Der fliegende Holländer
wie an seinem höchsten Gute.
Wenn aber Leidenschaft hinreißt
Den Stolzen, Unberechenbaren,
Dann ist's, als hätt' ein böser Geist
Ihn in Besitz mit Haut und Haaren.
Unbändig und entsetzlich dann
Ist er, wenn in ihm bis zum Toben
Der Wüstling Oberhand gewann,
Und der ist leider oftmals oben.
Einmal war er für kurze Zeit
Auf einen bessern Weg gekommen,
Als er – fünf Jahr sind's jetzt – gefreit
Und sich ein junges Weib genommen.
Sie mocht' ihn nicht und hat sich lang
Gesträubt dagegen, ihn zu nehmen,
Man sagt, sie hätte nur dem Drang
Der Noth gehorcht, sich zu bequemen,
Und einen Andern gern gesehn.
Allein der Tropf, statt zuzufassen
Und seine Liebe zu gestehn,
Hätt' sie vergeblich warten lassen.
Ihr Vater aber, fühllos kalt,
Hat, mit van Stratens Geld gedungen,
Sie ihm verkauft und mit Gewalt
Das Mädchen zu der Eh' gezwungen.
Ein halbes Jahr hielt er sich gut
Und lebte mit ihr auf dem Lande,
Bezähmend Spiel- und Zorneswuth,
Als lenkten ihn der Liebe Bande.
Dann kam der Rückschlag; plötzlich gor,
Was mühevoll gedämpft, aufs Neue
Heiß in ihm auf und brach hervor
Wild, ohne Schranken, ohne Reue.
Aufathmend sah sein Weib ihn ziehn,
Das Vollschiff ward ihm zugesprochen;
Ein Jammer ist's, daß wieder ihn
Die alten Laster unterjochen.« –
Edzard saß still, um recht genau
Zu hören, was ihm Früd verbürgte.
Jetzt fragt' er leis: »Kennt Ihr die Frau?«
Als ob er an der Frage würgte.
»Gewiß! sie wohnt in Amsterdam«,
Sprach Früd mit hochgezognen Brauen,
»Ach, Edzard! wie die Ros' am Stamm,
So herrlich ist sie anzuschauen.
Ist voll und fest und wunderbar,
Wie eine Tanne hoch gewachsen,
Die Augen blau, das krause Haar
Goldblond, man könnt' auch sagen flachsen.
Ein Zug nur um den rothen Mund,
Der auch beim Lächeln wiederkehrte,
Verrieth ein Weh in Herzensgrund,
Als ob die Sehnsucht sie verzehrte.«
Ein tiefes, dumpfes Stöhnen brach
Aus Edzards Brust, die Hand er legte
Dem Andern derb aufs Knie und sprach
Mit Beben aus, was ihn erregte:
»Früd! wißt Ihr's nicht? – der Tropf bin ich,
Der damals sie hat warten lassen;
Ich hatte nichts und traute mich
Nur deßhalb noch nicht zuzufassen.
Als ich dann wiederkam von See
Heim nach Greetfiel, wo wir geboren,
Und hatte, was man braucht zur Eh',
War Ingeborg für mich verloren.«
»Das ist es?! – hättet Ihr's gesagt,«
Sprach Früd mit leichtem Stirnefalten,
»Eh Ihr nach dem da mich gefragt,
Hätt' ich damit zurückgehalten.«
Edzard erhob sich: »Jetzt nur fort!
Gleich wird die Nacht herniedersinken;
Von alle dem nicht mehr ein Wort!
Kommt! – zu Baretto! – wollen trinken!
Ihr stutzt; nein, Früd, so mein ich's nicht;
Ich will nur unter Menschen gehen,
Wo man von Wind und Wetter spricht
Und die Gedanken mir verwehen.«
Sie brachen auf; es regten sacht
Die Palmen sich in leisem Wiegen,
Doch unter ihnen war mit Macht
Ein Sturm in Edzard aufgestiegen.
II.
Beim Pharo.
Zur goldnen Cocosnuß am Strande,
So hieß das Gasthaus, das sich Ruf
Als guter Ankerplatz am Lande
Bei manchem alten Seemann schuf.
Der Wirth, ein schlauer Portugiese,
Sah seinen Vortheil gründlich ein
Und hielt, daß man ihn weitum priese,
Stets einen auserlesnen Wein.
Dazu die schönsten Negerinnen
Als Schenken, üppig von Gestalt
In spärlich zugeschnittnem Linnen,
Mit Brust und Armen wie Basalt.
Die Schifferstube ließ erkennen:
Sie ward besucht und viel gebraucht,
Nicht glänzend war der Raum zu nennen,
Die Decke schwärzlich angeraucht.
Den Wänden gaben Schiffsmodelle,
Manch ausgestopftes Waldgethier,
Korallen, Muscheln und die Felle
Von Jaguaren Schmuck und Zier.
Da saßen um Baretto's Tische
Seefahrer aller Flaggen schon,
Sodaß in buntem Sprachgemische
Sich spann der Unterhaltung Ton.
Es hatte Keiner zu besorgen,
Was eilte, für sein schwimmend Haus,
Sie hatten alle Zeit, denn morgen
War Freitag, – da lief Keiner aus.
Drum saßen Deutsche, Spanier, Britten,
Holländer, Portugiesen, auch
Franzosen hier beim Wein und stritten
Um Handelsrecht und Seemannsbrauch.
Breit lächelnd mit den blanken Zähnen
Goß den Madeira, funkelklar,
Ins Stengelglas den Kapitänen
Der schwarzen Heben flinke Schaar.
Jetzt traten, ihren Durst zu kühlen,
Früd Buncken auch und Edzard ein
Und fanden Platz auf freien Stühlen
In der Berufsgenossen Reih'n.
Früd nahm, sobald er nur getrunken,
Antheil an des Gespräches Gang,
Edzard saß still in sich versunken,
Als wär' ihm fremd der Sprachen Klang.
Früd stieß ihn mit dem Knie und fragte:
»Nun? mundet der Madeira nicht?
Wer war es, der von
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