Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone
1. Body-Optimierung: »Und morgen fang ich an …«
Warum wir mit unserem Körper chronisch unzufrieden sind, aber trotzdem nicht in die Hufe kommen, daran etwas zu ändern
Ende der achtziger Jahre. Siebte Klasse. Sportunterricht. Wir waren angetreten zur großen Body-Schau. Ich wie immer mittendrin in der jämmerlichen Resttruppe zwischen den Mauerblümchen und Ladenhütern. »Mannschaften wählen!« lautete der Auftrag fürs Aussortieren. Die beiden größten Sportasse der Klasse entschieden abwechselnd, wer einen der begehrten Plätze in der Herde bekommen sollte. Das ging schnell – bis nur noch die auf der Bank saßen, die keiner in seinem Team wollte: die Flaschen, die Flauschigen, die Langsamen. Ich, einen Kopf kleiner als die Sportskanonen und, selbst wohlwollend betrachtet, nur halb so breit, gehörte dazu.
Offiziell hat mir das natürlich gar nichts ausgemacht: »Was sind das schon für Kerle, die sich nur dank Kraft durchsetzen? Sich mit Schönsein oder Tore-Schießen beliebt machen und beim Lehrer mit Klimmzügen schleimen? Da steht der angehende Mann von Welt doch drüber, oder?« – Ehrlich gesagt: ich leider nicht. Und so beschloss ich, nicht länger der Letzte beim Klassen-Casting zu sein. Ich rannte, sprang, turnte und boxte mich durch sämtliche Sportdisziplinen. Ich probierte es mit Fuß- und Federball, wuchtete sehr zum Befremden meiner Eltern und Geschwister sogar Hanteln im Wohnzimmer und kraulte durch alle Badeseen, die ich erreichen konnte. Ich wetzte durch Felder, Wiesen und Wälder rund um meinen Heimatort Kirchzarten im Schwarzwald und merkte schließlich: Da ging was! Irgendwann war ich nicht mehr der Letzte unter den Luschen, wenig später nicht mal mehr der Vorletzte – und dann war die Schulzeit auch bald vorbei. Aber immerhin: Ein bisschen schicker aus dem Strumpf zu kommen – das tat auch danach noch richtig gut.
Auf dem Weg zum ersehnten Body in Bestform stand mir allerdings ein kleines Problem im Weg: Ich war süchtig – nach Cola und Snickers-Brötchen . Ich kippte die braune Brühe literweise in mich hinein
(schmeckte ja – und war cool). Und ich kaufte mir zwei (oder drei) pure Weißbrötchen und bohrte mit dem Daumen Löcher rein, die ich dann mit Snickers stopfte. Wenn ich’s noch weicher wollte und gerade kein Snickers greifbar war, nahm ich es auch mit der Ersatzschmiere Zentis Nusspli auf. Das war so lecker, dass ich einfach kein Ende fand.
Es dauerte ein bisschen, bis ich kapierte, dass das Gestrampel an der Hantel zwar Problemzonen in Problemzonenrandgebiete verwandeln kann, doch dass der große Wurf ausbleiben musste, solange ich mir das mühsam Abgeturnte wieder anfutterte. Der ewige Kampf zwischen Kopf (»Iss gesund!«) und Bauch (»Her mit der Schokolade!«) hatte begonnen – und sollte sich fortsetzen …
… wie bei den meisten anderen Menschen auch. Ich stellte fest, dass ich mich mit meinen Formerhaltungs- und Optimierungskämpfen in riesengroßer Gesellschaft befand: Kaum jemand ist komplett kummerfrei mit den eigenen Konturen. Und gerade wer in letzter Zeit mal wieder Geburtstag hatte, eine Frau ist oder zur Gattung der modernen Männer gehört, die Wert auf ihr Äußeres legen, der weiß genau, was ich meine – und beschäftigt sich wenigstens hin und wieder mit dem Gedanken, ob er nicht etwas tun sollte, um sich selbst zu verbessern. Wie schön wäre es, das Haltbarkeitsdatum ein wenig zu verlängern und die Pflegekasse erst später zu belasten – was nicht heißt, dass wir uns nicht mögen. Nein, »nicht mögen«, das wäre übertrieben. Schließlich wird das mit dem Schönheitswahn ja überschätzt: Was wirklich zählt, sind natürlich nur die Intelligenz und die erkleckliche Anzahl innerer Werte, die uns unschlagbar machen. Und trotzdem – irgendwas ist ja immer. Hier zieht’s ein wenig, da quetscht sich was. Rund um Bauch, Beine, Po, Kopf, Füße, Arme, Kinn und Hände besteht Optimierungsbedarf. Die gute Nachricht: »Da geht noch was!« – aber selbstverständlich folgt ihr die schlechte auf dem Fuß: Denn das, was da geht, das geht … lebenslänglich!
Wussten Sie, dass ganze zwei Prozent aller Frauen sich richtig schön finden? Sie finden das beneidenswert? Dann denken Sie mal scharf nach, schließlich ist dieser Traumzustand nicht von Dauer: Das Glück bleibt flüchtig, Schönheit vergänglich – also heißt es vorsorgen, ausbessern und nacharbeiten, bevor der Traum die Seifenblase macht und zerplatzt.
Ich kenne Leute,
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