Der fliegende Holländer
Neptun
Und kündete von hohem Throne
Sein allergnädigstes Geruhn.
Und schalkhaft thaten die Matrosen
Mit freien Sprüchlein, was erlaubt,
Doch netzten sie der Willenlosen
Und ihrem Sohn nur leicht das Haupt.
Die Unbefahrnen doch und Jungen,
Die wurden anders angesehn
Und hatten alle nothgedrungen
Ein kräftig Sturzbad zu bestehn.
Dann gab es Mummenschanz und Spiele,
Ein gut Getränk auch nach Begehr,
Und auf der Jungfrau flottem Kiele
Ging's heute laut und lustig her.
Das Schiff war zu des Erdenballes
Südlicher Hälfte nun gelangt,
Es kam die Zeit des Regenfalles
Und das, wovor dem Seemann bangt,
Windstille kam; die Segel hingen
Schlaff an den Raaen, wie nun auch
Die Maaten an zu pfeifen fingen,
Den Wind zu locken, nicht ein Hauch
Erhob sich, keine Katzenpfote
Nur leichthin übers Wasser sprang,
Daß manchmal eine böse Note
Der Steuermann mit Fluchen sang.
Doch dann entluden sich auch wieder
Gewitter, zum Entsetzen schwer,
Und Regen strömt' und stürzte nieder
Gleich einer Sindfluth in das Meer.
Sturmböen brachen aus den Lüften
Mit kurzen Stößen rasch herbei,
Es roch an Bord nach Schwefeldüften,
Und auf den Toppen hoch und frei
Erschienen, leuchtend eine Weile,
Elmsfeuer, blendend oder fahl,
Und flackerten in Kerzensteile
Gleich einem breiten Flammenstrahl.
Dann aber ward es wieder stille
Und blieb es manchen langen Tag,
Im Ruder war nicht Kraft, nicht Wille,
Als ob man hier vor Anker lag.
Endlich, gemäß den Wetterregeln,
Schwang sich das Schiff aus träger Ruh
Mit kaum geschwellten Obersegeln
Dem Wendekreis des Steinbocks zu.
XI.
Am Cap der guten Hoffnung.
Nach Süden, nach Süden und immer nach Süden!
Wie weit noch vom Cap? wie dicht schon davor?
Mit Augen, ach! schlummerlosen und müden,
Blickt' Edzard zu den Sternen empor.
Tagtäglich nahm er in Erregung
Berechnend auf des Schiffes Stand
Und maß Geschwindigkeit und Bewegung
Am Logg, oftmals mit eigner Hand.
Und wie es ihm Angst in die Seele jagte,
Ertönte der Ruf jetzt: »Segel in Sicht!«
Bis ihm ein Blick durchs Fernrohr sagte:
Die holländer Flagge führt es nicht.
Kaum kam er noch herunter vom Decke,
Voll fiebernder Unrast in Blut und Bein,
Und doch war's noch eine ziemliche Strecke
Bis zu dem furchtbaren Stelldichein.
Je weiter nach Süden jedoch, je trüber
Ward seine Stimmung von Tag zu Tag,
Bei Ingeborg selbst ging nicht vorüber
Die Wolke, die auf der Stirn ihm lag.
Meist war er stumm, in Schwermuth versunken,
Dann wieder mit stürmischer Zärtlichkeit
Umfaßt' er sie, so von Liebe trunken,
Als hätt' er sie vorige Woche gefreit.
Und sie, bisher an seiner Seite
So dankbar, daß er sie mit sich nahm,
So glücklich, daß sie in seinem Geleite
Die herrliche Fremde zu sehen bekam,
Sie wußte nicht, was sie denken sollte
Von ihrem gänzlich verwandelten Mann,
Den sie nicht irren und stören wollte;
Aber sie saß und grübelt' und sann.
Sie glaubt', im Dienst des Schiffes wäre
Nicht Alles nach seinem Wunsch und Sinn,
Und er gäbe sich, sorgend um Wohl und Ehre,
Noch größrer Pflichterfüllung hin.
Sie fragte nach seinen Schwierigkeiten,
Er meinte, die kämen auf jeder Fahrt,
Die Meeresströmung in diesen Breiten
Erheischte Vorsicht besonderer Art.
Er sagte das, um ihr auszuweichen,
Sie sah es, wie das Blut ihm stieg,
Und merkt' auch noch an andern Zeichen,
Daß er ihr Widriges verschwieg.
Schon mehrmals, wenn sie an Deck gekommen,
Ihm Trost zu spenden oder Muth,
Hatte verwundert sie wahrgenommen,
Daß traurig sein Blick auf ihr geruht
Traf ihr Blick seinen, ward er verlegen,
Als fühlt' er ertappt sich und überwacht,
Schnell sucht' er Unterhaltung zu pflegen,
Um abzulenken ihren Verdacht.
Sie aber wußte sich nicht zu deuten,
Mit welchem Kummer sein Herz erfüllt,
Den auszusprechen die Lippen sich scheuten.
War das nicht grade wie auf Sylt,
Wo auch ein Leid unausgesprochen
Er hielt in seiner Seele versteckt
Und mit sich trug durch lange Wochen,
Bis selbst sie sein Geheimniß entdeckt,
Den Drang hinaus in die Meeresweiten,
Und sie sich freudig ihm erbot,
Ihn in die Ferne zu begleiten,
Mit ihm zu theilen Gefahr und Noth?
Wie glücklich war er da gewesen,
Wie herzlich hatt' er's ihr gedankt,
Daß sie ihm von den Augen gelesen
Sein Sehnen, das er zu sagen geschwankt!
Was konnt' ihn peinlich jetzt berühren?
Erreicht war seines Wunsches Ziel,
Er hatt' ein großes Schiff zu führen
Und Weib und Kind auf seinem Kiel.
Und dennoch war er nicht zufrieden?
Was blieb ihm zu wünschen übrig noch?
Hatte sein Herz jetzt anders entschieden?
Fühlt' er
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