Erkranken
Hatt's leicht ihm in die Hand gespielt.
Gut war's bemannt und stark beladen,
Und das Kommando sollt' er flugs
Nun übernehmen, daß kein Schaden
Aus der Verzögerung erwuchs.
Dann hatt' er, als erledigt waren
Dort die Geschäfte, wie's ihm lieb,
Die Nordsee grades Wegs durchfahren
Auf einem Ever, und der blieb
Am Wattenstrand des Winks gewärtig,
Daß er beim ersten guten Wind
Zur Abfahrt wieder segelfertig
Für Edzard sei mit Weib und Kind.
Nun mußten sie das Bündel schnüren
Und was am Herzen ihnen lag,
An Bord des Evers überführen,
Und dann – dann kam der letzte Tag
In Rantum auf der Sylter Heide
Und in der Düneneinsamkeit,
Und ihres Glückes grüne Weide
War abgegrast für alle Zeit. –
Wo Dir auf Erden
Ein Glück erblüht,
Wo Dir in Liebe
Das Herz erglüht,
Sei's in der Heimat,
Sei's in der Ferne,
Unter dem kühlsten
Der wandelnden Sterne,
Halt' in treuem Gedenken die Stätte,
Als ob sie ewig gebunden Dich hätte.
Pflück' ein Blümlein
Vom Wegesrand,
Raffe vom Boden
Ein Häuflein Sand.
Wenn Du's betrachtest
Nach langen Zeiten,
Wird Dich's gemahnen
Der Seligkeiten,
Einst in glücklichen Jahren genossen,
Die wie berauschende Stunden verflossen.
Wird dir beim Scheiden
Bang und verzagt,
Daß zum Lebwohl Dir
Die Stimme versagt,
Glänzt Dir im letzten
Blick eine Thräne,
Nimmer in Thorheit
Verschwendet sie wähne.
Winke vom Berge grüßend hernieder,
Weißt ja nicht, kehrest noch einmal Du wieder.
Die Sterne standen am Himmelsbogen
In warmer
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