Der fliegende Holländer
dumpf und kühl
Heraus und wieder hinein,
Ihr aber wurde bang und schwül:
»Wo mag mein Liebster sein?
Die Schwermuth hat's ihm angethan,
Die heimlich ihn umspinnt,
Doch der ihn quält, den düstern Wahn,
Den nehm' ich ihm geschwind.«
Und weiter geht sie den Strand entlang,
Nicht achtend des Windes Wehn,
Da zwischen den Hügeln am Dünenhang,
Da findet sie endlich ihn stehn.
Er sieht sie nicht, er hört sie nicht,
Entrückt aus Raum und Zeit,
Schreckt erst, als sie schon bei ihm dicht,
Aus seiner Versunkenheit.
»Edzard,« beginnt sie, »was ist mit Dir?
Du bist nicht mehr wie sonst;
Warum verbirgst Dein Leid Du mir,
Mir, Deinem treuen Gesponst?«
Er schaut sie träumerisch, traurig an
Und seufzt nur schwer und stumm,
Sie legt die Arme dem starken Mann
Sanft um den Nacken herum.
»Wenn Du es mir nicht sagen willst,«
Spricht sie, »so sag' ich's Dir,
Damit Du Deine Sehnsucht stillst,
Denn dazu bin ich hier.
Dich treibt es fort vom Inselstrand,
Zu segeln aus und ein,
Du hältst es nicht mehr aus am Land,
Mußt wieder Seemann sein.
So nimm ein Schiff und segle los,
Doch es gescheh' selbdritt,
Mir ist kein Meer zu weit, zu groß,
Edzard – ich gehe mit!
Du läßt ja nimmer doch von mir,
Läßt nicht Dein Kind in Stich,
Ich häng' an Dir, ich haft' an Dir,
Wo Du bleibst, bleib' auch ich.
Fährst Du gen Süd, fährst Du gen Nord,
Fährst rund Du um die Welt,
An Deiner Brust, an Deinem Bord,
Da ist mein Himmelszelt.«
»Ingborg!! – mein muthig Weib!« heraus
Schreit er's in Leid und Lust
Und drückt sie fest im Windgebraus
An seine klopfende Brust.
Dann gehen heim sie Arm in Arm, –
Ach, wie das Herz ihr klang,
Wie sie an ihn jetzt weich und warm
Sich schmiegt auf diesem Gang!
Sie denkt in ihrer Liebe Sieg
An Edzards Freude nur,
Ahnt nicht, wenn sie sein Schiff bestieg,
Wohin sie mit ihm fuhr.
Und er? – wohl ist er frohgemuth,
Daß sie sich selbst erbot,
Ihn zu begleiten durch die Fluth,
Nicht wissend, was ihr droht.
Nun braucht er nicht ihr zu enthüll'n
Der Reise Zweck und Ziel,
Noch dürfen Glück und Liebe füll'n
Den Raum auf seinem Kiel.
Doch in ihm wurmt's und frißt und nagt,
Daß die, die ihm vertraut,
Die Alles für ihn thut und wagt,
Vergebens auf ihn baut.
Um sich von ihm zu trennen nie,
Geht sie mit ihm an Bord,
Und dazu grade führt er sie
Stillschweigend mit sich fort.
Wie schrecklich, wenn er einst am Cap
Die Worte sprechen muß:
»Jetzt schließe mit dem Glück nur ab,
Gieb mir den letzten Kuß!
Dort kommt ein Schiff herauf vom Pol,
Van Straten ist's allein,
Er nimmt Dich mir, – lebwohl! lebwohl!
Du bist nun wieder sein.«
So sah's in Edzards Innern aus,
Mit Ingborg Hand in Hand,
Bis wieder dann in Pein und Graus
Der Trost ihm neu erstand:
's ist doch ein Aufschub, Monde lang,
Bis dahin sind wir froh
In unsrer Herzen heißem Drang,
In Lust und Liebe so.
Und wirklich ward er heitern Sinns
Und guter Hoffnung voll,
Daß ihm ob dieses Zeitgewinns
Das Herz in Freuden schwoll.
»Gleich morgen,« rief er, »fahre hier
Ich ab vom Morsum-Kliff
Nach Hamburg und verschaffe mir
Als Kapitän ein Schiff.«
Sie lächelt ihm, sie nickt ihm zu:
»Nur nicht zu lange bleib'!«
»Nein!« lacht er, »nein, mein wonnig Du!«
Und herzt und küßt sein Weib.
IX.
Abschied von Sylt.
Zwei Wochen waren schon vergangen,
Und Edzard kam noch nicht zurück,
Ingborg mit Hangen und mit Bangen
Harrt' auf des Wiedersehens Glück.
Die erste Trennung war's der Beiden,
Und ihnen ward es grausam schwer,
Sich auch nur einen Tag zu meiden;
Das Haus schien Ingborg öd und leer,
Seit er sich nicht darin bewegte,
Sie nicht mehr hörte seinen Schritt,
Daß es die sehnsuchtsvoll Erregte
Kaum noch in den vier Wänden litt.
Doch ordnete sie Heim und Habe
Vorsorglich für den Aufbruch schon
Und packte, was an Gut und Gabe
Sie beide brauchten und ihr Sohn.
Ein schwer Geschäft! von allen Seiten
Bot sich Erinnerung ihr dar
Bei diesem Abschiedvorbereiten
Von hier, wo sie so glücklich war.
Auf keinem Schiff mit stolzen Masten,
Und führ's als Admiralschiff aus,
Wird je sie so zufrieden rasten
Wie hier im kleinen Friesenhaus,
Mit ihm, mit ihm allein geborgen
In ihrer Liebe Zauberschloß
Und mit der Lust, für ihn zu sorgen,
Daß er das höchste Glück genoß.
Doch Edzard hatt' es so entschieden,
Ihn trieben Mannes Muth und Kraft
Hinaus aus ihrem stillen Frieden
Zu Wagniß und zur Führerschaft
Im Kampf mit den Naturgewalten,
Wo es um Tod und Leben geht,
Und im Befehlen, Thun und Schalten
Ein Einziger für Alle steht.
O sie begriff sein heißes
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